Zuletzt war die Hoffnung gestiegen, dass es eine zeitnahe Friedenslösung für den Krieg Russlands gegen die Ukraine zumindest im Bereich des Möglichen liegt. Die Bemühungen auf den diplomatischen Kanälen waren enorm. Bestärkt wurde der Optimismus zunächst durch das Treffen von US-Präsident Donald Trump und dem russischen Machthaber Wladimir Putin in Alaska, dann durch den sich anschließenden Besuch von europäischen Spitzenpolitikern samt Kanzler Friedrich Merz (CDU) mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Washington.
Washington Weekly Newsletter
Donald Trump will die USA umkrempeln. Verpassen Sie keine Neuigkeit mehr. Kostenlos jeden Donnerstag per E-Mail – vom US-Team der Tagesspiegel-Redaktion.
Dort wurde deutlich, dass sich Trump ein baldiges bilaterales Treffen des russischen und des ukrainischen Staatschefs wünscht. Er werde dieses organisieren, verkündete Trump. Später solle es ein Dreiertreffen geben, an dem auch er teilnehmen werde. Nun kommen aus dem Weißen Haus wieder andere Signale.
Verhängt Trump massive Sanktionen oder macht er gar nichts?
„In zwei Wochen werden wir wissen, welchen Weg ich einschlagen werde. Denn ich werde mich für einen Weg entscheiden, und ich werde herausfinden, welcher das ist“, sagte der US-Präsident, wie unter anderem die Agentur AFP und der US-Sender NBC berichteten. „Das heißt, ob es massive Sanktionen oder massive Zölle oder beides geben wird. Oder ob wir nichts tun und sagen, es ist euer Kampf“, fügte er hinzu. „Zum Tangotanzen gehören immer zwei“, sagte der US-Präsident, der eine Kappe mit der Aufschrift „Trump hat in allem recht“ trug.
Wissen Sie, es ist ein bisschen wie Öl und Essig. Sie kommen nicht allzu gut miteinander aus.
Donald Trump über Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj
Der Republikaner sagte demnach weiter: „Wir werden sehen, ob Putin und Selenskyj zusammenarbeiten werden.“ Und benutzte ein weiteres Bild: „Wissen Sie, es ist ein bisschen wie Öl und Essig. Sie kommen nicht allzu gut miteinander aus, aus offensichtlichen Gründen.“ „Wir werden sehen“, ob er an einem solchen Treffen teilnehmen müsste, sagte Trump weiter.
NBC zitierte einen hohen US-Beamten, der anonym bleiben wollte. „Niemand ist bereit, das Handtuch zu werfen“, sagte ein Beamter der nationalen Sicherheit. Der Präsident habe sehr deutlich gemacht, dass er jede Möglichkeit nutzen wolle, um diesen Krieg kurzfristig auf diplomatischem Wege zu beenden. „Es gibt keine militärische Lösung für den Konflikt. Die Frage ist, ob es jetzt eine diplomatische Lösung gibt oder ob es noch sechs, zwölf oder 18 Monate dauern wird, bis wir diesen Standpunkt erreichen.“
Dass es zu einer kurzfristigen Lösung kommen kann, scheint auch wegen neuer Aussagen aus Moskau immer unwahrscheinlicher. „Putin ist bereit, sich mit Selenskyj zu treffen, wenn eine Tagesordnung für den Gipfel vorbereitet ist, und diese Tagesordnung ist überhaupt noch nicht fertig“, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow NBC.
Lawrow sagte, zu den Punkten, die vor einem solchen Treffen geklärt sein müssten, gehörten Gebietsabtretungen und ein ukrainischer Verzicht auf eine Mitgliedschaft im westlichen Militärbündnis. „Selenskyj hat zu allem Nein gesagt“, sagte Lawrow.
Russland hat im Laufe der vor dreieinhalb Jahren begonnenen Invasion die ostukrainische Region Luhansk fast vollständig und die vom Kreml beanspruchten Gebiete Donezk, Saporischschja und Cherson teilweise eingenommen. Für ein Einfrieren der Front in Saporischschja und Cherson fordert Putin dem Vernehmen nach Kiews vollständige Aufgabe der Regionen Luhansk und Donezk. Die ebenfalls von Moskau beanspruchte Halbinsel Krim kontrolliert Russland bereits seit 2014.
