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Brustkrebs-Medikament Tamoxifen kann – selten – Gebärmutterkrebs verursachen. Das haben Forschende der Berliner Charité entdeckt.
Berlin – Millionen Frauen weltweit vertrauen auf Tamoxifen. Das Medikament rettet seit den 1970er Jahren Leben von Brustkrebspatientinnen. Doch das gleiche Medikament, das eine Brust heilen kann, kann in seltenen Fällen eine Gebärmutter bedrohen. Ein internationales Forschungsteam hat jetzt erstmals entschlüsselt, warum das so ist.
Das Krebsmedikament Tamoxifen gibt der Medizin Rätsel auf – die nun teilweise entschlüsselt werden konnten (Symbolbild). © IMAGO/imageBROKER/Lilly
Forschende um Prof. Kirsten Kübler vom Berlin Institute of Health von der Berliner Charité machten eine überraschende Entdeckung: Tamoxifen aktiviert in der Gebärmutter einen wichtigen Tumorsignalweg namens PI3K-Signalweg direkt. Das ist anders als bei normalem Krebs, wo Mutationen diese Signalwege erst krankhaft verändern müssen.
Medikament sollen Gebärmutterhalskrebs auslösen
„Unsere Ergebnisse zeigen erstmals, dass die Aktivierung eines tumorfördernden Signalwegs durch ein Medikament möglich ist und eine molekulare Erklärung dafür liefert, wie ein sehr erfolgreiches Krebsmedikament paradoxerweise selbst Tumoren in einem anderen Gewebe begünstigen kann“, erklärt Prof. Kübler gegenüber dem Informationsdienst Wissenschaft (IDW Online).
Die Forschenden untersuchten 21 Tamoxifen-bedingte Gebärmutterkrebsfälle und verglichen sie mit normalem Gebärmutterkrebs. Das Ergebnis war verblüffend: In den Tamoxifen-Tumoren fehlten die typischen Genmutationen, die sonst bei Gebärmutterkrebs auftreten. Stattdessen übernimmt das Medikament selbst die Rolle dieser Mutationen. „Tamoxifen umgeht die Notwendigkeit genetischer Mutationen im PI3K-Signalweg, einem der wichtigsten Treiberwege bei Gebärmutterkrebs, indem es direkt den Stimulus für die Tumorentwicklung liefert“, so Kübler weiter.
Studie zeigt: Das sind die gesündesten Lebensmittel der WeltFotostrecke ansehenMedikament macht Mutationen überflüssig für Tumorentwicklung – Risiko bleibt gering
Die Studie, die in der renommierten Fachzeitschrift Nature Genetics veröffentlicht wurde, zeigt: Das Risiko für Gebärmutterkrebs unter Tamoxifen-Therapie ist insgesamt sehr gering. Auch im Portal des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte BIMDI wird das Risiko eines sogenannten Uterussarkoms – eine seltene Krebsform der Gebärmutter – als selten eingeschätzt.
Der Nutzen des Medikaments überwiegt damit laut Angaben deutlich. Trotzdem eröffnet die Entdeckung neue Möglichkeiten für bessere Therapiesicherheit. Die neuen Erkenntnisse schaffen einen Ausgangspunkt für personalisierte Präventions- und Interventionsstrategien. Künftig könnten Ärztinnen und Ärzte das individuelle Risiko ihrer Patientinnen besser einschätzen und entsprechende Vorsorgemaßnahmen treffen.
Das Forschungsteam will nun untersuchen, ob ähnliche Mechanismen auch bei anderen Medikamenten eine Rolle spielen. Die Entdeckung könnte das Verständnis für therapiebedingte Nebenwirkungen grundlegend verändern. Auch bei einem gängigen Schmerzmittel wurden neue Nebenwirkungen gefunden. (kat)
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