Hier lässt sich’s leben! Und das schon seit Jahren. Ach was, seit Jahrhunderten. Obgleich viele die Gemeinde Sietow vielfach nur aus dem Auto an der Kreuzung zum „Knorrnpunkt“ Richtung Waren, Malchow oder Röbel kennen, war dort immer buntes Leben. Und das ist 725 Jahre nach Ortsgründung immer noch so. Anlass genug für Detlev Kunter – einen echten Sietower – etwas zum Lesen, Ansehen und Bewahren zu schaffen: ein Buch.
Viel Geschichte steckt in der Gemeinde Sietow mit ihren Ortsteilen. (Foto: Carina Göls)
Doch, ganz klar, so etwas macht man nicht allein. Zwar lagen die Fäden in seiner und der Hand des Fotografen Manuel Schulz aus Rostock. Und auch die Gemeinde hatte überlegt, wie man dieses Jubiläum würdigen kann. Am Ende waren es wohl irgendwie alle, denen das Gelingen des Büchleins zuzuschreiben ist.
So wie es auch bei der großen Feier fast das ganze Dorf war, das auf die (Orts)-Geschichte zurück- und ausblickte, es sich gut gehen ließ, Pläne schmiedete, plauschte und Politik mal ein wenig links liegen ließ. Auch wenn das in diesen Zeiten nicht leicht ist. Mit Frank Etzold hat man ja als Bürgermeister quasi immer einen (Kommunal-)politiker im Ort.
Etzold war übrigens, wie er in einem Gespräch mit unserer Zeitung erzählt, begeistert von der Idee mit dem Buch. Dass er, der vor 29 Jahren nach Sietow gekommen war, um zu bleiben, Dorfchef und als „Zugezogener“ ein Baustein im Wachsen und Werden der aktuell rund 580-Seelen-Gemeinde werden durfte, das weiß der Ex-Polizeirevier-Chef aus Röbel zu schätzen.
Der Sietower Bürgermeister Frank Etzold freut sich, dass der Wandel der Gemeinde in einem Buch sichtbar geworden ist. (Foto: NK/Archiv)
Und zu schätzen weiß auch Detlev Kunter die „Offenheit, die Freude und das Interesse der Sietower, mit ihren Erinnerungen und alten Fotos das Wichtigste für das Buch gegeben zu haben.“ Viele schöne Begegnungen habe er im Laufe der Wochen erfahren, in denen er Leute besuchte, in alte Scheunen, Schuppen und auf Dachböden kletterte. Und so manche Erinnerung aus eigenen Kindertagen in Sietow lebte auf. „Ich konnte mich an manche Veranstaltung, zu der ich als Junge mitgenommen wurde, erinnern. Manches war wie damals.“ Und inzwischen gehöre er ja auch zu rund einem Zehntel zu der langen Dorfgeschichte, sagt der einstige Standesbeamte und hat eine Bitte: „Wer alte Fotos von der Familie hat, sollte diese bitte nicht wegwerfen nur, weil es gerade modern ist, alles auf dem Handy zu haben. Mit diesen Zeitdokumenten kann man nicht nur Erinnerungen verbinden, sondern mitunter auch helfen, wenn zum Beispiel der Blick auf ein Haus wie es einst aussah für eine Restaurierung gefragt ist.“ Manche aber hätte die alten Bilder schon selbst digitalisiert, was auch super sei.
Gern gesehene Fotos waren nicht zu bekommen
Es gibt ja bereits eine Chronik „So könnte es gewesen sein“. Detlev Kunter und sein Kompagnon suchten für das aktuelle Buch Parallelen in den neuen Aufnahmen zu den alten, um den Wandel sichtbar zu machen. „Aber das war nicht immer leicht, denn hohe Hecken oder neue Gebäude mit neuer Nutzung ließen solche Bilder mitunter nicht zu.“
Geliebte Bücherwelt: Detlev Kunter sammelt bestimmte Buchreihen. Sie inspirieren ihn in seinem Arbeitszimmer, in dem auch das neue Buch über Sietow im Wandel entstand. (Foto: Carina Göls)
Und auch nicht alle historischen Foto-Wünsche seien erfüllt worden: „Wir konnten zum Beispiel kein Foto der alten Stellmacherei auftreiben. Das hat uns verwundert, denn die Nachforschungen reichten bis Waren, Röbel und Malchow. Ältere Aufnahmen vom Haus Dietmar Juhnke und Martina Gehl wären toll gewesen“, bedauert der Autor, diese nicht ins Buch habe bringen zu können. Kein Haus in Sietow habe wohl so eine wechselvolle Geschichte, die von der Dienstwohnung der Bezirkshebamme Berta Hammann, über die Konsum-Verkaufsstelle, Arbeitsräume der Gemeindeschwester, Poststelle, Sitz des Rates der Gemeinde bis hin zum Posten des Abschnittsbevollmächtigten (ABV – quasi dem DDR-Dorfpolizisten) … reichte.
Alles in allem sei das Buch, das die Initiative „Sietow up un dal“ herausgab und das vorerst in einer Auflage von 250 Exemplaren gedruckt wurde, ein gutes Stück Zeitgeschichte. Und die wird in Sietow weiter fortgeschrieben. Auch dank der Initiative, die aus dem Projekt „Erzählkirche Sietow“ hervorging und Flohmärkte, Kinoabende, Lesungen, Ausstellungen sowie Konzerte organisiert. Und auch durch Treffen wie etwa das Senioren-Frühstück, wo sicher über Gott und die Welt, aber gewiss auch über alte Zeiten geredet wird. Über die Initiative ist auch das Buch zu haben, wie Detlev Kunter sagt. Online oder in Buchhandlungen sei es hingegen nicht erhältlich.
Ein Blick ins neue Buch über Sietow, das zu Ehren des 725. Geburtstages der Gemeinde erschienen ist. (Foto: Carina Göls)