Vergangenes Jahr erlebte das antike Römische Theater in Mainz zum ersten Mal nach 2.000 Jahren wieder echtes Bühnentheater, nun gibt es eine Fortsetzung: Kommenden Mittwoch hat im Römischen Bühnentheater am Mainzer Südbahnhof die antike Komödie „Die Vögel“ Premiere. Drei Abende lang spielt das „Theater in der Provinz“ das Erfolgsstück des Aristophanes um die Irren und Wirrungen von Demokratie und Staat – es ist die Urform des „Wolkenkuckucksheims“. Und Aristophanes‘ beißende Gesellschaftskritik ist aktuell wie nie…
Die Reste des antiken Römischen Theaters in Mainz oberhalb des Südbahnhofs im September 2023. Hier wird Ende August wieder Theater gespielt. – Foto: gik
„Mich sendet Jupiter zu Euch, er hat Gewichtiges mitzuteilen!“ So lauteten die ersten Sätze antiken Bühnentheaters, die 2000 Jahre nach dem Bau des Römischen Bühnentheaters im antiken Mogontiacum wieder in den alten Mauern zu Mainz erklangen. Es war Ende August 2024, und das „Theater in der Provinz“ gab mit einem auf den Ort zugeschnittenen „Amphitryon“ einen umjubelten Einstand. Antikes Theater im antiken Theater erlebbar machen, war die Intention – nun gibt es die Fortsetzung.
Am Mittwoch, den 27. August haben nun „Die Vögel“ ihre Premiere: „Die aberwitzigste Komödie der Antike kommt auf die Bühne des Römischen Theaters Mainz“, wirbt Marie-Luise Thüne, Organisatorin der kleinen Theatergruppe aus Oppenheim und Mainz. Thüne, in Mainz auch bekannt als Kommandeurin der Mainzer Ranzengarde, ist leidenschaftliche Schauspielerin im Nebenberuf, und hat – wie schon im Vorjahr – zudem das antike Vorbild auf moderne Zeiten angepasst – und das beschränkt sich nicht nur auf die Länge.
Die Vögel: Aristophanes berühmte Komödie um Staat und Macht
Denn „Die Vögel“ strotzen vor Wortwitz und Anspielungen, das ist heute (wieder) der Fall, und das war schon in der Antike so: Aristophanes‘ Werk rund um Fragen von Staat, Demokratie und Herrschaft gehört zu den berühmtesten Bühnenstücken der Antike – und war von vorneherein gedacht als Lehrstück über Krieg und Korruption, über korrupte Politiker und den Traum vom freiheitlichen und selbstbestimmten Gemeinwesen.
Das „Theater in der Provinz“ bringt „Die Vögel“ von Aristophanes auf die Bühne. – Foto: TiP
In dem Stück fliehen zwei Athener aus der berühmten Demokratie vor Verfolgung, Korruption und der Steuerbehörde, sie landen im Staat der Vögel, doch dort suchen sie nicht nur Asyl, sie suchen auch Macht und Einfluss… und genau hier beginnt das Spiel. Allzuviel sei nicht verraten, doch wer genau hinhört, der staunt, wie aktuell doch die mehr als 2.500 Jahre alte Komödie aus dem antiken Griechenland ist: Offenbar gab es schon damals Politiker wie Donald Trump oder auch einfach nur die Behäbigen und die Mitläufer, die Profiteure und die Ignoranten.
Im Jahr 414 vor Christus soll das antike Stück zum ersten Mal aufgeführt worden sein, Anlass was das Fest der Großen Dionysien, eine Art Kulturfestival zu Ehren des Gottes Dionysos, bei dem Dichter neueste Stücke präsentierten und um Preise wetteiferten. Aristophanes wurde um 450 vor Christus in Athen geboren, und obwohl er so ziemlich der berühmteste Komödiendichter der klassischen Antike ist, ist über ihn recht wenig bekannt. Er erhielt offenbar eine Ausbildung als Dramatiker – und er war ungeheuer produktiv: Mehr als 40 Werke werden ihm zugeschrieben, nur elf davon sind vollständig erhalten, heißt es bei Wikipedia.
Kritik an Macht, Staat und Krieg – und an Wolkenkuckucksheimen
Sein berühmtestes Stück dürfte die Lysistrate sein, jenes Stück um den Aufstand der Athener Frauen gegen ihre kriegswütigen Männer, mit dem Aristophanes gegen den Peloponnesischen krieg seiner Heimatstadt Athen protestierte. Kritik an Macht, Staat und Krieg, das waren die gängigen Themen des Dichters Aristophanes, oft verpackt in Allegorien wie „Der Reichtum“ oder „Die Wolken“ oder verpackt in Fabelreiche aus der Tierwelt – neben „Die Vögel“ schrieb Aristophanes auch „Die Frösche“, „Die Wespen“ oder – kein Fake – „Das Brathähnchen“.
