»Kantine Zukunft Berlin« und »Kantine Zukunft Brandenburg« –so hießen zwei der Projekte, die die Firma Speiseräume schon geleitet hat. Sie ist mit ihren »Urban Food Concepts« nun in Sachsen tätig, und zwar im Auftrag des Sächsischen Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, das bis 2027 1,8 Millionen Euro dafür bereitstellt. Das Projekt heißt nun nicht »Kantine Zukunft Sachsen«, sondern: Stadt-Land-Küche. Seine Aufgabe ist es, sächsische Gastronomiebetriebe bei der Entwicklung eines zukunftsfähigen Speiseangebots zu begleiten und zu beraten, um nachhaltige Ernährungsstrategien zu fördern. Regionale und bio-regionale Lebensmittel sollen die Grundlage bilden. Die Form der Gastronomie ist egal: Stadt-Land-Küche kann die Beratung an die Schnellgastronomie, die Gemeinschaftsverpflegung oder die Individualgastronomie anpassen. »Die Institutionen und Einrichtungen sahen Handlungsbedarf. Das Essverhalten der Gäste ist im Wandel, darauf müssen die Küchen reagieren«, sagt Philipp Stierand, der Leiter des Projekts und seit 15 Jahren unterwegs in Sachen kommunale und regionale Ernährungspolitik.
Ihm zufolge wurde in Berlin und Brandenburg der Bioanteil der Speisekarten im Schnitt auf sechzig Prozent gesteigert – ohne Preiserhöhungen. Das Stadt-Land-Küche-Team besteht aus Vertreterinnen und Vertretern der Ernährungswissenschaft und der Ökotrophologie (interdisziplinäres Fach aus Ernährungs- und Haushaltswissenschaft) auf der einen Seite, Köchinnen und Köchen sowie Restaurantleiterinnen und -leitern auf der anderen. Die wissenschaftlichen und praktischen Expertinnen und Experten forschen und bilden, vernetzen und beraten – und begleiten die konkrete Umsetzung vor Ort. Damit das auch funktioniert, wurde eine Trainingsküche eingerichtet, in der Teams in Workshops gemeinsam mit Coaches an der Umsetzung nachhaltiger und qualitativ hochwertiger Speiseangebote arbeiten. In Leipzig hat man dafür gleich eine ganze Kantine: auf dem Gelände der Plagwitzer Markthalle, wo auf dem Samstagsmarkt regionale Lebensmittel verkauft werden. Hier und teilweise in regionalen Erzeugerbetrieben vor Ort bietet Stadt-Land-Küche neben den Workshops Beratungen und Netzwerktreffen für Gastronomiebetriebe an, um sie fit zu machen für eine nachhaltige und regionale Küche. Die soll schmecken und auch noch bezahlbar sein, was gerade bei Gemeinschaftsküchen ein großes Thema, wenn nicht sogar zentrales Problem ist. Genau da setzt die kostenfreie Beratung an: Wie kann ich meine Küche nachhaltiger ausrichten, mit hochwertigeren und frischeren Zutaten, und gleichzeitig wirtschaftlich bleiben? Diese »nachhaltige Transformation« soll mithilfe von vier Bausteinen erfolgen: Einkauf, Angebot, Kochen sowie Team- und Prozessorganisation.
Im Einkauf liegt der Gewinn – diese alte Weisheit aus der Buchhaltung gilt auch hier. So sollte der Einkauf von Fertig- und Halbfertigprodukten vermieden, stattdessen der Anteil noch nicht verarbeiteter saisonaler und regionaler (Bio-)Lebensmittel gesteigert werden. Für die Kosteneinsparung sollten immer auch die regionalen Lieferstrukturen im Blick behalten werden. Das Angebot an Lebensmitteln bestimmt den Einkauf und die Wirtschaftlichkeit. Gesund und nachhaltig sollen die Gerichte sein, und das bringt nicht per se eine Kostensteigerung mit sich, sondern birgt eher Einsparmöglichkeiten: Legt man das Augenmerk auf pflanzliche Rohstoffe,fährt also Fleisch auf ein Minimum zurück, lässt sich Geld sparen und die Speisen sind möglicherweise gesünder. Saisonales, gesundes Kochen hört sich gut an. Es lassen sich jedoch nicht alle Produkte beim Großhandel bestellen. Saisonales Kochen benötigt also ein bestimmtes Fachwissen und vorausschauendes Handeln, um den wirtschaftlichen Effekt zu erreichen. Das Gute dabei: Die Verarbeitung saisonaler Produkte aus der Region ist günstiger und die kürzeren Wege reduzieren Lebensmittelabfälle. Für Leipzigs Gastronomie könnte Stadt-Land-Küche bedeuten: Gestützt auf fundierte Beratung und Schulung, können Catering und Gastronomiebetriebe zum Ausbau des regionalen Angebots beitragen. Der praxisnahe Ansatz verspricht schnelle Ergebnisse. Gut ist sicher auch, dass die Projektverantwortlichen von außen auf Sachsen blicken, wo vielleicht der eine oder andere eine gewisse Betriebsblindheit entwickelt hat.