1. Startseite
  2. Politik

DruckenTeilen

Europa zielt darauf ab, Kiew durch verlässliche Garantien zu schützen. Doch Lawrow und Putin stellen sich quer, und Trump will schnelle Ergebnisse.

Kiew – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj drängt auf eine schnelle Einigung über Sicherheitsgarantien. Innerhalb von zehn Tagen, erklärte er am vergangenen Donnerstag (21. August), solle ein Konzept stehen, das die Architektur für die Ordnung nach dem Ukraine-Krieg definiert. Erst dann sei ein mögliches Gipfeltreffen mit Wladimir Putin denkbar. Doch nach ersten Beratungen zwischen den Sicherheitsberatern der USA und Europas deutet sich an: Der Prozess könnte länger dauern, als Trump beim jüngsten Treffen in Washington angekündigt hatte.

Sicherheitsgarantien nach dem Ukraine-Krieg: Sieben Säulen im Fokus

Das Kernstück der Gespräche ist ein von der deutschen Bundesregierung von Friedrich Merz angeregtes Sieben-Punkte-Konzept. Es umfasst diplomatische Strukturen für künftige Gipfeltreffen, die Stärkung der ukrainischen Armee, die mögliche Stationierung internationaler Truppen, die Vermeidung von Begrenzungen für Kiews Militär, die Perspektive eines EU-Beitritts, Kontrollmechanismen für Waffenstillstände sowie Maßnahmen bei einem möglichen Vertragsbruch durch Russland, schreiben Spiegel und t-online.de.

Die heikelste Frage bleibt die Präsenz ausländischer Truppen. Während die Ukraine, Europa und die USA eine militärische Rückversicherung fordern, wies Russlands Außenminister Sergej Lawrow, so Reuters, dies als „völlig inakzeptabel“ zurück. Trump selbst lehnt US-Bodentruppen ab, schließt aber Luftunterstützung nicht aus.

Ukraine-Verhandlungen in Washington: Trump-Gipfel mit Merz und Co. in BildernMerz bei Trump in WashingtonFotostrecke ansehenUkraine benötigt Sicherheitsgarantien: Europäer in der Pflicht

Trumps Vize JD Vance betonte jüngst gegenüber Fox News, Europa müsse den „Löwenanteil“ tragen, da es um die eigene Sicherheit gehe. In internen Beratungen bei der Nato machte sich Ernüchterung breit: US-General Dan Caine signalisierte lediglich, dass Washington eher aus dem Hintergrund unterstütze. Konkrete Zusagen blieben aus.

Die Bundeswehr bereitet sich derweil organisatorisch vor. Verteidigungsminister Boris Pistorius forderte Heer, Luftwaffe und Marine auf, verfügbare Einheiten für eine mögliche Ukraine-Mission zu melden. Noch handelt es sich um „prudent planning“, also Planungen ohne Einsatzbefehl. Nächste Woche wird das Thema in einer außerplanmäßigen Kabinettssitzung im Bendlerblock behandelt.

Selenskyj, Lawrow und PutinDer ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (links) fordert rasche Sicherheitsgarantien. Russlands Außenminister Sergej Lawrow (2.v.r.) lehnt westliche Truppenpräsenz ab, während Präsident Wladimir Putin frühere Zusagen zurückzieht. © Foto links: IMAGO / ZUMA Press | Foto rechts: IMAGO / ZUMA Press WirePutin macht Rückzieher: Russland blockiert Option von Alaska-Gipfel mit Trump

Russland rückt derweil von früheren Zusagen ab. Putin hatte nach dem Alaska-Gipfel laut Trump ein Treffen mit Selenskyj in Aussicht gestellt, doch nun stellt Moskau Bedingungen. Lawrow erklärte in der zurückliegenden Woche gegenüber der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti, eine Diskussion über Sicherheitsfragen ohne Russland sei eine „Utopie, ein Weg ins Nirgendwo“. Zudem zweifelte er erneut Selenskyjs Legitimität als Verhandlungspartner offen an.

Auch innerhalb Europas wächst die Sorge, dass Moskau den Prozess bewusst verschleppt. Diplomaten verweisen darauf, dass der Kreml bereits mehrfach Zugeständnisse angedeutet, diese aber später wieder zurückgenommen habe. Die Geduld in den westlichen Hauptstädten ist daher begrenzt, konstatiert Politico, zumal Trump seinerseits mit einer Frist von zwei Wochen Druck aufbaut.

Sieben-Punkte-Plan aus Berlin: So will der Westen die Ukraine absichern

Diplomatischer Prozess Fahrplan für Selenskyj–Putin-Gespräche, später Dreiergipfel mit Trump und EU Militärische Absicherung Wiederaufbau der ukrainischen Streitkräfte, westliche Unterstützung Präsenz ausländischer Truppen Debatte über internationale Unterstützungspräsenz, ohne direkten Kampfauftrag Keine Begrenzungen für Armee Keine Auflagen bei Personalstärke oder Ausrüstung der Ukraine EU-Beitrittsperspektive Klare Aussicht auf EU-Mitgliedschaft und Beistandsverpflichtung Überwachung Waffenstillstand Internationale Kontrollmechanismen zur Einhaltung von Abkommen Reaktion auf Vertragsbruch Verbindliche Mechanismen für den Fall eines russischen Regelbruchs

Ukraine-Krieg: Hoffnung auf robuste Sicherheitsgarantien für Selenskyj

Selenskyj hingegen zeigt sich optimistisch. Er erklärte, die Vorbereitungen seien intensiv, binnen Tagen könnten die Regelungen für die Sicherheit stehen. „Wir werden eine Ukraine schaffen, die genügend Kraft hat, um in Sicherheit und Frieden zu leben“, zitiert ihn das RND.

Für Deutschland und die EU ist klar: Ohne belastbare Sicherheitsgarantien für die Ukraine droht ein erneuter russischer Angriff. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach gemäß der Neuen Züricher Zeitung (NZZ) von einem „stählernen Stachelschwein“, das Russland abschrecken müsse. Nur eine dauerhaft wehrhafte Ukraine könne Europas Sicherheit garantieren.

Ukraine und Europa geben sich bezüglich Putins Russland vorgewarnt: Lektionen aus Budapest

Ein warnendes Beispiel ist das Budapester Memorandum von 1994, das der Ukraine Schutz nach Aufgabe ihrer Atomwaffen versprach. Die Garantien erwiesen sich als wertlos, als Russland 2014 die Krim annektierte. „Budapest hat nicht funktioniert. Es ist nicht das Modell, das die Ukraine jetzt braucht“, sagte der frühere US-Diplomat Steven Pifer gemäß der NZZ.

Heute setzt Europa daher auf ein robusteres System – eine Mischung aus militärischer Rückversicherung, EU-Integration und einer Art Ersatz-Artikel-5. Ob dies Russland von neuen Angriffen abhält, bleibt fraglich. Doch ohne klare Garantien, so warnen Experten, wird es kaum zu einem tragfähigen Frieden kommen. (chnnn)