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Die Ukraine ist ein wichtiger Getreidelieferant. Jetzt bedient sich Russland an den Ressourcen des Landes. Ein Teil davon landet in Syrien.

Kiew – Seien es seltene Erden, Bodenschätze oder Nahrungsmittel: Russland schöpft aus den besetzten Gebieten in der Ukraine ab, wo es nur kann. Für die Ukraine ist das nicht nur wegen der verlorenen Gewinne ein Problem, sondern auch, weil das Land langsam, aber stetig Verhandlungsmasse verliert. Einer der wichtigsten Sektoren ist die Landwirtschaft – hier greift Russland in erheblichem Maße zu.

Schaden für Ukraine, Gewinn für Russlands Wirtschaft – Kreml schöpft Getreide ab

Nach einer längeren Pause der Lieferungen hat Russland offenbar wieder damit begonnen, Getreide von ukrainischem Gebiet nach Syrien zu verschiffen. Der Getreidediebstahl Moskaus soll bereits 2014 begonnen haben, als Russland die Ukraine erstmals angriff, und nach der Invasion von 2022 hat sich das nicht geändert. Das berichtet das ukrainische Nachrichtenmedium Kyiv Independent unter Berufung auf die Journalistin Kateryna Yaresko. Yaresko arbeitet für das SeaKrime-Projekt, das illegalen Schifftransport des Kremls verfolgt.

„Regulärer bilaterale Handelsbeziehungen zwischen den russischen Besatzern und Syrien laufen nun“, zitierte Kyiv Independent Yaresko von ihrem Social-Media-Profil bei X. „Schiffsladungen gestohlenen ukrainischen Getreides an Syrien haben wieder den Betrieb aufgenommen.“ Im Jahr 2024 hatte Russland die Lieferungen eingestellt, weil die Regierung in Syrien zusammengebrochen war – aus Unsicherheit.

Kreml-Chef Wladimir Putin ließ die russische Armee die benachbarte Ukraine überfallen. Jetzt bedient sich Russland an den Ressourcen des angegriffenen Landes. Ein Teil davon landet in Syrien.Kreml-Chef Wladimir Putin ließ die russische Armee die benachbarte Ukraine überfallen. Jetzt bedient sich Russland an den Ressourcen des angegriffenen Landes. Ein Teil davon landet in Syrien. © Mikhail Metzel/Kremlin Pool

Russische Kräfte haben bereits Millionen von Tonnen an ukrainischem Getreide aus den besetzten Gebieten gestohlen, erklärte der ukrainische Verteidigungsminister Denys Shmyhal im Oktober 2024. Allein durch den Hafen von Mariupol sollen 180.000 Tonnen gestohlen worden sein. Darüber hinaus sollen die russischen Besatzungskräfte ukrainische Bauern in den besetzten Gebieten dazu zwingen, ihre Erzeugnisse deutlich unter Marktwert zu verkaufen.

Schattenflotte liefert Ukraine-Getreide – stößt im Schwarzen Meer aber auf Probleme

Für die Getreidelieferungen greift Russland auch auf die berüchtigte Schattenflotte zurück. Das zeigte ein prominenter Fall aus dem Sommer 2024, bei dem ukrainische Behörden auf der Donau einen Frachter festgesetzt hatten, der illegal Getreide transportiert haben soll. Dieses habe von der Krim-Halbinsel gestammt. Das auf die Auswertung von Schiffsdaten spezialisierte Portal Lloyd‘s List Intelligence gab an, es habe sich um die Usko Mfu gehandelt, ein Schiff, das unter der Flagge Kameruns unterwegs war und das zwischenzeitig sein Schiffs-Identifikationssystem abgeschaltet habe.

Laut Behördenmitteilung soll dieses Schiff zwischen 2023 und 2024 mindestens zweimal den Hafen Sewastopol angesteuert haben. Ukrainisches Recht verbietet allerdings einen Handel mit Gütern aus den besetzten Gebieten. Die Ukraine tut seit 2014 ihr Bestes, um die Häfen der Krim-Halbinsel für den Schiffsverkehr zu schließen.

Neben den Getreidelieferungen greift Russland auch nach anderen Rohstoffen innerhalb der Ukraine. Lieferungen mit Kohle aus ukrainischen Minen wurden ebenfalls bereits gesichtet. Um an diesen Rohstoff zu gelangen, nutzt der Kreml eine Kombination von verdeckten Enteignungen und Nutzung der Schattenflotte.

Schwäche der Ukraine beim Getreideverkauf – Russland nutzt das aus

Die Ukraine gilt seit langer Zeit als einer der wichtigsten Getreideproduzenten der Welt. Vor allem baut das Land Weizen, Mais und Gerste an. Im Februar 2024 konnte das Land eine Rekordmenge von 5,2 metrischen Tonnen Getreide, Ölsaat und anderer Agrarprodukte aus den Häfen um Odessa herum verschiffen. Das United States Department of Agriculture (USDA) ging davon aus, dass die Ukraine zwischen Januar und April 2024 rund 7,3 Millionen metrische Tonnen verschiffen konnte.

Im Verlauf des Kriegs schwächelten sowohl die Produktion als auch die Auslieferung. An beidem sind die direkten Kriegshandlungen schuld – bei der Auslieferung verlässt sich die Ukraine unter anderem auf den Seeweg über das Schwarze Meer, wobei bis 2023 die Schwarzmeer-Initiative für entsprechenden Schutz sorgte. Ein Ausfall der Ukraine als Lieferant würde die globale Nahrungsmittelversorgung riskieren.

Während der Westen darum extra auf Sanktionen gegen Russlands Agrarsektor zurückhielt, hat Russland kein Problem damit, die Kapazitäten der Ukraine zu behindern. Da die Ukraine eine Schwächung ihres Agrarsektors hinnehmen musste, nutzte Russland die Gunst der Stunde und verstärkte seine Ausfuhren.