Nun ja, Ayliva, wird uns nicht das Universum erklären, sie durchdringt ja noch nicht einmal den eigenen Liebes-Kosmos. Aber genau diese Verletzlichkeit und Verlorenheit macht sie zur Identifikationsfigur für ihre Fans, immer scheinbar nahbar, adrett, puppenhaft zurechtgemacht.

Nach einzelnen Hörproben auf Social Media ging es 2021 so richtig ab, als Elif Akar aus Recklinghausen alias Ayliva im Vorfeld der Veröffentlichung ihres Songs „Deine Schuld“ eine bösartige Sprachnachricht eines Ex-Freundes veröffentlichte. Die war zwar von einem Schauspieler nachgesprochen, traf aber den Nerv vieler Frauen, die daraufhin ebenfalls über ihre toxischen Beziehungen und gewalttätigen Kerle ihr Herz ausschütteten.

Von da an war Ayliva „viral“, ihre Powerballaden wie „Wenn ich wein“ oder „Schmetterlinge“ wurden geklickt und geliebt, 2023 stand sie mit „Sie weiß“ zum ersten Mal auf Platz Eins der Single-Charts. Das zweite Studioalbum „Schwarzes Herz“ brach Streaming-Rekorde.

Und doch blieb sie lange ein auf Tiktok beschränktes Phänomen (das schon größte Hallen füllte), denn deutsche Radios spielten kaum deutschsprachige Solo-Künstlerinnen. Das änderte sich mit dem Eifersuchtsdrama „Wunder“, das sie endlich in die breite Öffentlichkeit brachte. Mit Helene Fischer sang sie 2024 in deren Weihnachts-Show „Beifahrer“, und spätestens seit ihrem Einzug als herzallerliebste, kindertröstende Jurorin bei „The Voice Kids“ war Ayliva Anfang 2025 als Mainstream-Wunder etabliert.

Wo bist du hin, Mausi?

Ihr Fans sorgten sich zuletzt ein wenig um Ayliva, denn die Quasselstrippe war ungewöhnlich stumm auf ihrem Tiktok-Kanal – ihrem heißen Draht zu zwei Millionen Followern, die sie „Mausis“ nennt. „Wo bist du hin, Mausi?“, fragte stellvertretend eine Anhängerin. „Hey Mausis, es war lange still um mich“, kam am 22. Juni endlich die Antwort. Und die beruhigende Erklärung, die aus ihr im typischen westfälischen Plauderton heraussprudelte: „Macht euch keine Sorgen, mir geht’s gut, nein wirklich, es ist nur ein bisschen viel passiert. Die letzten drei Jahre, drei Alben, drei Touren, gefolgt von Musikvideos, die spannend waren, die Spaß gemacht haben, waren eine ziemlich aufregende Zeit, aber diese Zeit hat auch Spuren hinterlassen.“

Ihre „mentale Gesundheit“ hatte Ayliva schon häufiger angesprochen. Sie scheint sie nun im Griff zu haben: „Ich glaube, wenn man das die nächsten Jahre weitermachen will, was ich unbedingt will, dann muss man auch ein bisschen aufräumen, genau das habe ich die ganze Zeit über getan, ich habe mich viel um mich selbst gekümmert, ich habe an einer Struktur gearbeitet für meine Zukunft (…) Auf jeden Fall passe ich viel auf mich auf.“ Sie verbindet das mit einem Rat an ihre Fans: „Nehmt euch Pausen, achtet auf eure mentale Gesundheit und tankt euch Energie, und ich hoffe, wir sehen uns bald wieder. Ich freue mich schon auf diesen Moment, aaaaaahhhhhh, love you. Schmatz.“

Gibt es neue Musik von Ayliva?

„Wie?“, der aktuelle Song von Ayliva, ist nun auch schon fünf Monate alt, eine Ewigkeit im Tiktok-Pop-Geschäft. Für Eltern von minderjährigen Fans mag angesichts einer Triggerwarnung zu Beginn des Videos erst einmal der Alarm schrillen: „Dieses Video enthält explizite Darstellung von Suizid, Drogenmissbrauch und Gewalt.“ Ayliva will es hier also wissen. Aber auch, wenn hier ein alter Mann aus dem Leben scheidet und ihr Freund (im Video: Emilio Sakraya) sich prügelt, sie selbst bleibt freilich tadellos manikürt und verführt niemanden zur dunklen Seite. Aber mal wieder schildert sie in dieser üblichen überemotionalen Powerballade eine giftige Abhängigkeit: „Zieh mich an für dich, aus für dich, geh für dich, lauf für dich … Würde gerne geh’n, aber weiß nicht, wie.“ In einem Erklärvideo dazu gibt sie ihren Fans den Rat, nicht allzu viel darauf zu geben, wenn einem die „Leute“ in so einem Beziehungsdilemma zur Trennung raten: „Das Schlimmste, was du machen kannst, ist eine große Situation kleinzureden.“

