Ritter Sport hat das Unternehmen Wacker aus Mannheim verklagt. Bei dem Streit geht es um Haferriegel in quadratischen Verpackungen. Ein Anwalt für Markenrecht zu den Hintergründen.
Der Schokoladenhersteller Ritter Sport (Sitz in Waldenbuch, Kreis Böblingen) hat beim Landgericht Stuttgart Klage gegen das Mannheimer Unternehmen Wacker eingereicht. Konkret geht es dabei um Haferriegel, die in einer quadratischen Verpackung verkauft werden. Dem Schokoladenhersteller geht es bei der Klage nach eigenen Angaben um den Markenschutz. Wacker aus Mannheim betont, man habe „überhaupt nicht beabsichtigt, irgendwie mit Ritter Sport in Verbindung gebracht zu werden“. Was hat Ritter Sport konkret schützen lassen und wie könnte die Klage ausgehen? Thomas Janssen, Rechtsanwalt für Markenrecht aus Stuttgart, mit einer Einschätzung.
Thomas Janssen, Rechtsanwalt für Markenrecht in Stuttgart
SWR Aktuell: Herr Janssen, was genau hat denn der Schokoladenhersteller Ritter Sport als Marke geschützt?
Thomas Janssen: Ritter Sport hat zwei dreidimensionale Formmarken geschützt – und zwar die große Standardtafel seit 1996 und die „Ritter Sport Mini“ seit 2001. Geschützt ist die Form in einer abstrakten Farbgestaltung – weißlich, mit zwei Seitenlaschen und einer Querlasche hinten, die horizontal verläuft. Das sind die beiden Marken.
SWR Aktuell: Wieso kann man denn überhaupt eine quadratische Form schützen?
Janssen: An und für sich kann man es gar nicht schützen und sollte es auch nicht schützen können, weil der Markenschutz natürlich immer zu einem Monopolrecht führt. Das heißt, nur der Markeninhaber darf diese Verpackungsform benutzen und alle anderen Wettbewerber sind davon ausgeschlossen. Und das ist eigentlich unerwünscht. Das sind ja Standard-Grundformen wie etwa eine runde, dreieckige oder quadratische Verpackung. Diese sollte jeder benutzen dürfen. Bei Ritter Sport ist allerdings der Sonderfall der, dass das Unternehmen eine überragende Bekanntheit für die quadratische Verpackung seiner Schokolade über Jahrzehnte hinweg erworben hat.
Ritter Sport hat seit 1935 Schokolade quadratisch verpackt. Das Unternehmen hat einen so hohen Bekanntheitsgrad erworben, dass bei einer Umfrage 90 Prozent der Befragten bei der quadratischen Verpackung auf Schokolade verwiesen haben und über 80 Prozent auf Ritter Sport. Daraus hat man eine sogenannte Verkehrsdurchsetzung abgeleitet, die die Grundlage für die Markeneintragung war. Aber nur für Schokolade. In anderen Bereichen hat Ritter Sport die Verkehrsdurchsetzung nicht nachgewiesen.
Mannheim
Das Mannheimer Unternehmen Wacker hat einen Snack auf den Markt gebracht – in quadratischer Form. Darauf reagierte der Schokoladenhersteller Ritter Sport mit einer Klage.
SWR Aktuell: Die Firma Wacker aus Mannheim ist für ihre Haferriegel in quadratischen Verpackungen von Ritter Sport verklagt worden. Wie schätzen Sie den Ausgang des Verfahrens ein?
Janssen: Die Verkehrsdurchsetzung von Ritter Sport beruht auf Schokolade und nicht auf anderen Produkten. Haferriegel und Schokolade – das mag abstrakt betrachtet markenrechtlich ähnlich sein. Da aber die Basis des Markenschutzes von Ritter Sport eben die Verkehrsdurchsetzung für Schokolade ist, würde ich hier also keine Prognose wagen, ob die Klage von Ritter Sport Erfolg hat. Also: Ich würde Wacker durchaus auch gewisse Erfolgsaussichten zubilligen in diesem Prozess.
SWR Aktuell: Ritter Sport sagt dazu, dass juristisch eine Warenähnlichkeit zwischen Müsliriegeln und Schokolade besteht. Was sagen Sie dazu?
Janssen: Das stimmt, es gibt ganze Bücher, die sich mit Warenähnlichkeit und Dienstleistungsähnlichkeit befassen. Müsliriegel – und da fällt auch der Haferriegel drunter – und Schokolade sind warenähnlich, abstrakt betrachtet.
Also bei einer normalen Markenkollision könnte das ein Problem dann für den jüngeren Müsli- oder Haferriegel sein. Aber hier besteht eben der Markenschutz und das macht Ritter Sport – soweit ich das Verfahren kenne – ja geltend. Sie machen den Verpackungsschutz, den Markenschutz, an der Verpackung geltend, aber der beruht auf der Verkehrsdurchsetzung für Schokolade und nicht für andere Produkte aus dem Süßwarenbereich.
Streit um Haferriegel: Ritter Sport verklagt Mannheimer Unternehmen Wacker
SWR Aktuell: Wäre das dann ein Präzedenzfall? Dürften dann auch andere Unternehmen Süßigkeiten in quadratischen Verpackungen verkaufen?
Janssen: Bei einer Recherche habe ich eine quadratische Schokoladentafel gefunden. Das wäre eigentlich ein ideales Angriffsziel für Ritter Sport. Ich weiß nicht, warum man das akzeptiert. Die gibt es schon seit Jahren. Also im selben Warenbereich Schokolade, auf dem auch die Verkehrsdurchsetzung für Ritter Sport beruht. Da würde ich gute Chancen sehen, dass die Klage Erfolg hat. Ich würde aber auch nicht sagen, dass nun alle Süßwarenhersteller – wenn Ritter Sport diesen Prozess verlieren sollte – quadratisch verpacken dürfen. Es kommt immer auf den Einzelfall an. Deswegen gibt es aufgrund dieser Entscheidung eigentlich auch keinen Präzedenzfall. Jeder Fall wird individuell betrachtet.