Hamza Avsar ist am Freitagmittag aus der Abschiebehaft in Dresden entlassen worden. Mitstreiter vom sächsischen Flüchtlingsrat haben ihn vor dem Abschiebegefängnis in Dresden empfangen. Seit dem 17. Juni dieses Jahres saß der 48-Jährige mit ununterbrochener Videoüberwachung in Abschiebehaft. Die Behörden vermuteten, dass Avsar suizidgefährdet sei.

Zuerst wird Avsars Gesundheitszustand nach seinen 61 Tagen Hungerstreik gecheckt. „Die Ärzte sind in Bereitschaft und werden Avsar nach seinem langen Hungerstreik untersuchen“, berichtet der frühere Abgeordnete im sächsischen Landtag für die SPD der Berliner Zeitung. Die Zeitung hat in den vergangenen Tagen zweimal über die Abschiebehaft. Der Theologe spricht von „unhaltbaren Zustände im Dresdner Abschiebegefängnis“.

Avsar sollte nicht von unabhängigen Ärzten untersucht werden

Avsar saß in Deutschland bereits dreimal im Abschiebeflieger von Frankfurt am Main in die Türkei. Dem letzten Abschiebeversuch im Juni hatte er sich entzogen, indem er seinen Kopf gegen eine Betonwand schlug, wobei er sich schwer verletzte. Anschließend haben ihn sächsische Behörden als suizidgefährdet eingestuft und ihn zeitweise in gekachelten Spezialräumen ohne Bett gefangen gehalten.

Bis vergangene Woche hatten die sächsischen Behörden sich geweigert, Avsar von unabhängigen Ärzten im Krankenhaus untersuchen zu lassen. Nach Anfrage der Berliner Zeitung wurde dem Gefangenen nach 54 Tagen Hungerstreik am 14. August eine Untersuchung im Dresdner Krankenhaus Friedrichstadt ermöglicht. Dort machten die Ärzte ein Blutbild und checkten seinen Blutdruck.

Neue Dokumente überzeugten Richter von politischer Verfolgung

Avsar ist von türkischen Behörden verfolgt worden. Im Jahr 2019 kam er nach Deutschland, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hatte seinen Asylantrag im selben Jahr abgelehnt. Erst nachdem Avsars Rechtsanwalt in der Türkei kürzlich weitere Dokumente über seine zweimalige Inhaftierung in der Türkei dem Leipziger Verwaltungsgericht geschickt hatte, hat der Richter die Abschiebung ausgesetzt.

Die Beweise für Avsars politische Tätigkeit in der Türkei müssen nun vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge neu geprüft werden. „Denn erweisen sich die vorgelegten Unterlagen als echt, besitzt der Antragsteller einen Anspruch auf Anerkennung als Flüchtling“, schreibt der Vorsitzende Richter in seinem Beschluss.

Hamza Avsar hatte in der Türkei für die demokratische kurdische Partei gearbeitet, die sich heute DEM Parti nennt. Bekannt ist sie jedoch als „Partei für Emanzipation und Demokratie der Völker“ (HEDEP). Von ihr sitzen 57 Abgeordnete im türkischen Parlament in Ankara.