„Wein zu trinken gehört zum Stuttgarter Weindorf einfach dazu“, sagt Gerhard Hofmann lächelnd. Der 88-Jährige ist gebürtiger Stuttgarter und besucht das Fest fast jedes Jahr. Seine Begleiterin Susanne Eberlein sieht das allerdings anders: „Ich mag den Geschmack von Alkohol nicht und würde mir mehr alkoholfreie Alternativen wünschen“.

Und tatsächlich: Wer durch die Lauben zwischen Marktplatz und Schillerplatz schlendert, entdeckt längst nicht mehr nur Trollinger und Riesling, sondern auch Lavendel Spritz, Johannisbeer-Schorle oder Rieslingbrause ohne Alkohol.

Seit Jahrzehnten ein Klassiker – heute auch mit Spritz und Schorle

Seit 49 Jahren zählt das Weindorf zu den festen Terminen im Stuttgarter Veranstaltungskalender. Veranstaltet vom Bürgerverein Pro Stuttgart e. V., lockt es unzählige Besucher aus Stuttgart und der Region in die Innenstadt, so der Veranstalter. Dieses Jahr dauert das Fest erstmals 17 Tage – vom 21. August bis zum 6. September.

Bei der Laube „Lieblingsplatz“ vom Wirt Camus Aydin gehören die hauseigenen Limonaden – etwa Holunder mit Minze oder Himbeer-Zitrone für 5,50 Euro – zu den Bestsellern. Auch Aperol und der Lavendel Spritz für 8,50 Euro, wahlweise alkoholfrei, sind gefragt. „Unter der Woche und am Sonntag greifen viele Gäste eher zu alkoholfreien Varianten. Am Samstag kann es dagegen vorkommen, das junge Leute um die 25 gleich mehrere Flaschen Wein bestellen“, erzählt Camus Aydin.

Von Bränden über Cider bis zu Wein-Slushy

Wirt Michael Schmücker vom „Schmücker’s Ox“ setzt auf ein breites Sortiment: Brände, Schnäpse, Aperol und Hugo, dazu Cider und alkoholfreier Sparkling Rosé. Die Bandbreite zeigt sich auch bei den Preisen: Eine Johannisbeer-Holunder-Limonade gibt es für 4 Euro, den Quittenlikör für 4,50 Euro, einen Aperol Spritz für 8,50 Euro. „Den Leuten ist die Qualität der Getränke und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis sehr wichtig“, erklärt der Wirt.

Aperol Spritz ist zu einer beliebten Alternative geworden. Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

In „Schillers Mitte“ wiederum betont Wirt Alexander Neuberth, dass die Spritzgetränke bewusst weinhaltig bleiben: „Das Weindorf soll nicht zur Cocktailbar werden.“ Neben Pink Grapefruit Spritz und einem Wein-Slushy Frosé für jeweils 9 Euro gibt es alkoholfreie Alternativen wie Rieslingbrause (6,50 Euro) oder Teinacher Genusslimonade (4,50 Euro). „Die Besucher trinken bewusster als vor einigen Jahren und greifen häufiger zu alkoholfreien Varianten“, so Neuberth.

Kein Alkohol oder doch ein Muss?

Die 55-jährige Susanne Eberlein trinkt grundsätzlich keinen Alkohol. „Ich mag den Geschmack einfach nicht – brauche deshalb auch keine alkoholfreien Weine oder Sekte“, sagt sie. Auf dem Weindorf wünscht sie sich vor allem eines: „Es sollte mindestens genauso viele antialkoholische wie alkoholische Getränke geben – und die sollten nicht teurer sein.“

Ihr Begleiter Gerhard Hofmann lebt eigentlich in der Karibik, ist aber fast jedes Jahr auf dem Weindorf, wenn er in Stuttgart seine Familie besucht. „Eigentlich ist ein Glas Wein hier ein Muss“, sagt der frühere Gastronom. Er möchte sich später ein Achtel und ein Wasser bestellen.

Wein bleibt, Alternativen werden immer beliebter

Mit einem Lächeln fügt er hinzu: „Früher war ein Achtel etwas für ältere Damen – da hat man sich geschämt, so etwas zu bestellen.“ Aber die Zeiten würden sich eben ändern. Wie sehr die Zeiten sich geändert haben, zeigt auch die Getränke-Karte vieler Weindorf-Lauben: Neben dem Achtel sind heute Lavendel Spritz, Limonaden und Rieslingbrause zu den Bestsellern geworden.