Stand: 25.08.2025 07:48 Uhr

Der VfB Stuttgart verliert auch sein zweites Pflichtspiel der Saison. In der Niederlage bei Union Berlin zeigen sich altbekannte Muster, kritisiert SWR-Sportredakteur Johann Schicklinski.

Es war ein Déjà-vu für die Spieler des VfB Stuttgart: Als der Ball von Ilyas Ansah aus knapp 25 Metern zum 1:0 für Union Berlin (Endstand 2:0) im Tor der Schwaben einschlug, wurden Erinnerungen wach an das letzte Auswärtsspiel bei den Eisernen (4:4) im April, als Leopold Querfeld den Ball aus fast 40 Metern im Tor von Keeper Alexander Nübel einschweißte. Oder an den 31. Spieltag der abgelaufenen Saison, als Heidenheims Mathias Honsak den VfB mit einem tollen Schlenzer kurz vor Schluss zum 0:1-Endstand düpierte.

Auch ich als neutraler Beobachter hatte ein Déjà-vu – mich hat die Niederlage beim FC Union frappierend an die Rückrunde der Spielzeit 2024/2025 erinnert. Damals wie heute brauchte es nicht allzu viel, um den VfB zu schlagen. Berlin agierte, wie man es kennt – und eigentlich sollte man wissen, was einen dort erwartet: Der FCU verteidigte resolut, kämpfte um jeden Ball, haute bis an die Grenzen des Erlaubten alles rein. Und vorne hatte er das nötige Fortune. Der Hauptstadtklub ließ sein Herz auf dem Platz.

Behäbiger Auftritt des VfB Stuttgart

Und Stuttgart eben nicht. Ich finde, die Mannschaft von Trainer Sebastian Hoeneß ruhte sich bei den Eisernen – wie schon in der Vergangenheit des Öfteren – zu lange auf ihrer vermeintlichen spielerischen, technischen und individuellen Überlegenheit aus. Das Team agierte sozusagen noch im „Pokalsieger-Modus“. Optisch teilweise ansprechend, aber nicht zwingend. In vielen Statistiken vorne liegend, mit Ballbesitz „ohne Ende“, aber letztlich brotlos.

Dazu kommt: Der Gegner schießt Traumtore, der VfB kann nicht mal „einfache Treffer“. Ich fand den VfB-Auftritt in Köpenick behäbig – in Teilen wirkte er auf mich sogar überheblich.

Was man gegen Union braucht, ist bekannt: Resilienz, Wehrhaftigkeit, Kampf, Aggressivität. Die sogenannten fußballerischen Grundtugenden. Und die blieb der VfB zum Saisonauftakt über weite Strecken schuldig.

Der VfB muss nun den nächsten Schritt gehen

Das Angelo Stiller, Deniz Undav, Nick Woltemade und Co. kicken können, ist unbestritten. Nun geht es aus meiner Sicht darum, den nächsten Schritt zu gehen. Sonst wird es eine erneute Saison im Mittelfeld der Bundesliga werden. Der VfB muss den Kampf annehmen, um das eigene Spiel durchzusetzen. Tore und gewonnene Zweikämpfe auch mal erzwingen, Effizienz und Konsequenz im Abschluss vereinen. Zudem sollten Spieler und Trainer eine Alternative parat haben, falls der Matchplan nicht wie angedacht aufgeht.

Nun wartet Eintracht Braunschweig im DFB-Pokal

Mit dem schweren Match beim Zweitligisten Eintracht Braunschweig (Dienstag, 20:45 Uhr, live in der ARD) wartet im DFB-Pokal bereits der nächste Gegner auf den VfB Stuttgart, der versuchen wird, den Favoriten zu stressen und aus dem Spiel zu bringen. Die Niedersachsen sind mit sechs Zählern aus drei Spielen in der 2. Liga gut gestartet, der sehr emotional agierende neue Trainer Heiner Backhaus pusht die Euphorie zusätzlich.

Eine hohe Hürde für den Titelverteidiger. Der VfB Stuttgart muss beweisen, dass er aus der abgelaufenen Rückrunde gelernt hat und dass die Niederlage bei Union nur ein Ausrutscher war. Die Sinne müssen geschärft sein, intern werden die Lehren aus dem Berlin-Spiel hoffentlich gezogen.

Passiert dies nicht, sind möglicherweise bereits frühzeitig in der neuen Spielzeit mit Supercup (1:2 gegen den FC Bayern) und DFB-Pokal zwei Titelträume geplatzt. Und es dürfte rasch ungemütlich bei den ambitionierten Schwaben werden.

Sendung am Sa., 23.8.2025 14:00 Uhr, Stadion, SWR1

Südwestrundfunk