Bewaffnete Mitglieder der Nationalgarde von South Carolina vor der Union Station in Washington am 24. August 2025 [AP Photo/Rod Lamkey, Jr.]
Wie die Washington Post am Samstag berichtete, plant das US-Verteidigungsministerium seit Wochen die Stationierung von Militär in Chicago. Nur einen Tag bevor der Bericht erschien, hatte Trump seine Drohung bekräftigt, nach der Besetzung von Washington D.C. auch in andere Großstädte Truppen zu schicken.
Die Post berichtete, dass der Plan des Pentagon „ein Modell [sei], das später in anderen Großstädten benutzt werden kann, wie mit der Materie vertraute Entscheidungsträger erklärten“. Weiter heißt es in dem Artikel:
Die bisher noch nicht veröffentlichte Planung beinhaltet mehrere Optionen, darunter die Mobilisierung von mindestens einigen Tausend Nationalgardisten in der nach Bevölkerung drittgrößten Stadt der USA bereits im September.
Am Freitag kritisierte Trump den Chicagoer Bürgermeister Brandon Johnson als „völlig inkompetent“ und die Stadt als „Saustall“. Weiter sagte Trump: „Die werden wir wahrscheinlich als nächstes in Ordnung bringen. Das wird die nächste sein, nach dieser hier. Und es wird nicht einmal schwer sein.“ Er sprach weitere Drohungen gegen New York City und San Francisco aus. Am Samstag nannte er auch Baltimore als weiteres Ziel einer bevorstehenden Militärbesatzung.
Diese Drohungen sind allesamt illegal und verfassungswidrig, da Trump keine Begründung dafür genannt hat, in Illinois, New York oder Maryland, oder wie er es im Juni in Kalifornien getan hat, Einheiten der Nationalgarde unter Bundesbefehl zu stellen. Die Besetzung von Washington D.C. ist rechtlich ein Sonderfall, da der District of Columbia (D.C.) Bundesgebiet ist und seine Nationalgarde ständig unter direkter Bundeskontrolle steht.
Der Gouverneur von Illinois, JB Pritzker, ein milliardenschwerer Demokrat, erklärte in einer Stellungnahme:
Nachdem Trump Los Angeles und Washington D.C. als Testgelände für seine autoritären Übergriffe benutzt hat, flirtet er jetzt offen mit der Idee, andere Bundesstaaten und Städte zu übernehmen (…) Trumps Ziel ist es, in unseren Kommunen Angst zu schüren und die bestehenden Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Sicherheit zu destabilisieren – alles nur, um eine Rechtfertigung für seinen weiteren Machtmissbrauch zu schaffen.
Der Chicagoer Bürgermeister Johnson, ein Demokrat und ehemaliger Lobbyist der Chicago Teachers Union, erklärte: „Wir sind zutiefst besorgt über die Auswirkungen jeglicher rechtswidriger Stationierung von Soldaten der Nationalgarde in Chicago. Das Problem mit dem Vorgehen des Präsidenten ist, dass es unkoordiniert, unerbeten und unvernünftig ist.“
Es ist kaum möglich, eine Militärbesatzung auf noch lauwärmere Weise zu kritisieren.
Sowohl Pritzker als auch Johnson haben erklärt, es habe keine Kontaktaufnahme der Bundesregierung in Bezug auf die Entsendung von Truppen gegeben, und sie hätten auch keine entsprechende Anfrage gestellt. Pritzker erklärte, es gebe „keinen Notfall, der den Präsident der Vereinigten Staaten befugen würde, die Nationalgarde von Illinois unter Bundesbefehl zu stellen, die Nationalgarde anderer Bundesstaaten zu stationieren oder aktives Militärpersonal innerhalb unserer eigenen Grenzen einzusetzen“.
Justizministerin Pam Bondi erklärte am Donnerstag, sie habe Pritzker und Johnson bis zum 19. August (also bis letzten Dienstag) Zeit gegeben, städtische und bundesstaatliche Gesetze aufzuheben, die die Zusammenarbeit mit Maßnahmen der nationalen Einwanderungsbehörde einschränken (so genannte Sanctuary-City- und Sanctuary-State-Gesetze). Gegenüber Fox Business erklärte Bondi, die Botschaft an Illinois und andere Bundesstaaten mit ähnlichen Gesetzen laute: „Fügt euch, oder ihr seid als nächste dran.“
Die Washongton Post schrieb: „Die mit der Materie vertrauten Beamten erklärten, eine Militärintervention in Chicago sei schon seit langem in Planung, wahrscheinlich in Verbindung mit einer Ausweitung der Operationen der Einwanderungs- und Zollbehörde [Immigration and Customs Enforcement, ICE] für die Suche nach nicht gemeldeten Immigranten.“
Dies steht auch bei der militärischen und polizeilichen Besetzung von Washington D.C. im Mittelpunkt. Von den 719 Verhaftungen seit dem 11. August, als Trump Truppen in die Stadt beorderte, ging es bei mehr als 300 um Verstöße gegen das Einwanderungsrecht. Die Zahl an tatsächlichen Verhaftungen von Straftätern lag niedriger als die, welche die Metropolitan Police von D.C. allein in einem typischen Zwei-Wochen-Zeitraum durchführt.
Der Einsatz der Nationalgardisten vor Gebäuden der Bundesregierung wie dem Weißen Haus und dem Kapitol sowie an Touristenmagneten wie der National Mall, dem Washington Monument und dem Lincoln Memorial dient bisher vor allem als Machtdemonstration. Dies könnte sich diese Woche ändern, da Verteidigungsminister Pete Hegseth am Freitag den Befehl erließ, dass die Truppen Waffen tragen sollen – in der Regel halbautomatische M4- oder vollautomatische M4A1-Sturmgewehre.
