Etwa 8.500 Nierenbiopsien werden jährlich im spezialisierten Zentrum für Nephropathologie des Uniklinikums Erlangen bearbeitet. Davon stammen ca. 400 Nierenbiopsien direkt aus den medizinischen Kliniken des Uniklinikums Erlangen. Die restlichen Nierenbiopsien stammen aus dem Klinikum Nürnberg und von über 100 weiteren externen Einsendern aus dem gesamten Bundesgebiet.

Zusätzlich werden nephropathologische Präparate aus der ganzen Bundesrepublik konsiliarpathologisch mit begutachtet. Insgesamt gibt es ca. fünf größere spezialisierte Nephropathologien in Deutschland.

Nachgefragt bei Prof. Dr. Kerstin Amann, Leiterin der Nephropathologie am Uniklinikum Erlangen: 

Die Nierenpathologie ist ein sehr vielseitiges Fachgebiet. Welche Erkrankungen untersuchen Sie in Ihrer täglichen Arbeit?

Wir untersuchen an Gewebeproben Erkrankungen der Niere selbst – onkologische und nichtonkologische. Darüber hinaus zeigt Nierengewebe auch Veränderungen bei Erkrankungen an anderen Stellen im Körper, wie Stoffwechselstörungen, Lebererkrankungen, Bluterkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Autoimmunerkrankungen und Gefäßentzündungen. Die Nephropathologie ist zudem unverzichtbar bei Organtransplantationen, vor allem der Niere und des Pankreas. Jede dieser Erkrankungen kann sich unter dem Mikroskop anders darstellen, und es braucht viel klinische und pathologische Erfahrung, um sie zu erkennen, richtig zu interpretieren und zu beschreiben. Das hilft den behandelnden Ärztinnen und Ärzten, die richtige Diagnose zu stellen und die beste Behandlung für die Betroffenen zu finden. Die Untersuchungen in der Nephropathologie sind zudem besonders wertvoll, da sie oft Frühsymptome erkennen können, bevor andere klinische Anzeichen auftreten.

Bei der Behandlung onkologischer Erkrankungen herrscht eine große Dynamik. Wie äußert sich das bei Nierentumoren?

Als ich studiert habe, gab es 4 Typen von Nierentumoren. In der aktuellen WHO-Klassifikation von 2022 werden 22 verschiedene Entitäten von Nierentumoren und über 20 Mischtypen, seltene und molekulare Typen mit spezifischen Mutationen beschrieben. Alle 2 bis 3 Jahre wird die WHO-Klassifikation für Nierentumoren überarbeitet, um neue Erkenntnisse zu berücksichtigen – eine rasante Entwicklung. Grund dafür sind die neuen diagnostischen Verfahren. Dass es Unterschiede in den Tumoren gibt, haben wir früher schon gesehen. Aber die Technologien von heute geben uns die Möglichkeit, gemeinsam mit Fachleuten auf der ganzen Welt zu forschen, Alleinstellungsmerkmale, Mutationen, molekulare Unterschiede zu finden und die Klassifikation weiterzuschreiben. Wir Nephropathologinnen und -pathologen sind eine treibende Kraft der experimentellen und klinischen Tumorforschung geworden. Unsere Hauptaufgabe ist allerdings weiterhin, die fast 50 Tumortypen im Alltag dann auch präzise pathologisch zu befunden, um Menschen zu helfen.