Berlin – Dieser Vorschlag beinhaltet sozialen Sprengstoff! Der Ökonom und Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, fordert ein verpflichtendes soziales Jahr für alle Rentner.

Er sagte: „Gesundheitlich werden das manche nicht können, aber dafür gibt es auch bei jungen Leuten Regelungen. Die ältere Generation muss sich stärker einbringen, beispielsweise im Sozialbereich, aber auch bei der Verteidigung.“ Benötigt würden technische Fähigkeiten. Fratzscher warb außerdem für einen neuen Generationenvertrag.

Die Ablehnung des Vorschlags ist riesig! Senioren- und Sozialverbände sowie Politiker laufen Sturm!

Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW)

Marcel Fratzscher (54), Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung

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► „Wir sollten zur Abwechslung mal anerkennen, was ältere Menschen in diesem Land leisten, anstatt ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass sie faul sind und der Gesellschaft auf der Tasche liegen“, sagte die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Bentele warnte davor, ein falsches Bild von älteren Menschen darzustellen. Rentner engagierten sich bereits in der Pflege von Familienangehörigen, bei der Betreuung ihrer Enkel und in ehrenamtlicher Vereinsarbeit.

Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele

Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele (43)

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► „Die Lebensentscheidung“, keine vier Kinder zu bekommen, erfolgte bei Millionen Menschen auch aus finanziellen Gründen“, sagte die Chefin des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier. Sie verwies auf eine gestiegene Notwendigkeit zur Erwerbsarbeit für beide Partner wegen steigender Kosten. „Ihnen nun daraus einen Strick zu drehen, dass man sich zur Strafe gefälligst im Rentenalter engagieren müsse, empfinden wir als respektlos.“

Chefin des Sozialverband Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier

Chefin des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier (64)

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► „Ein Pflichtjahr für Rentner lehnen wir ab. Wer jahrzehntelang gearbeitet hat, hat seinen Ruhestand unbedingt verdient. Wir warnen davor, mit solchen Vorschlägen Generationen gegeneinander auszuspielen“, sagte Anja Piel, Vorstandsmitglied im Deutschen Gewerkschaftsbund. „Die Frage, wer tatsächlich auf wessen Kosten lebt, ist in allererster Linie eine Frage zwischen Reich und Arm, also zwischen Kapital und Arbeit, und nicht etwa zwischen den Generationen.“

Deutscher-Gewerkschaftsbund-Vorstandsmitglied Anja Piel

Anja Piel (59), Vorstandsmitglied im Deutschen Gewerkschaftsbund

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► „Wenig intelligente Vorschläge von Herrn Fratzscher sind wir gewohnt, aber dieser ist bösartig“, sagte FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki. „Offensichtlich will er die ältere Generation dafür bestrafen, dass sie ihren Wohlstand und den Wohlstand unserer Republik gemehrt haben.“ Kubicki wirft Fratzscher vor, für jedes Problem eine Gruppe von Schuldigen in der Gesellschaft zu suchen.

FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki

FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki (73)

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► „Statt pauschalem Zwang brauchen wir ein Umfeld, das freiwilliges Engagement stärkt und die unterschiedlichen Lebensrealitäten älterer Menschen berücksichtigt“, meint CSU-Politikerin Anja Weisgerber (49). Viele leisteten bereits durch Ehrenamt, Nachbarschaftshilfe oder jahrzehntelange Beitragszahlungen ihren Beitrag.

► Die rentenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Sarah Vollath (29), warnte davor, „die Generationen ständig gegeneinander auszuspielen“. Gerade bei der Rente gehe es nicht um einen Konflikt zwischen Jung und Alt, sondern um eine Klassenfrage. Die Linke lehne Zwangsdienste grundsätzlich ab. Rentner nach ihrem Arbeitsleben zu einem sozialen Pflichtjahr zu zwingen, gehe „völlig an der Lebensrealität vieler Menschen vorbei, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben“, sagte Vollath.

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► „Der Militarismus hat jetzt offenbar auch die Hirne von Deutschlands Top-Ökonomen vernebelt“, sagte BSW-Chefin Sahra Wagenknecht. „Der Vorschlag, alten Menschen, die ihr Leben lang geschuftet haben und zum Dank dafür in Deutschland oft genug mit Armutsrenten abgespeist werden, jetzt noch ein Pflichtjahr, bevorzugt bei der Bundeswehr, aufzudrücken, ist an Zynismus kaum zu überbieten.“

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht (56)

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