Ausfahrt Duisburg-Neumühl. Peppi (gespielt von Johannes Kienast) bremst ab und landet in seiner Heimat, die seit der „Operation Hurricane“ im Oktober 1944 „hässlich wie die Nacht“ ist. Die Stadt nach dem Zechensterben sei eh „komplett am Arsch“, und trotz größtem Binnenhafen der Welt und dem Ende der neuen Seidenstraße gibt es trotzdem überall nur Pommes.

„Die Leute hier sind hängen geblieben“, sagt Peppi in die Kamera und meint ganz und gar nicht auch sich selbst. Dann steuert er über die leere Friedrich-Ebert-Brücke, mitten in der Nacht, und die Gänsehaut zeichnet sich auf seinen Armen ab. „Aber irgendwie kriegt’s mich trotzdem“. Duisburg ist Nostalgie.

Man scheint Peppi aus Duisburg zu bekommen – die Stadt aber nicht aus ihm. „Chabos“ heißt die neue achtteilige Serie, die seit Freitag in der ZDF-Mediathek gestreamt und ab Sonntag, 24. August, bei ZDFneo gezeigt wird. Zwar steht Duisburg nicht unbedingt im Zentrum der Serie. Die Stadt verkörpert aber vielleicht wie keine andere, was „Chabos“ zeigen will – ein nostalgischer Blick in eine „bessere Zeit“. Heute ist alles schlecht, aber früher war noch alles gut.

Hauptcharakter Peppi, 36 Jahre alt, steckt im „Hamsterrad“ wie er selber sagt. Arbeit bei einem seltsamen Start-up, kürzlich von der Freundin getrennt, perspektivlos. Als er auch noch erfährt, dass er nicht zum Klassentreffen eingeladen wurde, zieht es ihn nach Duisburg, um der Sache seiner gescheiterten Existenz auf den Grund zu gehen. Er reist nicht nur nach Duisburg zurück, sondern auch in die Vergangenheit, in das Jahr 2006: Sommermärchen, MP3-Player, Aggro Berlin, nervige Klingeltöne aus dem Sparabo und SAW II. War damals wirklich alles besser?

Peppi (in jung und im Klose-Trikot gespielt vom 17-jährigen Nico Marischka) besucht mit seinen Freunden die fiktive Willy-Brandt-Gesamtschule in Meiderich. Seine Freunde sind seine „besten Freunde“, deshalb prügeln und mobben sie sich auch, und geimeinsam wollen sie einen legendären Abend mit saurem Apfel-Schnaps, Kippen und einem Club-Besuch erleben.

Der infame Freitagabend sollte ihren besten Sommer aber zum verhängnisvollsten machen. Alles nur, weil sie aus der Disco geschmissen wurden – bestimmt waren sie im Delta Musik Park. Also vertrieben sie sich mit einem illegalen Film-Download die Zeit.

Die Serie vom Regie-Drehbuch-Duo Arkadij Khaet und Mickey Paatzsch wird bewusst für Millennials beworben – also all jene, die grob zwischen 1980 und 1995 geboren wurden. In „Millenial-Deutsch“ nennen sich Peppi und seine Kumpel „Chabos“ – daher auch der Name der Serie. Das Comedy-Drama liefert ein Porträt vom Aufwachsen in einer Zeit, in der Streaming- und Porno-Plattformen ins Kinderzimmer kamen. Eine Zeit, in der Ausgrenzung normal war. So wurde Freund Alba eben so genannt, weil man dachte, er sei Albaner, oder PD heißt eben PD, weil er „Polendeutscher“ ist.

Es war eine Zeit in der Männer Männer sein mussten: Erzogen wurden Peppi und seine Chabos laut Khaet und Paatzsch „in Codes aus Gewalt, Coolness und Machogehabe“. „Denn die frühen 2000er Jahre waren eine Zeit, in der Männer noch alles sein durften – außer verletzlich“, erläutern sie laut ZDF-Mitteilung. Beide sind nach eigenen Angaben übrigens im Pott geboren. (mit dpa)

„Chabos“, von Arkadij Khaet, Mickey Paatzsch, 8 x ca. 30 Minuten, ab Freitag, 22. August, alle Folgen in der ZDF Mediathek, am Sonntag, 24. August und 31. August, 20.15 Uhr, jeweils drei Folgen und am Sonntag, 7. September, in Doppelfolge.