Liebe MotoGP-Fans, Titel-Bild zur News: Miguel Oliveira

Die MotoGP-Karriere als Stammfahrer geht in dieser Saison zu Ende
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die Premiere auf dem neuen Balaton Park Circuit ist dann doch besser über die Bühne gegangen als es im Vorfeld befürchtet wurde. Für die Moto3 und die Moto2 ist die Strecke in Ordnung. Das MotoGP-Rennen war auch unterhaltsam, wenn auch vor allem zu Beginn etwas chaotisch.

Im nächsten Jahr wird wieder auf dieser Strecke gefahren. Langfristig sehe ich den Balaton Park aber nicht als Fixpunkt im Kalender. Das Layout ist eigen und die Anlage ist zu klein. Mit 32.000 Besuchern am Sonntag war es trotzdem ausverkauft – viel mehr passen nicht auf die Tribünen.

Im Endeffekt hat mit diesem Wochenende die Dorna Geld verdient, denn die Streckenbetreiber wollten die MotoGP unbedingt bekommen. Ob so eine Veranstaltung ein gutes Licht auf die Meisterschaft wirft, muss jeder selbst beurteilen.

Widmen wir uns nun unserer traditionellen Montagskolumne. Ja, ich weiß, Francesco Bagnaia ist weiter in einem Tief. Streng genommen hätte er beim 14. Saisonrennen zum 14. Mal in unserer Kolumne „schlecht schlafen“ müssen. Bagnaia ist eindeutig der Verlierer der Saison.

Aber ich kann nicht jede Woche den gleichen Text Copy & Paste verwenden. Schon vor einigen Rennen habe ich geschrieben, dass wir nicht ständig auf ‚Pecco‘ herumhacken sollten. Wenn jemand so tief in der Krise ist, sollte man einen Weltmeister auch respektvoll behandeln.

Zum zweiten Mal erhält Miller den Vorzug vor Oliveira

Auch wenn er schlecht geschlafen hat, wünschen wir Bagnaia Besserung. Es birgt eine gewisse Ironie, dass Miguel Oliveira nun schon zum zweiten Mal das Nachsehen gegen Jack Miller hat. Im Sommer 2022 entschied sich KTM für den Australier, auch um Wissen von Ducati abzuzapfen.

Denn Oliveira und Brad Binder kannten die MotoGP nur mit der KTM RC16. Miller hat mit verschiedenen Motorrädern deutlich mehr Erfahrung und konnte neue Richtungen aufzeigen. Das war für KTM im ersten Jahr auch hilfreich.

Oliveira musste sich verabschieden. Eine Rückkehr ins Tech3-Team kam für ihn nicht infrage. Mit fünf MotoGP-Siegen ist Oliveira bis heute der erfolgreichste KTM-Fahrer. Im Aprilia-Satellitenteam (zunächst RNF und anschließend Trackhouse) versuchte er einen Neuanfang.

Miguel Oliveira, Jack Miller

Miguel Oliveira hat bis heute die meisten MotoGP-Siege für KTM erobert Zoom

Am Ende hat es nicht funktioniert. Es kam auch Verletzungspech hinzu, was allerdings meistens nicht Oliveiras Schuld war. Diesbezüglich war er eine Zeit lang einer der glücklosesten Fahrer im Feld. Andererseits konnte er sich mit der Aprilia auch zu selten in Szene setzen.

Denn immer, wenn Oliveira mit der RS-GP eine gute Form aufbauen konnte, passierte etwas. Er bezeichnet es selbst, so wie bei KTM, als unvollendetes Kapitel. Schließlich setzte Yamaha auf sein Talent und seine Erfahrung und holte ihn als ersten Fahrer für das neue Projekt mit Pramac.

Auf dem Papier sah bei Pramac-Yamaha alles wunderbar aus

Auf dem Papier sah alles wunderbar aus. Yamaha investiert viel in die MotoGP, Pramac war in den vergangenen Jahren mit Ducati das beste Satellitenteam im Feld. Oliveira erhielt von Yamaha einen Werksvertrag über zwei Jahre. Ein langfristig ausgelegtes Projekt.

