Es war ein großer Zuchterfolg für den Tiergarten der Stadt Nürnberg: Nach mehr als 20 Jahren ist im Oktober 2023 wieder ein Harpyien-Küken geschlüpft.

Das junge Weibchen mit dem Namen Amaya wurde von seiner Mutter Evita fürsorglich aufgezogen und hat sich sehr gut entwickelt, wie die Stadt Nürnberg mitteilt. Bislang lebte Amaya hinter den Kulissen – nun ist sie in eine der Greifvogelvolieren umgezogen und dort auch für Besucherinnen und Besucher zu sehen.

Der stärkste Greifvogel der Welt

Harpyien gelten als die stärksten Greifvögel der Welt und in verschiedenen Kulturen als mythische Wesen. Sie leben in den Regenwäldern Süd- und Mittelamerikas und ernähren sich von größeren Säugetieren wie zum Beispiel verschiedenen Affenarten, Faultieren, Opossums, Baumstachlern oder Ameisenbären. Harpyien können bis zu 40 Jahre alt werden.

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Die Zucht von Harpyien (Harpia harpyia) ist sehr anspruchsvoll. Zunächst muss sichergestellt werden, dass Männchen und Weibchen miteinander harmonieren. Die Zusammenführung erwachsener Vögel, wie im Fall von Amayas Eltern, Jorge und Evita, ist jedoch nicht ohne Risiken und erfordert ein tiefes Verständnis ihres Verhaltens.

Sensible Phase

„Gerade in dieser sensiblen Phase ist es entscheidend, die Tiere genau zu beobachten und ihre Signale richtig zu deuten“, erklärt Tierpflegerin und Revierleiterin Susann Müller, die die Harpyien seit Jahren kennt und ihr Verhalten sehr gut interpretieren kann.

Vor diesem Hintergrund wurde auch die Zuchtvoliere im Betriebshof des Tiergartens umgebaut und eine Art „Kennenlern-Arena“ geschaffen. Dieser Umbau legte die Grundlage für den späteren Erfolg.

Auch die Brut selbst ist sehr herausfordernd, da Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Ei entscheidend für die Entwicklung des Embryos sind. Amaya ist das erste Küken in Nürnberg seit 2002, das von den Altvögeln selbst ausgebrütet wurde. Sie ist zugleich der erste Nachwuchs des Paares Evita und Jorge, das seit 2020 zusammenlebt.

Mit der Pinzette füttern

In den ersten Tagen nach dem Schlupf unterstützten Tierpflegerinnen und Tierpfleger die Aufzucht, indem sie das Küken mit der Pinzette fütterten. Schließlich kümmerte sich Evita selbstständig um ihren Nachwuchs. „Amaya hat sich sehr gut entwickelt. Sie ist sehr neugierig und zeigt ein ausgeprägtes Spielverhalten. Wir haben uns viele Beschäftigungsprogramme einfallen lassen, um ihr Abwechslung und immer wieder neue Herausforderungen zu bieten“, sagt Tierpfleger Philip Helm.

Amaya bringt es inzwischen auf 7,7 Kilogramm und hat damit schon das Gewicht und die Größe ihrer Mutter erreicht. Harpyien-Weibchen können bis zu neun, Männchen bis zu sieben Kilogramm schwer werden. Dass es sich bei Amaya um einen Jungvogel handelt, ist unter anderem am überwiegend hellem Brustgefieder und dem weißen Kopf zu erkennen. Erst im Erwachsenenalter verfärben sich das Brustschild schwarz und der Kopf grau.

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Bislang teilte sich Amaya eine Zuchtvoliere mit ihrer Mutter Evita im Betriebshof des Tiergartens. Vater Jorge lebte nebenan. „Mutter und Tochter haben sich noch gut vertragen. Es hat sich aber angedeutet, dass sie sich langsam voneinander lösen. Außerdem möchten wir unser Pärchen Evita und Jorge wieder zusammenlassen“, erläutert Philip Helm.

Durch den Umzug eines Bartgeierpaars in die Außenstelle des Tiergartens Gut Mittelbüg ist nun eine passende Voliere im öffentlichen Bereich frei geworden. Dort hat sich Amaya gut eingelebt.

HK