Mehr als 55 Millionen Ausländer haben derzeit nach Angaben des Außenministeriums ein gültiges Visum für die USA. Die US-Regierung will sie alle nun schrittweise überprüfen lassen, wie ein Mitarbeiter der Behörde in Washington mitteilte. Bereits bei jedem „Anzeichen einer potenziellen Untauglichkeit“ werde das Außenministerium der betroffenen Person das Visum entziehen. Anzeichen für eine mögliche Nichtberechtigung seien Hinweise auf Überschreitung der Aufenthaltsdauer, kriminelle Aktivitäten, Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit sowie „Beteiligung an jeglicher Form von terroristischen Aktivitäten oder Unterstützung einer terroristischen Organisation“.
Social-Media-Check
Bei der Überprüfung würden „alle verfügbaren Informationen“ herangezogen, darunter Angaben von Polizei und Einwanderungsbehörden sowie „jede andere Information, die nach der Ausstellung des Visums ans Licht kommt“, teilte das Außenministerium mit. Auch die Aktivitäten in sozialen Netzwerken werde man sich genau ansehen.
Antrag für ein US-Visum (Symbolbild) Bild: Olga Yastremska/Pond5 Images/IMAGO
Weiter hieß es, vor allem Studenten-Visa würden verstärkt „unter die Lupe genommen“. Das Außenministerium hatte am Montag mitgeteilt, seit dem Amtsantritt von Ressortchef Marco Rubio im Januar habe man 6000 Studenten-Visa entzogen. Damit habe sich diese Zahl im Vergleich zum Vorjahreszeitraum vervierfacht.
Besonders im Fokus der US-Behörden stehen Universitätsbesucher aus China sowie diejenigen, die gegen die israelische Regierung und deren Vorgehen im Gazastreifen protestieren. Ihnen wirft Rubio Antisemitismus vor.
Rubio: Ausländer haben kein Recht auf freie Meinungsäußerung
Der US-Außenminister argumentiert, die Regierung in Washington könne Visa ohne jede gerichtliche Kontrolle entziehen. Nicht-US-Bürgerinnen und -Bürger hätten zudem keinen Anspruch auf das in der Verfassung verankerte Recht auf freie Meinungsäußerung.
US-Außenminister Marco Rubio Bild: Umit Bektas/REUTERS
Die amerikanische Tageszeitung „The Washington Post“ spricht von einer „erheblichen Ausweitung“ der bisherigen Maßnahmen. Derzeit würden „mehr Informationen als je zuvor“ gesammelt, bestätigte ein hochrangiger Mitarbeiter des Außenministeriums dem Blatt. Wie genau die zeitaufwendige und logistisch komplexe Überprüfung realisiert werden soll, sei noch unklar.
Experte warnt vor Diskriminierung
Die Ankündigung des Außenministeriums klinge danach, dass „Visa nicht aufgrund von Verhalten, sondern von Äußerungen widerrufen“ werden könnten, sagte der Migrationsexperte David J. Bier von der einflussreichen ökonomisch-politischen Denkfabrik Cato Institute in Washington, D.C. Er warnte, Prüfungen könnten „in diskriminierender Weise erfolgen“ und sich gegen „Einwanderer mit bestimmten Hintergründen“ richten, für deren Ausweisung man einen Vorwand suche.
se/pg (afp, ap, dpa, rtr)