Mit „Männer LOL“, der nächsten Single aus „Angry Woman“, leistet Jennifer Weist einer guten Sache erneut einen Bärendienst.

Berlin (dani) – Als einen „Bärendienst“ bezeichnet man, so schläut uns Wikipedia, „eine Handlung, die in guter Absicht erfolgt, aber (trotzdem) schlechte Folgen hat“. Die Redensart, „jemandem einen Bärendienst erweisen“ führen sie da auf eine Fabel zurück, die ein freundlicher Bär, eine lästige Fliege und ein Gärtner bevölkern. Letzterer ist am Ende tot.

Warum erzähle ich das? Nun, weil auch die nächste Single aus ihrem für Oktober angekündigten Album „Angry Woman“ wieder beweist, dass sich der „Bärendienst“ im Lexikon so langsam locker mit einem Bild von Yaenniver illustrieren ließe. Ich bin absolut überzeugt davon, dass sich diese Frau nicht nur auf der guten Seite wähnt, sondern dass sie da auch tatsächlich steht. Dass sie sich wirklich und aus voller Überzeugung gegen Sexismus, Übergriffigkeiten, das Patriarchat, toxische Männlichkeit positioniert. Bloß kommt dann halt regelmäßig sowas dabei heraus:

Um es mit Dr. Erika Fuchs auszudrücken: doppelseufz. Durch und durch unangenehme Tracks wie dieser helfen einfach niemandem weiter. Männerphrasen vorführen wollen, indem man genau dieselben Männerphrasen drischt, funktioniert halt nur mittelgut, wenn darüber hinaus wirklich gar nichts drinsteckt. Von der kompletten Einfallslosigkeit kündet ja schon der Titel: „Männer, LOL“. LOL? Ich finds eigentlich echt nicht zum Lachen. Eher auf verschiedenen Ebenen traurig, und damit mein‘ ich noch nicht einmal das dämliche Hochkant-Video-Format, das mich zugegebenermaßen aber alleine schon leicht aggro macht. Es gibt jedoch weit Schlimmeres.

Die Armseligkeit der Jungs mit den fragilen Egos, die sich an die Fantasterei klammern, irgendwann irgendwo eine Frau zu finden, die sich von ihnen widerspruchslos an den Herd, den Putzeimer, auf die Matratze schicken lässt, damit sie überhaupt irgendetwas zu dominieren haben. Die Kurzsichtigkeit der Frauen, die sich von den vermeintlichen Verheißungen eines Tradwife-Daseins einlullen lassen: Du musst nur hübsch sein, dich für IHN und IHM das Leben schön machen, dann brauchst du dich um sonst nix zu kümmern, dann bist du abgesichert (ja, von wegen!). Ja!! Das ist alles grauenhaft und rückständig und basiert auf einem sträflich schlichten Weltbild, das mit Fug und Recht abgefackelt gehört. Wenn mir das aber jemand so plakativ und ohne irgendeinen Twist oder auch nur den Hauch einer originellen Idee entgegenschreit, fühl‘ ich fast schon den Reflex, diesen überholten Lebensentwurf verteidigen zu wollen.

Die Bestie in Menschengestalt

Kennt ihr diese Veganer*innen, die Leuten ihr Schnitzel verbieten und ihnen dafür, überhaupt eins auf dem Teller zu haben, mindestens die Haut abziehen wollen? Ich zwar nicht, und auch sonst niemand in meinem Umfeld. In der Realität begegnet man diesem Typus ja so selten, dass ich bezweifle, ob es ihn überhaupt wirklich gibt. Die Fantasie carnivorer Zeitgenoss*innen bevölkert er allerdings in wahren Horden, und kreucht von da aus in die Kommentarspalten sozialer Netzwerke.

Warum erzähle ich nun wieder das? Na, weil mir Jennifer Weist vorkommt, als habe diese Horrorvision des militanten Weltverbesserers Menschengestalt angenommen und plärre einem nun penetrant ins Gesicht, aus Speicheltröpfchenflugdistanz. Schätze, das bringt eine eigentlich gute Sache kein Stück voran. Im Gegenteil. So überzeugst du niemanden. So vergraulst du locker noch ein paar von denen, die eigentlich auf deiner Seite standen. Wer lässt sich schon gerne anschreien, vor allem, wenn genau null Erkenntnisgewinn dabei herausspringt? So lieferst du denen, die dein Anliegen eh schon scheiße finden, noch Argumente, warum sie damit richtig liegen. Ja, schade. Bärendienst, eben.