Mehr Lebenshilfe gibt es sicher in den neuen Stücken, an denen sie bereits dran ist, wie sie auf Tiktok verrät: „Und zu eurer Frage, ob neue Musik kommt, aber hallo! Ihr könnt euch sicher sein, dass ich wieder Musik mache, ich habe auch wieder richtig viel Zeit dafür. Ich habe schon wieder einen neuen Song und eine neue Musikvideo-Idee, und ich arbeite auch an einem Album.“ Vielleicht wird man davon schon etwas auf der Tour zu hören bekommen.

„Nehmt euch Pausen, achtet auf eure mentale Gesundheit“, rät Ayliva ihren zwei Millionen Followerinnen.„Nehmt euch Pausen, achtet auf eure mentale Gesundheit“, rät Ayliva ihren zwei Millionen Followerinnen. (Foto: Lân Philipp Lê)Ist das Aylivas erster Auftritt in München?

Schon 2022 auf ihrer „Weißes Herz“-Tour durch sechs deutsche Städte standen sorgsam geschminkte Anhängerinnen Schlange, die damals am 19. September vor der vergleichsweise kleinen Münchner Freiheitshalle die Hits anstimmten. Und sie riefen mit ihrem bürgerlichen Vornamen nach Ayliva: „Elif, wir lieben dich.“ Ein Jahr später brachte „die Tiktok-Newcomerin“ ihre „emotionsgeladenen Texte zu toxischen Beziehungen“ (wie es im Programm hieß) auf der „Festivals Tour 2023“ in die ausverkaufte große Tollwood-Arena – und gab zuvor auf ihrem Kanal mit dem üppigsten digitalen Puder-Make-up, das man bis dahin gesehen hatte, gefiltert und einem gewaltig vergrößerten Kussmund eindeutige Hinweise, wie ihr Künstlername auszusprechen ist, nämlich mit Betonung auf der ersten Silbe: „Ich bin Ay-liva.“

Nach dem enormen Erfolg mit „Wunder“ füllte sie dann 2024 schon die Olympiahalle – und das zwei Mal. Fast schon legendär rund um die Konzerte war die Social-Media-Ankündigung eines weiblichen Fans mit nach Ayliva-Schablone gezupften Augenbrauen, sie werde wohl während der Show einen Heiratsantrag von ihrem Liebsten bekommen. So kam es, wie Videos der Umstehenden im Publikum belegen. Wichtigste Frage der teilhabenden Fans: „Hattet Ihr VIP?“

Welches war Aylivas emotionalster Moment bei The Voice Kids?

Ayliva ist wie geschaffen als neue Coachin für die 13. Staffel der Talente-Show „The Voice Kids“: Sie liebt Kinder, die Kinder lieben sie, und sie ist nah am Wasser gebaut. Für Szenen wie die, als der zehnjährige Athanasios ihr eigenes Stück „Lieb mich“ sang, wurde diese Show erschaffen! Seine ganze Familie weinte schon, da hatte auch Ayliva „Pippi in den Augen“, wie sie sagte, weil sie zum ersten Mal erlebte, dass da so ein Fan einen ihrer Songs in der Show sang: „Kannst du mein Herz hören, wenn es leise spricht?“ Unvergesslich, wie Athanasios dann die Augen öffnete und sah, dass sich Ayliva für ihn umgedreht hatte, wie beide sich dann in den Armen lagen, er ihr dabei den Rücken streichelte, weil sie sich genauso viel beruhigen musste wie er, und sie dann das Stück – „eines meiner schwersten“, wie sie ihn lobte – noch einmal zu zweit sangen. Natürlich, keine Chance, dass der Mini-Fan sich fürs Team eines anderen Coaches entscheiden würde, aber wie er seine Entscheidung verkündete, ließ Ayliva dann noch einmal vor Rührung zittern: Er sang sie mit einer Zeile aus ihrem Song „Beifahrer“: „Würd’ gern bei dir sein, im Auto nur zu zweit.“

Welche Songs wird Ayliva spielen?

