Aus der Brustkrebsvorsorge ist die Mammographie nicht mehr wegzudenken. Bei dichtem Brustgewebe versagt sie jedoch regelmäßig – das betrifft etwa jede zweite Frau. Welche Alternativen jetzt Rückenwind bekommen haben.
Etwa jede zweite Frau hat dichtes Brustgewebe, bei dem die klassische Röntgenaufnahme der Mammographie möglicherweise nicht ausreicht. Zudem ist dichtes Brustgewebe auch ein eigenständiger Risikofaktor für Brustkrebs: betroffene Frauen haben ein bis zu vierfach erhöhtes Risiko. Gleichzeitig ist aber die Sensitivität der Mammographie bei diesen Frauen drastisch reduziert. Daher werden ergänzende Untersuchungsmethoden angewandt.
In Deutschland empfehlen ärztliche Leitlinien bislang bspw. eine ergänzende Ultraschalluntersuchung, wenn bei dichter Brust die Mammographie unauffällig war. Alternative Methode sind eine MRT der Brust oder die kontrastmittelgestützte Mammographie (CEM). Eine große britische Studie liefert nun erstmals einen wertvollen Vergleich zwischen diesen Modalitäten.
Erste Daten zur ergänzenden Bildgebung
Gilbert et al. publizierten unlängst im Lancet erste Ergebnisse der BRAID-Studie („Breast screening – Risk Adapted Imaging for Density“), der ersten randomisierten, kontrollierten Studie weltweit, die ergänzende Bildgebungsverfahren zur Mammographie bei Frauen mit dichter Brust direkt miteinander vergleicht.
Mehr als 9.000 Frauen im Alter von 50 bis 70 Jahren mit dichtem Brustgewebe und unauffälliger Mammographie wurden an zehn britischen Screening-Zentren in vier Gruppen randomisiert. Drei Gruppen erhielten eine zusätzliche Bildgebung (MRT, CEM oder automatisierten Brustultraschall (ABUS)), die vierte diente als Kontrollgruppe mit alleiniger Mammographie.

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In der Studie zeigte sich eine deutliche Überlegenheit von MRT und CEM mit der Detektion von 17,4 bzw. 19,2 Krebsfällen pro 1.000 Untersuchungen, wohingegen der ABUS nur 4,2 Erkrankungen aufdeckte. Zudem waren die durch MRT und CEM entdeckten Tumoren im Schnitt deutlich kleiner und befielen seltener bereits Lymphknoten, was auf eine frühere Entdeckung hindeutet. Die beiden kontrastmittelbasierten Verfahren waren somit dem Ultraschall in Sachen Sensitivität klar überlegen. Gleichzeitig stieg mit ihnen aber auch die Rückrufrate und Biopsierate sowie – insbesondere bei der CEM – die Rate an Komplikationen.
Ultraschall – ultra überholt?
In Deutschland ist bei dichter Brust der ergänzende Ultraschall der Standard. Diese Empfehlung basiert allerdings auf relativ dünner Evidenz, und auch die BRAID-Studie belegt nun eine deutlich geringere Entdeckungsrate für den Ultraschall im Vergleich zu MRT oder CEM.
Die European Society of Breast Imaging (EUSOBI) empfiehlt ebenfalls bereits heute, Frauen mit extrem dichter Brust alle zwei bis vier Jahre eine Screening-MRT anzubieten. In den USA ist die Mitteilung der Brustdichte an Patientinnen gesetzlich vorgeschrieben, um die Rate an alternativen Bildgebungen zu erhöhen.
So überzeugend diese aktuellen Daten aus Großbritannien aber auch sind – der Weg zur Umsetzung in Deutschland ist steinig. Drei zentrale Hindernisse stehen einer schnellen Integration von MRT oder CEM ins Regelprogramm im Weg:
- Unklarer Einfluss auf die Mortalität: Die BRAID-Studie zeigt eine höhere Entdeckungsrate, doch sie ist noch nicht in der Lage zu sagen, ob dadurch auch die brustkrebsspezifische Sterblichkeit sinkt. Mögliche Überdiagnosen und damit einhergehende Komplikationen stellen ein Risiko dar. Eine ähnliche Problematik wie man sie bereits von der Mammographie selbst, aber auch anderen Früherkennungsuntersuchungen kennt.
- Kosten und Infrastruktur: Eine MRT ist aufwendig, teuer und in vielen Regionen Deutschlands nicht ohne Wartezeit verfügbar. Selbst wenn nur Frauen mit extrem dichter Brust ein solches Verfahren erhielten, wäre das System schnell überlastet. Auch CEM benötigt spezifisches Equipment und geschultes Personal – beides ist nicht flächendeckend vorhanden.
- Nebenwirkungen und Akzeptanz: Sowohl MRT als auch CEM benötigen Kontrastmittel. In der Studie kam es insbesondere bei CEM zu mehr als 20 allergischen Reaktionen sowie Paravasaten. Zudem ist die Akzeptanz der MRT bei manchen Patienten begrenzt; Platzangst, eingeschränkte Mobilität oder Kontraindikationen wie ein Herzschrittmacher stehen dem Einsatz im Weg.
Daten, wir brauchen Daten
Die BRAID-Studie ist ein Meilenstein – nicht nur, weil sie zeigt, wie deutlich MRT und CEM dem Ultraschall überlegen sind, sondern weil sie der Debatte zur Brustkrebsfrüherkennung bei dichter Brust eine neue Evidenzbasis liefert. Doch nicht jeder (noch früher) entdeckte Tumor rettet unbedingt auch ein Leben. Und nicht jede Methode lässt sich morgen flächendeckend einsetzen. Gezielte, risikoadaptierte Zusatzbildgebungen versprechen eine Überlegenheit gegenüber One-size-fits-all-Lösungen. Weitere langfristige Studien sind notwendig, um die Senkung der brustkrebsbedingten Mortalität durch MRT oder CEM bei Frauen mit dichter Brust zu untersuchen.
Bildquelle: Julia Reushenova, Unsplash