Plakat zu den drei Aufführungen von „Die Vögel“ am 27. und 28. August sowie am 04. September. – Foto: TiP
In den „Vögeln“ suchen die beiden geflüchteten Athener „die Stadt, in der alles besser ist“ und in der man in Ruhe und vor allem Reichtum leben kann. Und so gründen die Menschen und die Vögel voller Idealismus eine neue Stadt zwischen den Wolken und dem Himmel, doch ach, die Heimat von Amseln und Straußen, Adlern und Eulen, Wachteln und allerlei anderem Federgetier ist auch nur ein Ort, wo skrupellose Menschen Macht, Einfluss und Herrschaft suchen.
Und so wird die Himmelsstadt zum wahrhaften „Wolkenkuckucksheim“, denn kaum zu glauben: Es war Aristophanes, der diesen Begriff für seine Vogelstadt erfand, und damit Mensch und Vögeln in die Seelen blickte. Dabei kommt das ganze Spiel ausgesprochen leicht und beschwingt daher, mit viel Wortwitz, Persiflagen und satirischer Schärfe – doch am Ende steht ein nachdenkliches Fazit rund um die Frage: Was kann Demokratie, und was erhält oder richtet sie zugrunde?
Ensemble mit Thüne und Raupach und verrückten Vögeln
Aristophanes hatte übrigens schon damals mit Anfeindungen und Verfolgung wegen seiner bissigen Stücke zu kämpfen, die Dionysien gewann er nur einmal im Jahr 426 vor Christus in der Sparte „Komödie“ mit dem Stück „Die Babylonier“. Aber im Jahr 423 vor Christus trug man ihn mit „den Wolken“ auf Platz 3 der Siegerliste ein, zwei weitere Mal auf Platz zwei – darunter im Jahr 414 vor Christus mit dem Stück „Die Vögel“.
Probenbild von „Die Vögel“ mit Werner Hartmann und Marie-Luise Thüne. – Foto: TiP
Um das bunte Spiel auf die Bühne des Römischen Theaters in Mainz zu bringen, musste das nur sechs Personen umfassende Ensemble des „Theaters in der Provinz“ das Stück auf die Dauer von rund einer Stunde anpassen – und die Schauspieler selbst in verschiedene Rollen schlüpfen. Die Hauptrolle des Peistethairos spielt Marie-Luise Thüne, mit dabei ist auch der frisch gekürte Sitzungspräsident der Mainzer Kleppergarde, Kevin Raupach. Und das Ensemble verspricht, es werden viele verrückte Vögel zu sehen sein…
Der Platz für Zuschauer im Theaterrund ist stark begrenzt, Karten können aber noch vorbestellt werden, oder sind an der Abendkasse zu erhalten. Eines aber ist sicher: Auch in diesem Jahr wird die antike Arena ihren Zauber wieder entfalten, denn die antike Akustik ist unverändert gut – 2024 verstanden sogar Zaungäste am Zitadellenweg von den Versen im Theaterrund jedes Wort. Mehr dazu könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen.
Info& auf Mainz&: Die Komödie „Die Vögel“ nach Aristophanes wird insgesamt drei Mal im antiken Römischen Theater in Mainz aufgeführt: Premiere ist am Mittwoch, den 27. August 2025, die weiteren Termine sind der 28. August sowie der 04. September. Los geht es jeweils um 19.00 Uhr, Einlass ist ab 18.30 Uhr – den Zugang findet Ihr auf Gleis 4 des Bahnhofs Römisches Theater hinten rechts. Die Karten kosten 20,- Euro das Stück, zugelassen sind nur maximal 60 Personen. Kartenreservierung ist über die Mainzer Kunstgalerie möglich, Telefon 0174 – 2457830 oder Email kontakt@mainzer-kunstgalerie.de.
Hinweis zum Wetter: Die Aufführungen im Römischen Theater finden unter freiem Himmel statt, es kann also kühl werden, auch Sitzkissen werden empfohlen. Sollte das Wetter mit Regen oder gar Blitz und Donner drohen, muss im Extremfall die Vorstellung abgesagt werden – sollte so etwas drohen, informiert Euch bitte über die Facebookseite des Theaters in der Provinz oder hier auf Mainz&.