Sie wollen diesen Krieg nicht beenden.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine
Selenskyj hatte Moskau vorgeworfen, nicht an einem Frieden interessiert zu sein. „Ehrlich gesagt sind die Signale aus Russland derzeit einfach unanständig“, sagte er. „Sie versuchen, sich aus der Notwendigkeit eines Treffens herauszuwinden. Sie wollen diesen Krieg nicht beenden. Sie setzen ihre massiven Angriffe gegen die Ukraine und ihre sehr heftigen Angriffe an der Front fort.“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (links) empfing am Freitag Nato-Generalsekretär Mark Rutte in Kiew.
© Imago/Zuma Press Wire/Ukraine Presidency
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sieht die diplomatischen Bemühungen für ein Ende des Ukraine-Kriegs noch vor großen Herausforderungen. Merz sagte am Samstag beim Landesparteitag der niedersächsischen CDU in Osnabrück einem Bericht der Agentur AFP zufolge, „größere diplomatische Anstrengungen als in den letzten drei Wochen“ habe es im Ukraine-Krieg von Deutschland und der EU noch nicht gegeben. „Es soll bitte heute niemand mehr sagen, wir würden nur über Waffenlieferungen diskutieren.“
Merz mahnte aber auch, für einen möglichen Frieden in der Ukraine sei ein langer Atem nötig. Angesichts der Äußerungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin müsse „jedem klar“ werden, wie „schwierig“ diese Aufgabe über Wochen oder gar Monate bleiben werde.
Wir sind auf einer zehn Kilometer langen Strecke und haben vielleicht die ersten 200 Meter zurückgelegt.
Friedrich Merz, Bundeskanzler (CDU)
„Wir haben die ersten Schritte gemacht“, sagte der Bundeskanzler. „Aber ich sage mal in einem Bild: Wir sind auf einer zehn Kilometer langen Strecke und haben vielleicht die ersten 200 Meter zurückgelegt.“ Merz fügte hinzu: „Wir sind jedenfalls in der richtigen Richtung unterwegs.“ Nach dem Treffen in Washington mit Trump hatte auch Merz gesagt, ein Zweiertreffen von Putin und Selenskyj solle innerhalb von zwei Wochen stattfinden.
Nato-Generalsekretär Mark Rutte lobte bei einem Besuch in Kiew am Freitag Trump. Trump habe Bewegung in die Verhandlungen gebracht. Er „hat aber auch klargemacht, dass die USA involviert sein werden bei der Gewährung von Sicherheitsgarantien für die Ukraine“, sagte Rutte. Er bezeichnete die Garantien als wichtigen Faktor für einen dauerhaften Frieden in der Ukraine.
Friedenstruppen aus China in die Ukraine?
Wie dieser abgesichert werden könnte, ist bereits jetzt Thema. Der US-Präsident hat schon ausgeschlossen, dass er dafür Bodentruppen entsenden wird, Putin schließt aus, Soldaten aus Nato-Staaten auf ukrainischem Gebiet zu akzeptieren. Nun zeigt sich China EU-Diplomaten zufolge offenbar zu einer Beteiligung an möglichen Friedenstruppen bereit.
Mehr zur Ukraine bei T+ Schwierige Ukraine-Verhandlungen mit Trump Europa feiert sich zu Unrecht „Nicht den fünften Schritt machen, bevor der erste gegangen ist“ Union und SPD bremsen Debatte über Bodentruppen Alaska-Gipfel ohne Ergebnisse Friedensverhandlungen für die Ukraine werden bis zu zehn Jahre dauern
Dies berichtet die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf Diplomatenkreise, die Kontakte zu chinesischen Regierungskreisen unterhalten. Die Diplomaten betonten aber zugleich, die Regierung in Peking sei dazu nur bereit, wenn die Friedenstruppen auf der Grundlage eines Mandats der Vereinten Nationen (UN) eingesetzt würden.
In Brüssel stößt der Plan aus Peking auf ein geteiltes Echo. Einerseits könnte die Einbeziehung von Ländern des globalen Südens wie China die Akzeptanz für eine Stationierung ausländischer Truppen zur Überwachung eines Friedens befördern. „Es besteht aber auch die Gefahr, dass China in der Ukraine vor allem spionieren will und im Konfliktfall anstatt einer neutralen Position eine klar prorussische Position einnimmt“, sagte ein hoher EU-Diplomat, der mit den aktuellen Beratungen in Brüssel vertraut ist.