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Eine neue Studie vergleicht das verfügbare Einkommen von Bürgergeld-Empfängern und Mindestlohn-Arbeitern. München rückt in den Fokus.
München – Eine aktuelle Untersuchung zum Bürgergeld zeigt, dass Menschen, die Vollzeit zum Mindestlohn arbeiten, deutlich mehr finanzielle Mittel zur Verfügung haben als Bürgergeldempfänger. Dies gilt sowohl für Alleinstehende als auch für Alleinerziehende und Paare mit Kindern in allen Teilen Deutschlands, wie das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung darlegt.
Laut einer neuen Bürgergeld-Studie ist der Abstand zu Mindestlohn-Verdienern in München am geringsten. (Collage aus Archivbildern) ©
IMAGO / Christian Offenberg//Imago/CHROMORANGE
Das WSI widerspricht mit dieser Studie der Annahme, das Bürgergeld sei so hoch, dass es den Anreiz für gering entlohnte Arbeit mindere. Die Berechnungen basieren auf dem aktuellen Mindestlohn von 12,82 Euro pro Stunde. Dabei wurde berücksichtigt, dass Personen mit einem so niedrigen Einkommen möglicherweise zusätzlich Sozialleistungen wie Wohngeld, Kindergeld oder Kinderzuschlag erhalten. Die Beispiele beziehen sich auf eine Vollzeitarbeit, die im Durchschnitt etwa 38,2 Stunden pro Woche umfasst.
Bürgergeld-Studie deckt Abstand zu Arbeit für Mindestlohn auf – drei Szenarien untersucht
Drei Szenarien wurden berechnet: Ein alleinstehender Mann, der zum Mindestlohn arbeitet, erzielt laut Berechnungen ein Bruttoeinkommen von 2.121,58 Euro monatlich. Nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben verbleiben ihm 1.546 Euro. Zusammen mit einem rechnerischen Anspruch auf 26 Euro Wohngeld ergibt sich ein verfügbares Einkommen von 1.572 Euro.
Im Vergleich dazu erhält ein Bürgergeldempfänger 563 Euro als Regelsatz und 451,73 Euro für die Unterkunft, was insgesamt 1.015 Euro ergibt – 557 Euro weniger als beim Mindestlohn. Selbst unter Berücksichtigung des Rundfunkbeitrags von 18,36 Euro bleibt eine Differenz von über 500 Euro.
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Das zweite Beispiel betrifft eine alleinerziehende Mutter mit einem fünfjährigen Kind. Sie würde in Vollzeit mit Mindestlohn netto 1.636 Euro verdienen. Mit Kindergeld, Kinderzuschlag, Wohngeld und Unterhaltsvorschuss käme sie auf 2.532 Euro. Im Bürgergeld wären es laut WSI mit den Regelsätzen für Mutter und Kind, dem Mehrbedarf für Alleinerziehende, den Unterkunftskosten und dem Sofortzuschlag 1.783 Euro, also 749 Euro weniger.
Im dritten Fall handelt es sich um ein Ehepaar mit einem Verdiener zum Mindestlohn und zwei Kindern im Alter von fünf und 14 Jahren, das im Bürgergeld 660 Euro weniger hätte, wie die Experten berechneten.
Regional variiert der Lohnabstand, was auf die Mietkosten zurückzuführen ist. Im Landkreis München, in Dachau und in der Stadt München ist der Lohnabstand bei einem Single-Haushalt mit 379 bis 444 Euro am geringsten. In Nordhausen und dem Vogtlandkreis ist er mit 662 und 652 Euro am größten.
Bürgergeld oder Mindestlohn? Studie bestätigt andere Berechnungen
„Die Zahlen dieser Studie zeigen erneut, dass Bürgergeldempfänger*innen unabhängig vom Haushaltstyp und von der Region, in der sie wohnen, weniger Geld haben als Erwerbstätige, die zum Mindestlohn arbeiten“, betonte WSI-Direktorin Bettina Kohlrausch. Zudem werde deutlich, mit wie wenig Menschen im Bürgergeld auskommen müssten. „Die Behauptung, sie wollten nicht erwerbstätig sein, weil sich mit dem Bürgergeld gut leben lasse, ist sachlich falsch und stigmatisierend.“
Anstatt die Höhe des Bürgergelds zu ändern, sei es notwendig, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Auch die Qualifizierung von erwerbsfähigen Bürgergeldempfängern wäre hilfreich, fügte sie hinzu.
Die Ergebnisse der WSI-Studie stimmen mit anderen Untersuchungen überein. 2023 äußerte auch Michael Hüther, der Leiter des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft, dass trotz der damaligen Erhöhung des Bürgergelds das Lohnabstandsgebot eingehalten werde. Hüther kritisierte jedoch, dass sich Mehrarbeit im Niedriglohnsektor oft nicht lohne. (dpa/rjs)