Berlin – Das Musical „Cabaret“ erinnert an den Hass von damals, der Deutschland zerstörte und Millionen Juden den Tod brachte. Direkt neben dem Spielort bleiben die Kämpfer gegen Israel versammelt. Das ist eine gruselige Szenerie.

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Die Show im Tipi am Kanzleramt muss man gesehen haben. Bis zum 2. Oktober ist hier jeden Abend das Musical „Cabaret“ auf der Bühne, mit hervorragenden Schauspielern. Sally Bowles wurde lange nicht mehr so gut gespielt wie von Lara Hofmann. Oliver Urbanski füllt die Rolle des Conférencier ganz fantastisch mit Charisma, Eleganz, starker Mimik und Humor.

Die Geschichte führt ins Berlin der frühen 1930er Jahre: Die Nationalsozialisten drängen an die Macht, und ein nie dagewesener Hass auf Juden bricht sich Bahn. Grundlage der Handlung ist Christopher Isherwoods Roman „Goodbye to Berlin“.

Im Stück tritt er als Clifford Bradshaw auf, und aus seiner Sicht wird die Geschichte erzählt. „Wenn du nicht dagegen bist, bist du dafür“, sagt Clifford Bradshaw hinsichtlich der nationalsozialistischen Grausamkeit. Das Publikum applaudiert zustimmend, ein Mann hinter mir springt auf und klatscht frenetisch Beifall. Auch der berühmte Tanz mit dem Affen („If you could see her through my eyes“), diese flehende Bitte um Toleranz und Menschlichkeit angesichts der aufkommenden Gewalt, berührt alle im Saal ganz tief.

Und das passiert nur 100 Meter vor dem Tipi

Cabaret ist nicht nur eine künstlerische Höchstleistung, sondern auch eine Erinnerung an die Katastrophe unserer Geschichte vor 95 Jahren.

Die Ergriffenheit des Publikums aber kollidiert mit dem, was nur hundert Meter vor dem Tipi geschieht: Dort campieren Palästinenser und deutsche Linksextremisten. „Israel will never be“, schreien sie, und „From the river to the see“ oder sogar: „7. Oktober ein neuer Sieg“.

Das Palästina-Camp vor dem Bundeskanzleramt. Das Camp wurde zunächst aufgelöst, darf nun aber wieder dort aufgestellt sein, wie ein Gericht entschied

Das Palästina-Camp vor dem Bundeskanzleramt. Das Camp wurde zunächst aufgelöst, darf nun aber wieder dort aufgestellt sein, wie ein Gericht entschied

Foto: michael körner

Sie wollen Israel vernichten, das Land, das den Juden weltweit Schutz bietet, nachdem sie jahrhundertelang verfolgt und ermordet wurden. Und einige dieser Leute in den Zelten rechtfertigen sogar das Massaker vom 7. Oktober 2023, als die Hamas in Israel einmarschierte und mindestens 1200 Juden und andere Bürger Israels ermordete. Es war das größte Pogrom seit 1945.

Während also im Tipi an den Hass von damals erinnert wird, der Deutschland zerstörte und Millionen Juden den Tod brachte, erleben wir draußen neuen Hass – wieder gegen Juden, die sich in Berlin deshalb längst nicht mehr sicher fühlen. Jahrzehntelang haben wir uns geschworen: Nie wieder! Und jetzt können wir dieses Versprechen nicht halten?

Wir werden zurückgeworfen

Es ist gruselig: „Cabaret“ bringt den furchtbaren Untergang der Freiheit, der Schönheit und der Kultur auf die Bühne. Die Zuschauer sind tief bewegt. Sie tragen die Botschaft nach Hause: „So war es, das darf nie wieder geschehen!“ Doch sie gehen achselzuckend am Camp vorbei, wo der neue Hass auf Juden geschürt wird.

Hinter dem Kampf gegen Israel steckt unverkennbar der Islamismus, der jetzt erstarkt und über unsere Straßen zieht. Der Islamismus richtet sich gegen all das, was in Cabaret gefeiert wird: gegen die Rechte der Frauen, gegen die sexuelle Selbstbestimmung, gegen die Freiheit.

Wir werden zurückgeworfen. Strömungen werden stärker, die die Menschenwürde wieder mit Füßen treten, wie 1933, nur jetzt von anderer Seite. Wir müssen dieser Gefahr – die uns alle betrifft und nicht nur die Juden – entgegentreten. Noch ist es nicht zu spät.

Hat Gunnar Schupelius recht? Schreiben Sie an: gunnar.schupelius@axelspringer.de