Stand: 25.08.2025 10:24 Uhr

Die Crew der „Eagles S“ wird verdächtigt, Unterseekabel in der Ostsee beschädigt zu haben. Die finnische Generalstaatsanwaltschaft spricht von schwerer Sabotage, der angeklagte Kapitän von einem Unfall. Heute hat der Prozess begonnen.


Jana Sinram

Die finnische Küstenwache stürmt den Öltanker „Eagle S“ – und veröffentlicht davon später ein Video in sozialen Medien, untermalt mit dramatischer Musik. Zu sehen ist, wie schwer bewaffnete Einsatzkräfte sich mitten in der Ostsee vom Hubschrauber auf das Schiff abseilen.

Es hatte seinen Anker zuvor rund 90 Kilometer über den Boden der Ostsee geschleift. Vier Telekommunikationskabel und das Stromkabel „Estlink 2“ zwischen Finnland und Estland wurden dabei schwer beschädigt.

Es sei nur ein Unfall gewesen, betont der Kapitän bis heute. „Die Küstenwache hat uns angefunkt und uns aufgefordert, unseren Backbordanker zu kontrollieren, weil wir etwas hinter uns herziehen. Wir haben dann ein paar Minuten gebraucht, um zu stoppen und die Kette einzuziehen und da war kein Anker. Das haben wir auch so gemeldet“, sagte er vergangene Woche im Interview mit dem finnischen Fernsehsender YLE.

Experte glaubt nicht an Unfall

Der Anker wird wenige Wochen später von einem Spezialschiff geborgen und beschlagnahmt, die „Eagle S“ zwei Monate lang von den finnischen Behörden in einer Bucht östlich von Helsinki festgehalten. Anfang März darf der Tanker mit einem Teil der Besatzung weiterfahren.

Gegen den aus Georgien stammenden Kapitän und zwei weitere Offiziere wird hingegen ein Reiseverbot verhängt. Die drei Männer müssen sich nun in Helsinki vor Gericht verantworten. Die Generalstaatsanwaltschaft in Finnland wirft ihnen schwere Sabotage vor.

Auch Teemu Tammikko glaubt nicht an einen Unfall. Er ist Experte für hybride Bedrohungen am Finnischen Institut für Internationale Beziehungen. „Es ist höchst unwahrscheinlich, dass ein Schiff seinen Anker unbemerkt fallen lässt und ihn dann 90 Kilometer weit über den Meeresboden hinter sich herzieht, ohne dass die Besatzung und der Kapitän es merkt.“

Prozess ist ein Präzedenzfall

Die „Eagle S“ war im russischen Ust-Luga gestartet und fährt unter der Flagge der Cookinseln. Die EU zählt das Schiff zur russischen Schattenflotte – jenen oft uralten Öltankern, die Russland seit Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine nutzt, um westliche Sanktionen zu umgehen. In der jüngeren Vergangenheit gab es in der Ostsee immer wieder mutmaßliche hybride Angriffe auf Unterseekabel. Der Prozess in Finnland ist eine Premiere.

Zum ersten Mal stehen Seeleute wegen mutmaßlicher Sabotage vor Gericht, erklärt Tammikko. „Es ist also ein Präzedenzfall, wie mit Vorfällen dieser Art umzugehen ist. Es ist ziemlich außergewöhnlich, dass ein Schiff kurz nach dem Vorfall gestoppt wurde und nicht einfach weiterfahren konnte.“

Vorsatz oder Fahrlässigkeit?

Auch international wird man den Ausgang des Verfahrens gegen die drei Besatzungsmitglieder der „Eagle S“ also genau beobachten, ist sich der Experte sicher. „Wenn es ein Urteil gibt, dann ist das ein Signal an alle, die bereit sind, vorsätzlich Sabotage zu begehen oder die nicht vorsichtig genug sind, in der Ostsee keinen Schaden anzurichten.“

Vorsatz oder Fahrlässigkeit – das zu klären, ist im Fall der „Eagle S“ nun Sache des Bezirksgerichts in Helsinki. Zum Auftakt geht es erst einmal darum, ob es den Fall wirklich entscheiden darf, denn die zerstörten Kabel lagen in internationalen Gewässern. Der Prozess ist bis zum 10. September angesetzt. Das Urteil wird allerdings wohl erst später verkündet.