Sehenswürdigkeit in Dresden
Meisterwerk aus Porzellan: Warum der „Fürstenzug“ aus Fliesen besteht
23.08.2025 – 10:40 UhrLesedauer: 2 Min.
Der „Fürstenzug“ in Dresden: Das Wandbild befindet sich an der Außenseite des Stallhofs. (Quelle: IMAGO/M. Popow/imago)
102 Meter lang, 23.000 Porzellanfliesen: Mitten in der Dresdner Altstadt hängt das größte Porzellanwandbild der Welt. Was es damit auf sich hat.
An einer Hauswand mitten in der Dresdner Altstadt prangen Markgrafen, Kurfürsten und Könige – seit über 100 Jahren, festgehalten in Tausenden Fliesen. Der „Fürstenzug“ an der Augustusstraße, unweit der Frauenkirche, ist mehr als ein Kunstwerk: Er ist ein öffentliches Geschichtsbuch aus Porzellan, für alle sichtbar und weltweit einzigartig.
Es ist eine Ahnengalerie der zwischen 1123 und 1904 in Sachsen herrschenden Wettiner. 35 Regenten hoch zu Ross sind auf den Fliesen zu sehen, begleitet von 59 weiteren Figuren, darunter Bauern, Wissenschaftler, Kinder und sogar zwei Windhunde. Jede Figur ist historisch sehr detailliert ausgestattet – mit Kleidung, Waffen und Ausrüstung ihrer jeweiligen Epoche. Die Namen der Regenten sind direkt unter ihren Darstellungen vermerkt.
Das ganze Werk soll einen Wandteppich darstellen. Oben wird er von 38 unterschiedlich gestalteten Befestigungsknöpfen an einer vom Künstler gedachten Wand gehalten. Unten zieren 38 große und 999 kleine Quasten das Bild.
Der „Fürstenzug“ erstreckt sich über eine Länge von etwa 102 Metern, rund zehn Meter ist das Bild hoch. Damit ist es das größte Porzellanwandbild der Welt. Im oberen Teil des Frieses befinden sich 18 Fenster, weshalb einige Fliesen nicht vollständig sind. So wurden rund 23.000 Fliesen verbaut. Für die umfangreichen Vorarbeiten wurden noch 2.000 Fliesen mehr benötigt, insgesamt wurden also etwa 25.000 Porzellanfliesen hergestellt.
Ursprünglich hatte der Historienmaler Wilhelm Walther den „Fürstenzug“ zur 800-Jahrfeier des Wettinischen Fürstenhauses an der Außenwand des Langen Ganges am Residenzschloss angebracht – als Sgraffito, bei dem Putzschichten abgekratzt werden. Doch die Dresdner Witterung setzte dem Kunstwerk bald zu.
Zwischen 1904 und 1907 wurde es deshalb vollständig auf Fliesen übertragen, gefertigt von der Porzellanmanufaktur Meißen. Jede einzelne misst 20,5 mal 20,5 Zentimeter. Auch Walther selbst wirkte bei der Umsetzung mit – und wurde am rechten Bildrand verewigt, neben seinem Sohn und den Gehilfen.
Bei der Produktion der Fliesen kam erstmals ein neues Verfahren in der Porzellanmanufaktur zum Einsatz: Die Fliesen wurden zunächst trocken gepresst, bei 1.380 Grad gebrannt und später auf das Normalmaß geschliffen. Danach wurden sie mit einer Grundfarbschicht überzogen und nochmals gebrannt. Anschließend übertrugen Porzellanmaler das Bild auf die Fliesen. Um die Fliesen haltbar zu machen, wurden sie noch ein drittes Mal gebrannt. Die Porzellanmanufaktur Meißen benötigte für die einzelnen Brennvorgänge mehrere Brennöfen.
Obwohl Dresden im Februar 1945 fast vollständig zerstört wurde, überstand der „Fürstenzug“ die Bombardierung weitgehend unbeschadet. In den Jahren 1978 und 1979 fand eine umfassende Restaurierung des Wandbildes statt, bei der Verschmutzungen und Feuerspuren chemisch entfernt und 654 im Krieg beschädigte Kacheln (212 stark und 442 mäßig beschädigte Fliesen) rekonstruiert wurden.