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Die EU entwickelt ein neues Sanktionspaket, um den Kriegsherrn Putin zu schwächen. Eine Expertin bestätigt eine „gravierende Konjunkturabschwächung“, die Russlands Wirtschaft trifft.
Brüssel – Nach dem Treffen von US-Präsident Donald Trump und Kreml-Chef Wladimir Putin zum Ukraine-Krieg werden in Deutschland wieder Forderungen nach härteren Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft laut. Trump habe in Bezug auf die Ukraine kein Interesse an einem steigenden Engagement der USA, sagte beispielsweise der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter jüngst in der ARD. Europa müsse deshalb „jetzt alles tun“.
Doch Russlands Wirtschaft konnte den westlichen Sanktionen bisher trotzen und Putin, der 2022 mit seiner Armee die Ukraine überfallen hat, kann weiterhin die Kosten des Krieges stemmen. Sind die Sanktionen also bisher erfolglos?
Die EU will ein neues Sanktionspaket schnüren, um den Kriegsherrn Putin zu schwächen. (Archivbild) © Sergei Ilyin/Pool Sputnik Kremlin via AP/dpaExpertin: „Russland ist jetzt eine Tankstelle, die Panzer produziert”
Elina Ribakova, Wirtschaftswissenschaftlerin und Vizepräsidentin für Außenpolitik der Kyiv School of Economics, erklärt die Problematik in einem Podcast der Financial Times: „Wenn wir Sanktionen verhängen wollen, versuchen wir, Sanktionen zu finden, die für unsere Wirtschaft nicht zu kostspielig sind, aber für die andere Seite unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen. Das Problem dabei ist, dass Russland die Energiemärkte dominiert, weshalb wir bei der Verhängung der Sanktionen etwas zu zaghaft vorgegangen sind.“
Das habe dazu geführt, dass Russland unverhältnismäßig stark von den hohen Rohstoffpreisen profitiert und weiterhin viel Geld mit dem Export von Öl und Gas verdient habe. „Dieses Geld wurde dann in die heimische Wirtschaft investiert, insbesondere in die Kriegswirtschaft“, erklärt die Expertin. Und mit den hohen Gaseinnahmen könne Russland mehr als ausgleichen, dass die Sanktionen seine Devisenreserven im Ausland eingefroren haben.
Infolgedessen sei „Russland jetzt eine Tankstelle, die Panzer produziert”, so Ribakova. Damit spielt sie wohl auf den berühmten Ausspruch des bekannten US-Senators John McCain an, der gesagt hat: „Russland ist eine Tankstelle, die sich als Staat tarnt.“
Krise in Russlands Wirtschaft: Zentralbankchefin schlägt Alarm
Doch so ganz geht Putins Tankstellen-Panzer-Strategie nicht auf: Denn in der russischen Wirtschaft zeigen sich Risse, die immer tiefer gehen. Zentralbankchefin Elvira Nabiullina schlug deshalb schon Alarm. Russlands Wirtschaft sei zwei Jahre lang trotz der Sanktionen durch Programme zur Importverdrängung gewachsen – dank Geldern aus dem Wohlstandsfonds und bestehenden Kapitalreserven des Bankensystems. „Wir müssen verstehen, dass viele dieser Ressourcen tatsächlich aufgebraucht sind, und wir müssen über ein neues Wachstumsmodell nachdenken“, sagte sie.
Sogar Russlands Wirtschaftsminister Maxim Reschetnikow hat auf Putins großer Schaubühne, dem Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg, ungewöhnlich deutlich vor Problemen für die einheimische Wirtschaft gewarnt: „Den Zahlen nach haben wir eine Abkühlung, den aktuellen Empfindungen der Unternehmer nach sind wir schon an der Grenze zum Übergang in eine Rezession“, sagte er.
„Gravierende Konjunkturabschwächung“ in der russischen Wirtschaft
Ribakova sieht eine „gravierende Konjunkturabschwächung“ in der russischen Ökonomie. „Das Problem ist, dass die russische Wirtschaft an ihre Grenzen stößt. Man kann nur eine bestimmte Anzahl von Panzern produzieren. Aber irgendwann ist die Produktionskapazität erschöpft, es gibt nicht genug Arbeitskräfte, nicht genug Investitionen oder Kapital“, erklärt sie in dem Podcast.
Diese Entwicklung habe bereits im letzten Jahr begonnen, weshalb auch die Inflation so stark angestiegen sei. „Die Arbeitslosigkeit ist auf zwei Prozent gesunken, was für einen Schwellenmarkt von der Größe Russlands mit strukturellen Problemen einfach eine völlig unrealistische Zahl ist. Und deshalb hat die Zentralbank begonnen, sozusagen Alarm zu schlagen“, erklärt die Expertin der Financial Times.
EU schnürt weiteres Sanktions-Paket gegen Russland
Europa will nun auch nicht locker lassen und die russische Wirtschaft weiter schwächen. Derzeit werde an einem 19. Sanktions-Paket gegen Russland gearbeitet und „hoffentlich werden wir in der Lage sein, es nächsten Monat zu verabschieden“, sagte eine EU-Kommissionssprecherin Mitte August 2025 in Brüssel. „Wir wissen, dass Sanktionen wirken, und wir werden den Druck auf Russland aufrechterhalten“, fügte sie hinzu ohne Details zu nennen.
Die EU hat vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine bereits 18 Sanktionspakete gegen Moskau beschlossen. Zuletzt hatten die Mitgliedsstaaten sich Mitte Juli auf weitere Sanktionen geeinigt und dabei vor allem Moskaus Öleinnahmen ins Visier genommen. So sah das 18. Paket unter anderem eine Senkung des Preisdeckels für russische Ölexporte vor. (lma mit dpa)