Soundcheck August 2025# 16
Galerie mit 30 Bildern: Blackbriar – The Euphonic Downfall Tour 2023 in München

Wer den bisherigen Werdegang von BLACKBRIAR verfolgt hat, wird auch mit ihrem dritten Album „A Thousand Little Deaths“ keine Überraschung erleben. Für eine Genre-Revolution sind die Symphonic-Metaller nicht zu haben, vielmehr setzen sie konsequent auf etablierte Standards und nur wenige, dafür aber konsequent zu Ende gedachte eigenständige Ansätze. Dass die Holländer dennoch deutlich aus dem Gerne-Mittelmaß herausstechen, verdanken sie der durchweg hochklassigen musikalischen Umsetzung eines Ideals, dem die meisten anderen Bombast-Fetischisten vergeblich hinterher rennen. So haben BLACKBRIAR spätestens mit diesem Album ihren Stil gefunden und die kleineren Schwächen der beiden Vorgänger vollständig kompensieren können.

BLACKBRIAR bringen den Grusel volkstümlich-grimmiger Märchen zurück

Nun haben die Niederlande schon eine ganze Reihe an hochkarätigen Symphonic-Metal-Bands mit weiblichem Gesang hervorgebracht (vgl. WITHIN TEMPTATION, AFTER FOREVER, EPICA, DELAIN). In deren Tradition stehen auch BLACKBRIAR, zumal Frontlady Zora Cock mit ihrem emotional-zerbrechlichen und doch niemals kraftlos wirkenden Gesang unweigerlich Erinnerungen an die junge Sharon den Adel und die düster-melancholische Frühphase von WITHIN TEMPTATION weckt. Dabei spielt die makellose Produktion von Joost van den Broek aber in einer gänzlich anderen Liga als das seinerzeit etwas zu flache Klangbild eines „Mother Earth“. Mit dem grandiosen Opener „Bluebeard’s Chamber“ machen BLACKBRIAR die Marschroute für die kommende Dreiviertelstunde klar und zeigen ein exzellentes Händchen für das dynamische Wechselspiel aus epischem Bombast und ruhigeren Zwischentönen.

Textlich greifen BLACKBRIAR auf zahlreiche Motive aus alten Märchen und Sagen zurück und erwecken damit jenen wohligen Grusel wieder zum Leben, den besorgte Eltern unter Zuhilfenahme von Walt Disney und Konsorten den volkstümlich-grimmigen Originalen längst ausgetrieben haben. Dazu passt auch das markante Friedhofs-Artwork im schwarzweißen Tusche-Stil, das sicherlich auch bei den ursprünglichsten Gothic-Vorreitern wie Lord Byron und Mary Shelley für Begeisterung gesorgt hätte. Wer genau hinhört, mag hinter den fiktiven Geschichten die Verarbeitung zutiefst persönlicher Erfahrungen und realer Emotionen erkennen, jedoch taugt „A Thousand Little Deaths“ gleichermaßen zur reinen, eskapistischen Erbauung.

Ein zeitloses, nostalgisch verklärtes Hörvergnügen

Wäre dieses Album gute zwanzig Jahre früher erschienen, hätte es BLACKBRIAR mühelos an die Spitze der Female-Fronted-Symphonic-Metal-Bewegung tragen können – oder es wäre in der Flut an konkurrienden Genre-Veröffentlichung untergegangen. Heute bietet „A Thousand Little Deaths“ hingegen ein gleichermaßen zeitloses wie nostalgisch verklärtes Hörvergnügen, das mit eingängigen Düsterhits wie „My Lonely Crusade“ oder „The Catastrophe That Is Us“, bis hin zur melancholisch-verträumten Halbballade „I Buried Us“ und dem abschließenden Schmachtfetzen „Harpy“ immer wieder aufs Neue für Begeisterung sorgt. Höchste Zeit also für die erste Headliner-Tour der Niederländer im Oktober und November.