Man kann noch gar nicht sagen, wie die Setlist für Aylivas neue Tour aussehen wird, das Geheimnis wird erst am 31. August beim Tourauftakt in Mannheim gelüftet. Die Sängerin hatte zuletzt auch keine singulären Auftritte, aus denen man etwas ableiten könnte. Also müssen sich die Fans noch ein wenig gedulden – oder besser noch überraschen lassen – ob Ayliva ganz neue Songs ausprobieren wird oder sich auf die bewährten verlässt. Gut eingespielt sind die, die sie auf ihrer „In Liebe, Ayliva“-Tour 2024 gespielt hat (alle 15 des aktuellen Albums „In Liebe“, vier aus dem Debütalbum „Weißes Herz“, sieben aus „Schwarzes Herz“): 1. „Traum“, 2. „Wind“, 3. Zwei Wochen, 4. Lieb mich, 5. Ben & Jerry’s, 6. Deine Schuld, 7. Immer fehlst du, 8. Nie deins, 9. Scheine zählen, 10. Beifahrer, 11. In deinen Armen, 12. Lass mich gehen, 13. Ich will nicht heim, 14. Weißes Haus, 15. Ersticken, 16. Lilien, 17. Wunde, 18. Mein Freak, 19. Hältst du mit, 20. Sie weiß, 21. Mörder, 22. Ella, 23. Schmetterlinge, 24. Bei Nacht, Zugabe: 25. Nein, 26. Hässlich.

Gibt es noch Tickets?

Wie bei den vorherigen Touren war der Ansturm auf die Karten enorm, obwohl noch rasch Zusatz-Termine angesetzt wurden, sind offiziell fast alle 30 Konzerte – seltsamerweise bis auf die zweite Show am 9. September in Frankfurt – ausverkauft. Über das offizielle Wiederverkaufsportal Fansale.de werden aber meistens noch Tickets von privat angeboten, in München schon ab 53 Euro. Vorsicht bei Angeboten auf dem Internet-Graumarkt: Die Tickets sind personalisiert und müssen offiziell umgetragen werden.  Verantwortlich für die Tournee ist übrigens die „Liveheart GmbH“. An deren Adresse  „Tiroler Straße 52, 45659 Recklinghausen“ kann man erahnen, wer dahinter steckt, deutlich wird es dann bei einer von zwei Geschäftsführern: Elif Akar, also Ayliva selbst.

Anfahrt – wie kommt man zur Olympiahalle?

Es empfiehlt sich, mit dem Fahrrad oder öffentlich zu den Konzerten anzureisen. Konzerttickets, auf denen das Logo des MVV (Münchner Verkehrs- und Tarifverbund) aufgedruckt ist, erlauben die kostenlose Nutzung.

  • Anreise mit der U-Bahn: mit der Linie U3/U8 bis zur Haltestelle Olympiazentrum; zu Fuß sind es dann noch etwa zehn Minuten. Von der U-Bahn-Station Gern aus, die die U1 anfährt, lässt sich das Olympiastadion ebenfalls erreichen; hier dauert der Fußweg etwa 30 Minuten.
  • Anreise mit dem Bus: mit den Bus-Linien 144, 173, 177 oder 178 bis zu den Haltestellen Spiridon-Louis-Ring, Olympiasee, Olympiaberg, Olympiazentrum, Olympia-Eissportzentrum oder Petuelring.
  • Anreise mit der Straßenbahn: mit den Tramlinien 20 oder 21 bis zur Haltestelle Olympiapark West an der Dachauer Straße oder mit der Tramlinie 27 bis Haltestelle Petuelring.
  • Anreise mit dem Auto: Wer mit dem Auto anreist, kann direkt vom Mittleren Ring aus (Landshuter Allee) über den Sapporobogen in die Parkharfe einfahren. Mit dem neuen Reservierungssystem kann man sich unter www.rkb-parken.de am gewünschten Tag samt Uhrzeit und geplanter Verweildauer einen Platz vorab buchen. Die Zahl der Parkplätze ist begrenzt, zu empfehlen ist auch, das Auto bei einem Park-&-Ride-Parkplatz abzustellen.
  • Behindertenparkplätze für Rollstuhlfahrer gibt es beim Parkdeck am Olympiaturm, in der Parkharfe am Olympiastadion (20 Plätze im Block 3) und beim Parkplatz am Olympia-Eissportzentrum

Ayliva, München, Olympiahalle, Donnerstag & Freitag, 4. & 5. September, Beginn 19.45 Uhr, Einlass 18 Uhr