Analyse | Herthas Unentschieden in Darmstadt
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Schon viel besser, aber noch nicht gut genug
So 24.08.25 | 20:18 Uhr | Von Lukas Witte
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Audio: rbb24 Inforadio | 24.08.2024 | Philipp Hofmeister | Bild: imago images/HMB-Media
Nach den enttäuschenden Auftritten zum Saisonauftakt hat Hertha in Darmstadt ein anderes Gesicht gezeigt. Trotzdem reichte die Leistungssteigerung am Ende weder für den ersten Sieg noch als Basis, um künftig ganz oben mitzuspielen.
Eigentlich sind es genau solche Momente, für die Fabian Reese gemacht ist. In der achten Minute der Nachspielzeit war der Hertha-Kapitän frei durch, hatte den sicheren Siegtreffer auf dem Fuß und musste den Ball eigentlich nur noch am Keeper vorbeischieben, um wie schon so oft zum gefeierten Helden zu werden.
Doch stattdessen verfolgte er mit fassungslosem Blick, wie die Kugel haarscharf am linken Pfosten vorbeirollte und der erste Saisonsieg dahin war.
„In der Vergangenheit habe ich den Ball in so einer Situation sehr oft reingemacht. Jetzt habe ich auch mal die Negativerfahrung gemacht. Eine bittere Geschichte“, zeigte sich der Star von Hertha BSC nach der Partie enttäuscht. Es war die Szene, die die vielen Berliner Chancen in Darmstadt krönte. Doch den Siegtreffer hätten vor ihm bereits andere schießen können.
Zum Beispiel Maurice Krattenmacher, der eigentliche Pechvogel des Tages. Einmal rutschte er unglücklich über den Ball, einmal traf er den Pfosten und dann wurde ein schöner Treffer wegen Abseits in der Entstehung zurückgepfiffen. Oder Jon Dagur Thorsteinsson, dessen Kopfball nur gerade so noch von der Linie gekratzt werden konnte.
Trotz eines xGoal-Wertes von 1,8 ging Hertha am Ende torlos aus der Partie. Es war die schwächste Chancenverwertung eines Teams in der bisherigen Zweitligasaison. Mit dem 0:0-Endstand war Trainer Stefan Leitl dementsprechend nicht besonders zufrieden. „In Summe hatten wir die besseren Möglichkeiten und hätten speziell in der ersten Hälfte in Führung gehen müssen“, sagte er nach dem Abpfiff.
Endlich Torgefahr und ein defensiver Lichtblick
Und doch nehme er auch viel Positives aus der Leistung seiner Mannschaft mit. „In den letzten Spielen ist uns wenig Richtung Tor gelungen, das war heute ganz anders. Wir müssen unsere Stürmer in diese Positionen bringen und auf Dauer wird dann die Qualität belohnt“, sagte Leitl.
Während Herthas Offensivspieler zuletzt meist in der Luft hingen und kaum zu Toraktionen kamen, zeigte das Team in Darmstadt vor allem in der ersten Hälfte ein völlig anderes Gesicht. Gerade im Umschaltspiel überzeugten die Berliner mit viel Geschwindigkeit und guten Kombinationen. Reese, der vom Trainer als einzige Spitze eingesetzt worden war, zog dabei immer wieder nach außen auf den Flügel, konnte dort seine Dribbelstärke ausspielen und Möglichkeiten kreieren. Auch Krattenmacher zeigte einen starken Auftritt, war selbstbewusst am Ball, hatte immer wieder den Blick für den freien Raum und brachte Torgefahr.
Und dann war da auch noch Startelf-Debütant Niklas Kolbe, der in der Abwehrreihe diesmal Marton Dardai vorgezogen wurde – und sichtlich mehr Stabilität in die Kette brachte. Umso bitterer, dass er den Platz in der 67. Minute verlassen musste, nachdem er bei einem Kopfballduell auf die Rippen fiel. Noch ist unklar, wie schwer die Verletzung ist.
Auf der Suche nach einem Torjäger
Doch was nützt all das, wenn am Ende wieder nicht drei Punkte auf dem Konto landen. Zu viel Last liegt weiterhin auf Fabian Reese: Seit dem 19. Januar (2:1-Sieg in Paderborn) hat Hertha nicht mehr gewonnen, wenn er nicht getroffen hat. Dabei scheint er über außen, mit dem Ball am Fuß und als Vorbereiter für deutlich mehr Gefahr sorgen zu können, statt im Zentrum auf die Vorarbeit seiner Mitspieler warten zu müssen.
Hertha fehlt ein echter Knipser. Der dafür eigentlich prädestinierte Dawid Kownacki bekam von Trainer Leitl nach seinen schwachen Auftritten in den letzten Wochen in Darmstadt nur knapp eine halbe Stunde Spielzeit und blieb ohne Torschuss. Sebastian Grönning, der immerhin der einzige Spieler im Kader ist, der für Hertha in dieser Zweitliga-Saison schon getroffen hat (zum 1:2 auf Schalke), kam hingegen überhaupt nicht zum Einsatz. Es bleibt fraglich, warum er keine Chance bekommt und ob ein echter Neuner dem Spiel der Berliner nicht guttun würde.
Zudem ließ sich die Alte Dame auch in Darmstadt gerade zu Beginn phasenweise wieder tief in die eigene Hälfte drängen und spielte passiv. Vom erklärten dominanten Ballbesitzfußball, den man als Aufstiegsaspirant zeigen wollte, war man erneut weit entfernt und stattdessen stark auf das Umschaltspiel angewiesen. Von einem ambitionierten Team wie Hertha erwartet man ein anderes Auftreten.
Leitl blickt optimistisch nach vorne
Nach vier Wochen neuer Spielzeit bleiben also ein glückliches Weiterkommen im Pokal, zwei Punkte und der vorletzte Tabellenplatz. Auch wenn es in Darmstadt endlich mal wieder besser aussah, von einer Leistung, mit der man ganz oben mitmischt, bleibt man noch ein ganzes Stück entfernt.
„Es hat ja auch seine Gründe, warum es momentan etwas holpriger läuft“, erkannte auch Stefan Leitl nach der Partie etwas kryptisch an, ohne diese Gründe genauer zu nennen. Er wolle nun noch mehr Mut aus der Leistung schöpfen und das kommende Heimspiel vor der Länderspielpause gewinnen.
Gegen Elversberg muss Hertha an die Leistungssteigerung anknüpfen und den nächsten Schritt machen, um nicht mit einem völlig desaströsen Saisonauftakt in die Länderspielpause zu gehen. Und für danach kündigte Trainer Leitl bereits Besserung an: „Dann werden aller Voraussicht nach sehr wichtige Spieler zurückkommen, was noch mehr Energie gibt. Dann werden wir nochmal einen Ticken besser. So ist der Weg. Davon war ich von Anfang an überzeugt und bin es noch immer“, sagte er.
Sendung: rbb24, 24.08.2025, 21:45 Uhr