Personelle Wechsel sind in der Politik sehr häufig ein zweischneidiges Schwert. Wem es gelingt, einen starken Kandidaten zu gewinnen, der freut sich über den kräftigen Neuzugang. Wer hingegen diesen Bewerber abgibt, der verspürt nicht selten ein Gefühl der Leere und des Verlassenseins.
Nach dieser Vorbemerkung wären wir bei Steffen Krach und der SPD im Unterbezirk Hannover. Zur Erinnerung: Zwölf Jahre lang hat ein Mitglied der SPD aus der Stadt Hannover, Stephan Weil, in der Staatskanzlei regiert. Man nannte ihn „den Oberbürgermeister von Niedersachsen“, da er sein Amt so ausübte wie er es vorher auch im Rathaus von Hannover als OB getan hatte. Weil war gut vernetzt, und es wird oft berichtet über die vielen Mitarbeiter, die er nach Kräften gefördert hat und die jetzt in nicht unwichtigen Positionen gelandet sind. Die Ära Weil ist jetzt aber vorbei, seit rund 100 Tagen regiert in der Staatskanzlei Olaf Lies. Der Sozialdemokrat aus dem Kreis Friesland ist ein Oldenburger. Ein anderer aus der Region Hannover hat seit 2019 großes Gewicht in der Partei: Matthias Miersch führt seit sechs Jahren den SPD-Bezirk Hannover, den größten von vier Bezirken im Land Niedersachsen, der vom Hamburger Umland bis zur Südspitze Niedersachsens reicht. Nun endet auch seine Ära als Bezirkschef, Miersch dürfte wegen seiner Belastung als Bundestagsfraktionschef das Parteiamt im Oktober aufgeben. Den Chefposten im Rathaus von Hannover hatte die SPD schon im Jahr 2019 eingebüßt, sie will ihn 2026 zurückerobern.
Der SPD Hannover geht das Spitzenpersonal aus (von links): Matthias Miersch, Steffen Krach, Adis Ahmetovic und Stephan Weil. | Foto: Anne Hufnagl (2), SPD, Jason Mitchell, Montage: RB
Als wären das alles nicht schon genug Verluste in wenigen Jahren, kommt nun noch der Fall des Regionspräsidenten Steffen Krach hinzu. Der Mann will abwandern. Ist die SPD in ihrem „Kraftzentrum Hannover“ dabei, immer stärker zu verlieren?
Die Nachricht über die wahrscheinliche Kandidatur von Steffen Krach für das Amt des Berliner Bürgermeisters schmeichelt zum einen Krach – denn sie zeigt: Er muss wohl als guter Wahlkämpfer gelten, sonst hätten sich die Berliner nicht um ihn bemüht. Zugleich aber dürfte der Weggang von Krach eine weitere Schwächung der Hannover-SPD nach sich ziehen. Nach dem Rathaus-Verlust 2019, dem Weil-Rücktritt im Mai 2025 und dem wahrscheinlichen Miersch-Abgang als Bezirkschef im Oktober 2025 käme ein weiterer Tiefschlag dazu. Das ist eben das Verflixte an der „Talentschmiede“, als die Hannover bei den Sozialdemokraten bislang immer gelten konnte. Viele Talente sind so gut gefördert worden, dass sie nun woanders gut gebraucht werden und kaum noch Zeit für Hannover haben. Miersch muss sich um die Bundestagsfraktion kümmern, Hannovers SPD-Stadtchef Adis Ahmetovic ist als Chef-Außenpolitiker der Bundes-SPD gedanklich auf dem ganzen Erdball unterwegs – und Krach, der Ehrgeizige, will der Retter der in sich zerstrittenen Berliner SPD werden. Dazu wird er wohl umziehen müssen. Und wer füllt die Lücke in Hannover? Man weiß es noch nicht. Im SPD-Bezirk dürften die zuweilen ungeliebten Genossen aus den Randbereichen an Gewicht gewinnen, etwa Grant Hendrik Tonne aus Nienburg. Arme SPD Hannover!
Wir beleuchten in der heutigen Ausgabe die Lage der niedersächsischen SPD nach dem angekündigten Krach-Wechsel nach Berlin etwas genauer. Daneben geht es noch um andere Themen:
So viel für heute. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag. Falls Sie eine Idee haben, wer die hannoversche SPD künftig repräsentieren kann, schreiben Sie uns bitte. Wir sind für alle Vorschläge dankbar und leiten diese dann gern an die Partei weiter.
Klaus Wallbaum