Duisburg. Die alten Telefonzellen in Duisburg vergammeln zusehends. Die Telekom verrät jetzt: Ihre Zeit läuft nun endgültig ab. Was mit den alten Schätzchen passiert.
Über die verwahrloste magenta-graue Telefonzellen-Ruine am Walsumer Rathaus wird derzeit überraschend viel gesprochen. So erklären Mütter ihren Kleinkindern geduldig, dass das kleine Häuschen nicht nur vor dem Regen schützt, sondern dass man darin früher auch telefonieren konnte. Dagegen wächst bei den älteren Walsumern der Ärger über die verlotterte Existenz der nutzlosen Telefonzelle.
Anwohnerbeschwerden haben jetzt auch unsere Redaktion erreicht. Wir haben bei der Deutschen Telekom nachgefragt, wie es um das heruntergekommene Relikt in Aldenrade steht, das damals, im Zeitalter vor dem massentauglichen Handy, noch für für viele Menschen unverzichtbar war, wenn sie von unterwegs jemanden anrufen wollten.
Tatsächlich müssen sich die Walsumer und Walsumerinnen, die sich an der verwahrlosten Telefonzelle an der Friedrich-Ebert-Straße stören, nicht mehr lange grämen. Nach Angaben der Telekom soll sie zum Jahresende endgültig verschwinden. Wie auch alle übrigen Telefonzellen in Duisburg.
„Duisburg, Tettau, Tallin“ – das war einmal. Schon lange ist die Telefonzelle nicht mehr funktionsfähig. Und alle anderen ebenso wenig.
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Telekom will alle Telefonzellen in Duisburg abbauen
Von den ehemals über 160.000 öffentlichen Telefonen in Deutschland wurden demnach in den zurückliegenden Jahren bereits über 90 Prozent abgebaut. Schrittweise wurden sie außer Betrieb genommen und entfernt. Zuerst hat die Telekom 2022 bundesweit alle Fernsprecher deaktiviert, die mit Münzen bezahlt wurden. Ein Jahr später konnten Passanten dann ihre Gespräche auch nicht mehr mit einer Telefonkarte bezahlen.
Telefonieren kann man also, schreibt die Telekom auf Nachfrage, seit 2023 weder in den verbliebenen Telefonzellen noch an den Säulen. Nicht in Walsum, nicht in Duisburg, nirgends in der gesamten Bundesrepublik.
Daher werden diese Fragmente des einstigen öffentlichen Kommunikationsnetzes, Relikte wie am Walsumer Rathaus, nun Stück für Stück zurückgebaut.
Als Litfaßsäule zweckentfremdet: Die Telefonzelle an der Friedrich-Ebert-Straße in Aldenrade dient aktuell Fans des MSV Duisburg, um Stimmung für die noch junge Saison zu machen.
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Allerdings werden für den Abbau viele verschiedene Gewerke benötigt. Regionale Energieversorger müssen den Strom abschalten und benötigen vom Auftrag bis zum Vollzug schon mal ein Jahr. Die Bauämter müssen für jede einzelne Telefonzelle und damit für jeden Tiefbau eine eigene verkehrsrechtliche Anordnung erstellen. Die beauftragten Baufirmen können erst loslegen, wenn der Strom abgeschaltet ist und müssen zusätzlich die Genehmigung der Behörden für den Abbau abwarten.
Letztlich muss ein Recycling-Unternehmen das Personal und die Kapazitäten haben, um die Überbleibsel früherer, handyloser Jahrzehnte zu entsorgen.
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Viele Menschen, Firmen und Ämter sind also am Rückbau der bereits nutzlosen Zellen und -säulen beteiligt. „Die Koordination der Gewerke für tausende Baustellen ist für alle Beteiligten aufwändig und wird daher noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Wir gehen davon aus, dass die letzten öffentlichen Telefone in diesem Jahr abgebaut sind“, teilt eine Telekom-Sprecherin mit Blick auf ganz Deutschland mit.
Wann die Telefone in Duisburg konkret an der Reihe sind und wie viele es hier aktuell überhaupt noch gibt, kann offenbar niemand mit Gewissheit sagen. Auch die Stadt muss bei unserer Anfrage passen. Sie werde lediglich von der Telekom darüber informiert, wann wo abgebaut wird.
Großes Kaufinteresse in Deutschland: Lange Warteschlangen für ausrangierte Telefonhäuschen
Definitiv fest steht allerdings, dass die alten Telefonhäuschen nicht mehr von Duisburgerinnen und Duisburgern gekauft werden können. Zwar hat die Deutsche Telekom in der Vergangenheit ausrangierte Telefonzellen aufgearbeitet und an Interessierte verkauft. Die gelben Originale sind jedoch längst ausverkauft, und für die restlichen Exemplare in Grau-Magenta gibt es deutschlandweit lange Wartelisten; diese werden nach und nach abgearbeitet. Ohnehin war das Kaufinteresse stets größer als die Anzahl der verfügbaren Telefonzellen.
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Allerdings können sich Nostalgiker in Frankfurt am Main im Museum für Kommunikation weit über 50 Exponate rund um die öffentliche Telefonie ansehen. Gemeinsam mit den Museen für Kommunikation Berlin und Nürnberg gehört es zur Museumsstiftung für Post und Telekommunikation.
Obwohl die Deutsche Telekom jetzt ankündigt, alle Telefonzellen bis zum Jahresende aus Duisburg abbauen zu wollen, komplett werden sie trotzdem nicht aus dem Stadtbild verschwinden. Denn die Bürgerstiftung Duisburg hält einige dieser alten Schätzchen weiterhin in Ehren und nutzt sie als dunkelblau gestrichene Bücherschränke, als sogenannte Bücherzellen.