Vier unscheinbare Ausleger an der Theodor-Heuss-Brücke zwischen Mainz und Wiesbaden bilden die Grundlage für eine der wichtigsten Messstationen entlang des Rheins: der Rheinwasser-Untersuchungsstation Mainz-Wiesbaden. Von hier werden laufend Wasserproben entnommen, und das seit fast 50 Jahren. 40 Liter pro Minute werden so ständig in die Station gepumpt.
Unterirdisch werden sie zum Mainzer Ufer geleitet, um dort in allerlei Schläuchen, Gefäßen und Gefrierschränken zu landen. „Die Proben zeigen den Rheinquerschnitt“, erklärt Dr. Andreas Schiwy, Leiter der Rheingütestationen in Mainz und Worms. Erbaut wurde die Station 1976, ein Jahr nach dem Bau der BASF-Kläranlage in Ludwigshafen.
Sedimente und Rückstände aus dem Main
Als Frühwarnsystem für die Industrie wurde sie aber inzwischen abgelöst: Seit rund 30 Jahren übernimmt das die Station in Worms. Den Ausschlag gegeben hatte unter anderem die Sandoz-Katastrophe im Jahr 1986, bei der ein großes Fischsterben entlang des Rheins eingesetzt hatte. Seitdem gibt es im ganzen Rheins Messstationen, die unterschiedliche Schwerpunkte haben.
So sind auch in Mainz in den letzten Jahren andere Parameter als noch vor 50 Jahren wichtig geworden. Einen großen Einfluss spielt hier der Main, der eine Vielzahl an unterschiedlichen Sedimenten und Rückständen in den Rhein einträgt, sagt Schiwy.
Jeden Tag werden sowohl Stichproben als auch Mischproben entnommen, also Wasserproben von mehreren Tagen. Darüber hinaus werden Proben für mindestens 24 Tage aufbewahrt. Bei bestimmten Ereignissen werden noch einmal genaue Proben entnommen, etwa bei Öl auf dem Wasser, wenn Pflanzenschutzmittel aus der Landwirtschaft im großen Umfang in den Rhein gelangt sind oder bei Starkregen.
Je schmutziger der Rhein, desto teurer die Aufarbeitung
„Alle paar Jahre ändert sich das Messprogramm“, so Schiwy. Dabei würden die Mainzer Behörden mit der Schweiz und den Niederlanden eng zusammenarbeiten. „Die Niederländer haben ein großes Interesse daran, dass der Rhein nicht so dreckig ist, denn sie filtern und trinken es. Und je schmutziger der Rhein ist, desto höher werden die Kosten für die Aufbereitung.“ So werde etwa besonders auf den Nitratgehalt im Rheinwasser geachtet, der aus der Landwirtschaft stammt. „Wenn das Trinkwasser zu hohe Mengen an Nitrat enthält, wird es toxisch“, so Schiwy. Momentan sei der Wert eher gering, da im August nur wenig gedüngt werde. Aber in Phasen, in denen viel gedüngt wird, werde es vor allem ins Grundwasser abgeschwemmt.“
Stoffe, die sich ständig ändern und die leicht löslich sind, zum Beispiel von der Schifffahrt, werden täglich gemessen. Darunter zählt etwa das Antiklopfmittel, das als Zusatzstoff auch dem Brennstoff von Schiffsmotoren beigesetzt wird. Darüber hinaus werden beispielsweise die Trübung des Wassers, der Sauerstoffgehalt, die Leitfähigkeit sowie die Temperatur gemessen. Beträgt diese mehr als 25 Grad, spricht das Landesamt für Umwelt die erste Warnstufe aus.
Mikro- und Nanoplastik als großes Problem
Zwar würden sich keine gefährlichen Chemikalien mehr im Wasser finden, doch ein großes Problem sei in den vergangenen Jahrzehnten dazugekommen: Mikro- und Nanoplastik. Mikroplastik könne etwa den Magen von Wassertieren verstopfen. „Noch problematischer ist Nanoplastik, denn das kann nicht mehr aus dem Wasser entfernt werden“, so Schiwy. „Und da der Plastikverbrauch weiter steigt, wird sich die Menge an Partikeln kaum reduzieren in den nächsten Jahren.“ Ähnliches gelte für „ewige Chemikalien“ wie PFAS. Diese Werte würden immer weiter ansteigen, ebenso wie bestimmte Medikamente.
Eine Messung von Mikroplastik sei allerdings schwierig, sagt Schiwy. „Die Partikel aus dem Wasser zu sieben und zu bewerten, wäre enorm aufwändig.“ Daher wird der Mikroplastikanteil im Rhein an der Station in Mainz nicht gemessen.
Insgesamt sei der Rhein in Rheinland-Pfalz, verglichen mit anderen Bundesländern, aber in einem guten Zustand, was seine Sauberkeit betreffe. „In einem Drittel der rheinland-pfälzischen Gewässer ist der Zustand ordentlich“, sagt Schiwy. „Aber der Rhein ist immer noch eine Bundeswasserstraße. Auf einer Autobahn würde ja auch kein Feldhamster wohnen.“
Hintergrund
Die Rheinwasser-Untersuchungsstation (RUSt) wird gemeinsam von beiden Bundesländern links und rechts des Rheins betrieben: dem Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) und dem Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz (LfU). Mehr Infos zur Station gibt es auf der Webseite.