Gemäß dem D.C. Home Rule Act von 1973 darf Trump die städtische Polizei von Washington nur für 30 Tage übernehmen, es sei denn der Kongress verabschiedet ein Gesetz zur Verlängerung seiner Befugnisse. Dies würde die Zustimmung der Demokratischen Partei im Senat erfordern. Der Einsatz der Nationalgarde aus D.C. und sechs republikanisch regierten Bundesstaaten sowie bewaffneter Bundespolizisten aus einem halben Dutzend Bundesstaaten würde jedoch fortgesetzt.
Wenn Trump unter dem Vorwand, Gewalt in Chicago sei ein Aufstand gegen die staatliche Autorität, die Nationalgarde von Illinois unter Bundesbefehl stellt, werden sowohl der Gouverneur als auch der Bürgermeister ihre Reaktion auf Klagen beschränken, deren Verhandlung vor Gericht Monate dauern wird. In der Zwischenzeit werden sie nichts unternehmen – genau wie in Kalifornien, wo der Gouverneur Gavin Newsom ein Verfahren vor einem Bundesgericht anstrengt.
David North
30 Jahre Krieg: Amerikas Griff nach der Weltherrschaft 1990–2020
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Alternativ könnte sich Trump auch auf den Insurrection Act von 1807 berufen und reguläre Truppen schicken. Dies würde eine sofortige Eskalation des Angriffs auf demokratische Rechte bedeuten und die USA an den Rand einer offenen Polizei- und Militär-Diktatur bringen.
Trump hat neben Chicago auch andere Städte als Ziele für eine militärische Besetzung genannt, darunter New York, San Francisco, Oakland und Baltimore. Er behauptete am Freitag, die Besetzung von Washington D.C. sei ein riesiger Erfolg bei der Verbrechensbekämpfung, u.a. habe es letzte Woche in dem Distrikt keine Morde gegeben: „Das ist das erste Mal seit Menschengedenken, dass es eine Woche lang keinen Mord gab.“
Tatsächlich gab es in diesem Jahr vor der militärischen Besetzung vier Wochen lang keine Tötungsdelikte, und die Zahl der schlimmsten Gewaltverbrechen ist – entgegen den Lügen des Weißen Hauses – von 2024 bis 2025 deutlich gesunken. CNN hat berichtet, dass die Zahl der Verhaftungen wegen Gewaltverbrechen seit dem 11. August zwar zurückgegangen, die Zahl der Verhaftungen wegen Verstößen gegen das Einwanderungsgesetz jedoch im gleichen Zeitraum um das Zehnfache angestiegen sei.
Fox News enthüllte unterdessen, dass 1.700 Nationalgardisten darauf vorbereitet werden, im Herbst in 19 Bundesstaaten eingesetzt zu werden, um die Einwanderungs- und Zollbehörde bei Razzien und der Inhaftierung von Migranten zu unterstützen. Die militärische Planung sieht die Aktivierung einer relativ kleinen Anzahl von Soldaten aus 19 Bundesstaaten vor, die alle von republikanischen Gouverneuren regiert werden: Alabama, Arkansas, Florida, Georgia, Idaho, Indiana, Iowa, Louisiana, Nebraska, Nevada, New Mexico, Ohio, South Carolina, South Dakota, Tennessee, Texas, Utah, Virginia und Wyoming. Zwei weitere republikanisch regierte Bundesstaaten, Mississippi und West Virginia, haben Nationalgardisten nach Washington entsandt, die aber nicht an Einsätzen der Einwanderungsbehörden beteiligt sind.
Eine Karte der Vereinigten Staaten mit den rot markierten 21 Bundesstaaten, die bis zum 24. August die Entsendung von Nationalgardisten nach Washington zugesichert haben [Photo: GisGeography.com]
Der Großteil der Soldaten der Nationalgarde wird in Texas stationiert werden, wo die Trump-Regierung in Fort Bliss, unweit von El Paso und nahe der Grenze der USA zu Mexiko, vor kurzem das größte Konzentrationslager für Immigranten in der Geschichte der USA eröffnet hat. Die Truppen bleiben unabhängig von ihrem Einsatzort dem Kommando ihrer jeweiligen Gouverneure unterstellt. Das Weiße Haus dementierte, dass diese Truppen an der Besetzung von Städten teilnehmen würden, denen Trump bisher gedroht hat.
Trotz der verbalen Proteste führender Demokraten aus Illinois hat die nationale Führung der Demokratischen Partei keinen Finger gerührt, um Trumps Kurs auf autoritäre Herrschaft entgegenzutreten. Der Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, erklärte am Sonntag bei einem Auftritt auf CNN, Trump habe „eine Krise herbeigeführt“, und: „Er treibt Spielchen mit dem Leben von Amerikanern“. Allerdings deutete er nicht einmal an, dass Trump eine schrittweise Machtergreifung verfolgt. Jeffries erklärte: „Wir sollten die lokalen Strafverfolgungsbehörden weiterhin unterstützen.“
Der ehemalige Bürgermeister von Chicago, Rahm Emanuel, der auch Kongressabgeordneter und unter Obama Stabschef des Weißen Hauses war, wies auf CNN darauf hin, dass Trump während seiner beiden Amtszeiten nie die Entsendung von US-Truppen ins Ausland, sondern nur in amerikanische Städte angeordnet hat. Damit hat Emanuel, der auch als potenzieller Kandidat für die Präsidentschaftswahlen im Jahr 2028 gilt, die wirkliche Sorge dieser Partei der Wall Street und des Militär- und Geheimdienstapparats ausgesprochen: dass Trump die globalen Interessen des US-Imperialismus vernachlässige, insbesondere den Krieg in der Ukraine gegen Russland.