Essen. Am Standort Essen berät FUNKE-Mitarbeiter Thomas Heine seit Neuestem pflegende Kollegen und Kolleginnen. Weil er deren Nöte kennt.
Thomas Heine ist einer der ersten voll ausgebildeten „Pflege-Guides“ der FUNKE Mediengruppe. Zusammen mit Nadine Nowak steht er am Standort Essen Kolleginnen und Kollegen mit Fragen zum Thema als Ansprechpartner zur Seite. Er hat nicht lange gezögert, als ihn FUNKEs Diversity-Managerin Annika Vollmer fragte, ob er Pflege-Guide werden wolle. Zu frisch war da noch die Erinnerung an jene Kollegin, die er als Betriebsrat einmal gefragt habe, was los sei, warum sie so viele Minus-Stunden angehäuft habe. „Was los ist?“, antwortete ihm die Frau, den Tränen nahe: „Ich pflege meine Mutter, ich muss sie morgens fertigmachen für den Tag. Da schaffe ich es oft einfach nicht, pünktlich auf der Arbeit zu sein.“ „Niemand wusste davon“, berichtet Heine. Er wollte helfen. Im Februar hat der 54-jährige Oberhausener, der in der Ausgabenproduktion der Zeitungsseiten aller FUNKE-Titel arbeitet, darum seine Ausbildung zum Pflege-Guide bei der AOK in Essen absolviert.
Drei „sehr lehrreiche Tage“, erinnert Heine sich. Um theoretische Grundkenntnisse, „den ganzen Bürokratiekram“, sei es intensiv gegangen; aber auch in Rollenspielen haben die 15 angehenden Pflege-Guides aus den verschiedensten Unternehmen für ihre künftige Aufgabe gelernt: Psychologische Strategien erarbeiteten sie sich, um Menschen in einer emotionalen Ausnahmesituation angemessen zu begegnen.
Er weiß, wo ein Kurzzeitpflegeplatz frei ist
Bei FUNKE in Essen ist Thomas Heine nun der Mann, der alles weiß, was das Thema Pflege betrifft: Er weiß, was als Nächstes zu tun ist, wenn die Mutter nach dem Oberschenkelhalsbruch nicht mehr allein in ihre Wohnung zurück kann; er weiß, wo sich die Selbsthilfe-Gruppen treffen; wo gerade ein Kurzzeitpflege-Platz frei ist; und wie man den richtigen Pflegedienst findet. Er hat die Kontaktdaten von unabhängigen Pflegeberatern und die Namen derjenigen, die bei der Krankenkasse weiterhelfen können. Er weiß zudem, auf welche Hilfen Betroffene Anspruch haben – vom Badewannenlift bis zur Haushaltshilfe. „Es gibt so viele Töpfe, aus denen man sich bedienen kann.“
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Vor allem aber kennt Heine die „innerbetrieblichen Möglichkeiten“: „Es weiß doch sonst kaum jemand, dass ein Arbeitnehmer bis zu zehn Tage freibekommen kann, um Pflege zu organisieren. Die Krankenkasse zahlt dann den größten Teil des Gehalts weiter“, erklärt er. Es sei bei FUNKE zudem möglich, im „Pflegefall“ befristet von Voll- auf Teilzeit zu wechseln, oder häufiger als andere im Homeoffice zu arbeiten, „abhängig von der jeweiligen Situation natürlich, bei den Kollegen im Druckhaus wird Homeoffice nicht funktionieren. Da muss man andere, flexible Lösungen finden, etwa Schichtdienste neu organisieren.“ Eine entsprechende Pflege-Betriebsvereinbarung sei „in Arbeit“.
„Sonst fallen die Leute ja irgendwann komplett aus“
Tatsächlich musste der Pflege-Guide das Gelernte bereits anwenden: Eine Kollegin wandte sich unlängst an ihn, verzweifelt. Sie erzählte ihm von ihrem krebskranken Vater, der durch die Krankheit pflegebedürftig und so schwierig geworden sei, so undankbar. Sie betreue ihn dennoch gerne, sei aber auch täglich im Büro. „Und sie wusste nicht mehr, wie das noch länger gehen könnte“, erzählt Heine. Er schlug der Frau vor, künftig verstärkt im Home-Office zu arbeiten; bot an, mit ihr zusammen die Chefin von der Notwendigkeit zu überzeugen. Doch die: stimmte gleich zu, berichtet Heine. „Andere Vorgesetzte muss man vielleicht erst fürs Thema sensibilisieren“, ahnt er. Letztendlich nutze die flexible Gestaltung der Arbeitsbedingungen in einer solchen Situation aber auch dem Unternehmen. „Sonst fallen die Leute ja irgendwann komplett aus, Pflege und Beruf nicht miteinander in Einklang zu bringen, macht krank.“
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