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Die ISS nutzt schwere, wartungsintensive Anlagen zur Sauerstoffproduktion. Ein Forschungsteam hat jetzt eine elegante Alternative entworfen.
Bremen – Verlässt man die Erde, findet man sich sehr schnell in einer lebensfeindlichen Region wieder: dem Weltall. Dort gibt es keinen Sauerstoff zum Atmen – ein Problem für jeden Menschen. Das führt dazu, dass die Raumfahrt immer auch lebenserhaltende Systeme benötigt. Befinden sich Menschen an Bord einer Raumkapsel, muss für Sauerstoff gesorgt sein – inklusive Backup-Plan. Das gilt natürlich auch für Raumstationen wie die ISS.
Im Weltall gibt es keinen Sauerstoff – wenn Menschen dort atmen wollen, müssen sie ihn mitbringen oder dort produzieren. (Symbolbild) © IMAGO/Depositphotos
Dort übernehmen derzeit schwere, wartungs- und energieintensive Systeme die Aufgabe, Sauerstoff zu produzieren. Auf der ISS funktioniert das, doch es ist keine brauchbare Lösung für Langzeitmissionen zum Mond oder zum Mars. Ein internationales Team um Forschende des Zentrums für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) der Universität Bremen hat nun im Fachjournal Nature Chemistry eine neue Lösung für die Herstellung von Sauerstoff im Weltall präsentiert.
Wie Sauerstoff im Weltall produziert wird
Sauerstoff wird im Weltall meist durch Wasserelektrolyse hergestellt. Wasser wird mithilfe elektrischer Spannung in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Auf der Erde steigen die dabei entstehenden Gasblasen einfach auf und entweichen aus der Flüssigkeit. In der Schwerelosigkeit ist das etwas anders: Die Gasblasen bleiben an den Elektroden haften oder bleiben in der Flüssigkeit. Das macht die Trennung von Gas und Flüssigkeit schwieriger und energieintensiver.
Auf der ISS werden komplexe Systeme aus Zentrifugen genutzt, um das Gas und die Flüssigkeit voneinander zu trennen. Doch diese Systeme verbrauchen viel Energie, ihre Wartung ist aufwändig und sie haben ein hohes Gewicht – sie sind also nicht unbedingt dafür geeignet, zum Mond oder Mars zu fliegen.
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Dem internationalen Forschungsteam ist es nun jedoch gelungen, das Problem relativ einfach zu lösen. Es fand heraus, dass Magnetfelder die Gasblasen in der Schwerelosigkeit gezielt von den Elektroden weglenken können. So wird die Trennung von Gas und Flüssigkeit in der Schwerelosigkeit deutlich einfacher. Handelsübliche Dauermagneten leiten die Blasen automatisch zu bestimmten Sammelpunkten – bewegliche Teile oder zusätzliche Energie werden dafür nicht benötigt.
„Wir konnten zeigen, dass es für die Trennung von Wasserstoff und Sauerstoff keine Zentrifugen oder mechanische Bauteile braucht – nicht einmal zusätzliche Energie. Das System funktioniert vollkommen passiv und ist sehr wartungsarm“, erklärt Katharina Brinkert, eine Mit-Autorin der Studie in einer ZARM-Mitteilung. Ömer Akay, der die Experimente im Bremer Fallturm durchführte, ergänzt: „Unsere Elektrolysezellen ermöglichen die Sauerstoff- und Wasserstoffproduktion aus Wasser in Schwerelosigkeit mit einer Effizienz, die der auf der Erde sehr nahe kommt.“
Raumfahrt-Problem gelöst: Effizienz der Elektrolyse in der Schwerelosigkeit gesteigert
Die Experimente des Forschungsteams konnten zeigen, dass magnetische Kräfte die Ablösung und Bewegung der Gasblasen deutlich verbessern. So kann die Effizienz der Elektrolysezellen um bis zu 240 Prozent gesteigert werden, wie es in der Mitteilung heißt. Wie es scheint, hat das Forschungsteam, dessen Projekt vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), der europäischen Weltraumorganisation Esa und der US-Raumfahrtorganisation Nasa gefördert wird, ein langjähriges Problem der astronautischen Raumfahrt gelöst.
Im nächsten Schritt soll das System auf Höhenforschungsraketen getestet werden. Und womöglich wird es eines Tages Menschen eine Langzeitmission auf dem Mond oder Mars ermöglichen. Wie auf den beiden Himmelskörpern unter Nutzung der vorhandenen Ressourcen Sauerstoff produziert werden kann, wissen Forschende bereits seit längerem. Auf dem Mars wurde es bereits ausprobiert. (tab)