Was für eine Schlussphase: Der FC St. Pauli hat Borussia Dortmund den sicher geglaubten Auswärtssieg am Samstagabend noch weggeschnappt und einen Punkt geholt. Beim 3:3 (0:1) in der Fußball-Bundesliga zeigte der BVB kein gutes Spiel – und war trotzdem lange auf der Siegerstraße. Doch am Ende wurde die schwache Leistung bestraft.
Serhou Guirassy (34. Spielminute), Waldemar Anton (67.) und Julian Brandt (74.) brachten den BVB in Führung. Andreas Hountondji (50.) hatte für die Hamburger zwischenzeitlich ausgeglichen, Danel Sinani (86.) und Eric Smith (89.) sorgten in spektakulären Schlussminuten für den erneuten Ausgleich.
Die wohl entscheidende Szene der Partie ging dem zweiten Tor von St. Pauli voraus: BVB-Verteidiger und Bundesliga-Debütant Filippo Mane zog Abdoulie Ceesay im Strafraum lange am Trikot und verursachte nach VAR-Intervention einen Strafstoß, den Sinani versenkte. Der 20-jährige Mane sah für sein Vergehen bei seinem bitteren Debüt überdies die rote Karte.
Sparsame Blicke beim BVB: Filippo Mane sieht kurz vor Schluss Rot
St. Pauli erwischt den besseren Start
Gleich fünf Neuzugänge bot St. Paulis Trainer Blessin von Beginn an auf, die neu formierte Mannschaft zeigte sich aber von Beginn an als Einheit. Louis Oppie, einer der Neuen, bekam die erste Schussmöglichkeit, sein Versuch mit rechts war aber ungefährlich (10.). Doch St. Pauli blieb dran – und hätte früh in Führung gehen können. Einen starken langen Pass von Danel Sinani unterschätzte Waldemar Anton, sodass Hountondji freie Bahn hatte. Den Abschluss des Franzosen parierte BVB-Torwart Gregor Kobel stark (18.).
Vom BVB war zunächst kaum etwas zu sehen. Trainer Niko Kovac standen die Zornesfalten schon früh im Gesicht: Das Aufbauspiel war fehlerhaft, die Offensivkräfte bekamen kaum einen Ball. Erst nach 23 gespielten Minuten verzeichneten die Dortmunder den ersten Torschuss, als Sehrou Guirassy aus spitzem Winkel an St. Paulis Torwart Nikola Vasilj scheiterte. Kurz darauf leitete erneut Guirassy die bis dato beste Chance ein, als er den Ball eroberte und Sturmpartner Karim Adeyemi einsetzte, der widerum per Hackentrick wohl ein wenig zufällig auf den nachgerückten Pascal Groß weiterleitete. Aus kurzer Distanz konnte Groß den erneut aufmerksamen Vasilj nicht überwinden (25.).
Guirassy trifft und verschießt Elfmeter
Erstmals hinter sich greifen musste Vasilj in der 34. Minute, als Sabitzer den Ball mit links butterweich in Richtung langer Pfosten flankte. In der Mitte setzte sich Guirassy robust durch und köpfte unhaltbar zur Gäste-Führung ein. Und auch die nächste gefährliche Situation ging von Guirassy aus. Sein kluger Pass brachte Adeyemi in Position, der im Strafraum einen Haken schlug und von St. Paulis Eric Smith zu Fall gebracht wurde – Elfmeter. Seinen bis hierhin perfekten Auftritt krönte Guirassy aber nicht: Mit seinem schwach geschossenen Elfmeter scheiterte der Guineer an Vasilj (39.). Der Bosnier hat damit fünf seiner sechs Bundesliga-Elfmeter pariert.
Tor, dann verschossener Elfmeter: Serhou Guirassy
Das verhinderte zweite Dortmunder Tor machte den Hamburgern Mut. Sie knüpften nun wieder an ihre starken Anfangsminuten an. Mehr als ein paar Hereingaben und der ein oder andere ungefährliche Abschlussversuch sprangen aber nicht heraus.
Kovac wechselt doppelt, St. Pauli schlägt zu
Kovac, offensichtlich unzufrieden mit der Spielweise seiner Elf, wechselte zur Pause doppelt, brachte Brandt und Felix Nmecha für Adeyemi und den unauffälligen 30-Millionen-Neuzugang Jobe Bellingham. Und Brandt setzte sich direkt in Szene: Seinen Fernschuss in Richtung des rechten Winkels fischte Vasilj aus dem Eck.
Vasiljs Paraden waren umso wertvoller, weil St. Pauli nun endlich wieder selbst gefährlich wurde. Sinani durfte im Strafraum recht unbedrängt flanken, Hountondji übersprang Mane und köpfte ins linke Eck ein. Mathias Pereira Lage (65.) hätte nach sehenswerter Kombination über rechts gar den Führungstreffer erzielen können, fand aber in Kobel seinen Meister.
Vielversprechender Neuzugang: Hountondji überzeugt gegen den BVB
Mehr oder weniger aus dem Nichts war dann der BVB plötzlich wieder da. Joker Nmecha legte im Strafraum handlungsschnell auf Anton ab, dessen Schuss entscheidend abgefälscht im langen Eck landete. Brandt, ebenfalls auffälliger Joker, erhöhte wenig später nach einem langen Ball gar auf 3:1. Der hochveranlagte Offensivmann nahm den hohen Ball von Groß herrlich mit und verwertete mit dem zweiten Kontakt ins lange Eck – plötzlich schien die Partie zugunsten des BVB entschieden.
Sinani und Smith gleichen erneut aus
Doch ein Dortmunder Patzer brachte St. Pauli wieder ins Spiel. Mane zog Joker Ceesay bei dessen Nachschuss-Versuch direkt vor dem Tor am Trikot. Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck entschied nach Ansicht der Video-Bilder nachvollziehbarerweise auf Strafstoß und gab Mane die rote Karte. Sinani blieb vom Punkt cool und sorgte für eine ganz heiße Schlussphase. Und tatsächlich fiel sogar der Ausgleich noch: Smith zog im Fallen aus der Distanz ab und schweißte den Ball zum späten Ausgleich in die Maschen.
In der Nachspielzeit waren schließlich die Hamburger sogar näher dran am Sieg, ohne die ganz große Torchance zu haben. Viel bemerkenswerter aber: Die so ambitionierten Dortmunder konnten in den Schlussminuten keinerlei Akzente mehr setzen, sich nicht mehr aufbäumen. Der Druck auf die Verantwortlichen wird wohl weiter wachsen – es ist davon auszugehen, dass Sportdirektor Sebastian Kehl noch Neuzugänge präsentieren wird.
Hamburger-Derby im Volkspark, BVB empfängt Unioner
Am kommenden Freitag startet das Hamburger-Derby unter Flutlicht im Volkspark (20.30 Uhr). Borussia Dortmund empfängt Union Berlin am Sonntag (17.30 Uhr) und wird auf Wiedergutmachung aus sein.