Aber wieder kam alles anders und wieder konnte Oliveira nicht viel dafür. Im Argentinien-Sprint stürzte Fermin Aldeguer und räumte dabei auch den Portugiesen ab, der sich dabei verletzte und drei Rennwochenenden pausieren musste.

Miguel Oliveira

Theoretisch war Pramac-Yamaha ein optimales Projekt für Oliveira Zoom

Zu diesem Zeitpunkt kannte Oliveira die M1 noch nicht richtig. Das Motorrad wurde in seiner Abwesenheit in Details weiterentwickelt. Wenn man dann nach einer Verletzungspause zurückkehrt, ist es praktisch unmöglich, diesen Nachteil an wenigen Rennwochenenden aufzuholen.

Wegen der Verletzung teilte Oliveira im Frühling Yamaha auch mit, dass es wohl vernünftiger wäre, einem anderen Fahrer den Platz bei den 8 Stunden in Suzuka anzubieten. Miller nahm dankbar an und eroberte mit seinen Kollegen den zweiten Platz.

Gleichzeitig kennt Miller das Pramac-Team aus der gemeinsamen Vergangenheit bestens. Mit Platz fünf in Austin gelang ihm eines der im Endeffekt doch recht wenigen Highlights. Oliveira stand in dieser ganzen Konstellation von Beginn an mit dem Rücken zur Wand.

Wird Oliveira Testfahrer bei Aprilia?

Da in keinem anderen Team ein Platz frei ist, wird seine MotoGP-Karriere nach sieben Jahren zu Ende gehen, sollte er nicht irgendwo als Testfahrer unterkommen. In Ungarn gab es Gespräche mit Aprilia, ob er eventuell neben Lorenzo Savadori zweiter Testfahrer werden könnte.

Öffentlich äußert er sich nicht allzu begeistert darüber: „Nicht wirklich. Ich möchte Rennen fahren, aber natürlich bin ich für alles offen, ja. Das Problem ist, dass man nicht wirklich weiß, wie ein Entwicklungsplan und ein Wildcard-Plan für die nächste Saison aussehen könnte.“

Miguel Oliveira

Kehrt der Portugiese zu Aprilia zurück und wird Testfahrer? Zoom

„Auch deshalb, weil es keinen großen Sinn macht, Wildcards zu fahren, wenn die Motorräder im Jahr darauf anders sein werden. Also weiß ich es nicht. In der nächsten Woche wird es Neuigkeiten geben und dann sehen wir weiter.“

Eine unvollendete Karriere für das grundsätzliche Talent

Ich finde, es ist eine unvollendete Karriere, denn Oliveira bescheinige ich grundsätzlich viel Talent. Er ist auch einer der intelligentesten Fahrer im Feld. Aber manchmal denkt er vielleicht zu viel nach, oder ist zu sensibel. Das kann trotz Naturtalent hinderlich sein, ihm fehlt dieser Killerinstinkt.

In diesem Zusammenhang ist auch die Sturzstatistik interessant. Bis Ungarn wurden bei Oliveira lediglich vier Stürze verzeichnet. Geht er zu selten ans Limit? Der erste Sturz passierte übrigens in Argentinien – als er schuldlos von Aldeguer zu Fall gebracht wurde.

Miguel Oliveira

Portimao 2020: Miguel Oliveira dominiert sein Heimrennen Zoom

Und diese Situation hat für Oliveira letztendlich alles verändert und im Endeffekt seine Zeit als MotoGP-Stammfahrer beendet. Ich glaube, unter den richtigen Umständen und mit etwas mehr Glück hätte Oliveira viel mehr gewinnen können und müssen. Denn an Talent mangelt es nicht.

Er selbst sagt, dass er seine Karriere als unvollständig betrachtet. Dem stimme ich zu. Denn weder bei KTM noch bei Aprilia und nun auch bei Yamaha passte alles so zusammen, damit er wirklich nachhaltig sein Potenzial zeigen konnte.

Klar spielte Oliveira selbst auch eine Rolle dabei, dass nie alles ganz zusammengepasst hat, aber die Sterne standen auch nicht immer günstig für ihn.

Euer

Gerald Dirnbeck

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