Stand: 25.08.2025 12:44 Uhr

Am Mittwoch starten Deutschlands Basketballer in Finnland in die Eurobasket 2025. Der EM-Titel ist ihr Ziel – auch, weil NBA-Star Franz Wagner besser denn je spielt. In Abwesenheit aktueller Alba-Akteure hält er die Berliner Basketball-Fahne hoch. Von Jakob Lobach

Es ist eine im doppelten Sinne große Reisegruppe, die sich am Montag in Köln auf den Weg nach Finnland machen wird: zwölf hochgewachsene und breitschultrige Basketballer, dazu ein gutes Dutzend Trainer, Betreuer und Ärzte. Mit vielen Sportklamotten und noch mehr sportlichen Ambitionen im Gepäck besteigt die deutsche Nationalmannschaft ihr Flugzeug gen Tampere, wo sie am Mittwoch (15:30 Uhr, MagentaSport) gegen Montenegro in die Europameisterschaft 2025 starten wird.

Alba Berlin Sam Griesel (m.) im Testspiel gegen Hamburg | Bild: Alba Berlin

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Alba-Spieler in der Qualifikation, aber nicht im EM-Kader

Mehr denn je ist sie dabei ein Titelfavorit. Dabei fehlt ein Schwergewicht des deutschen Basketballs beim Blick auf den Kader komplett: Alba Berlin. Zum ersten Mal seit der EM 2017 hat die deutsche Mannschaft bei einer EM oder WM keinen aktuellen Spieler von Alba Berlin in ihrem Aufgebot. Bleibt die Frage: Wie viel Berliner Basketball steckt noch in den deutschen Titelträumen?

Zuallererst sei der Chronistenpflicht halber erwähnt, dass gleich mehrere Alba-Akteure entscheidend mitgeholfen haben, die DBB-Auswahl überhaupt erst zur EM zu führen. In Abwesenheit der NBA-Stars und zahlreicher Euroleague-Akteure gehörten die Eigengewächse Jonas Mattisseck, Malte Delow und Tim Schneider zu dem vielköpfigen Spieler-Sammelsurium, das die Qualifikationsarbeit übernahm. Ganz zu schweigen von der wenig glanzvollen, oft strukturellen Vorarbeit, die Alba in den vergangenen Jahrzehnten im deutschen Basketball geleistet hat.

Zwei Gründe für die akute Alba-Armut im deutschen Team

Dass es für deutschen Alba-Glanz auf der EM-Bühne aktuell nicht reicht, hat zweierlei Gründe. Der erste ist Albas zuletzt Stück für Stück geschwundene sportliche und finanzielle Konkurrenzfähigkeit mit den Top-Klubs in Europa. Allen voran wiegt das Davoneilen des FC Bayern Basketball schwer. Der zahlungskräftige Erzrivale hat Alba eindeutig den Rang als erste einheimische Anlaufstelle für gestandene deutsche Top-Spieler abgelaufen.

Albas Sportdirektor Himar Ojeda (l.) im Gespräch mit Geschäftsführer Marco Baldi (imago images/camera4+)

Albas Kaderplanung wird zur Geduldsprobe

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Der zweite Grund ist, dass die Anzahl deutscher Top-Spieler außerhalb Deutschlands fast absurd groß geworden ist. Sieben deutsche Spieler werden diesen Herbst in die neue NBA-Saison starten. Hinzukommen fünf Akteure im europäischen Euroleague-Ausland. Es sind Zahlen, die im bereits erwähnten Jahr 2017 unvorstellbar waren. Damals hätten gute, aber eben nicht außergewöhnlich gute Akteure wie Delow und Schneider realistische Chancen gehabt, zum EM-Kader zu gehören.

Franz Wagner hält die Berliner Basketball-Fahne hoch

Nicht aber in diesem Sommer. Da muss sich Alba bei der EM-Betrachtung durch die Vereinsbrille auf seine Vorarbeit beschränken. Im Fokus wird hierbei allen voran einer stehen – Franz Wagner. Dessen Alba-Geschichte von der Grundschul-AG bis zur Debütsaison als Vollprofi mit gerade einmal 17 Jahren ist oft erzählt worden. Bei Alba goss Wagner das Fundament, auf dem er aktuell eine beeindruckende NBA-Karriere baut.

Dieser Sommer ist der erste, in dem Wagner dem Aufbauspieler Dennis Schröder womöglich endgültig den Rang als aktuell bester deutscher Basketballer abgelaufen hat. An Schröders essenzieller Wichtigkeit besteht weiterhin kein Zweifel – der 31-Jährige kann in engen Schlussphasen immer noch Spiele im Alleingang entscheiden. Aber er wird den Ball eben auch immer häufiger in die Wagnerschen Hände geben – während der Gruppenspiele in Finnland und auch der anvisierten, nahezu garantierten K.o.-Phase im lettischen Riga.

Auch als Kommunikator gefragt: Franz Wagner spricht nach einem Testspiel | Bild: IMAGO/camera4+

Vom besonderen Talent zu einem der besten Basketballer Europas

Aus einem besonderen 17-jährigen Talent ist sechs Jahre nach Wagners Abschied aus Berlin einer der aktuell zehn besten europäischen Basketballer geworden. Sein ganzheitliches Spielverständnis, das Timing und die technische Variabilität ließ Wagner schon zu seinen Lehrjahren bei Alba aufblitzen. Mittlerweile aber paart Wagner sie mit dem Selbstvertrauen eines gestandenen NBA-Spieler, dem Selbstverständnis eines Weltmeisters.

Im Gleichschritt mit seinem Spiel hat er auch seinen Habitus auf dem Parkett noch einmal weiterentwickelt. Wagner lässt immer häufiger auch mal wortwörtlich seine Muskeln spielen. Er ist nicht mehr einfach nur besonders gut, sondern mittlerweile auch mal „nasty“, also im bestmöglichen Sinne böse. Dazu hat Wagner diesen Sommer mehrfach den Anspruch angemeldet, zusammen mit Schröder auch in Sachen Kommunikation voranzugehen – auch, weil mit Bruder Moritz eine der sonst kommunikativsten Stützen dem Team verletzt fehlt.

Der Eine lernt in Sachen Trash Talk vom Anderen: Franz Wagner und Dennis Schröder | Bild: IMAGO/camera4+

Zwei weitere (Wahl-)Berliner als wichtige Rollenspieler

Dass Franz Wagner mit seinen 23 Jahren bei dieser EM der Jüngste im deutschen Kader ist, wird nichts daran ändern, dass seine allesamt älteren Mitspieler seiner Marschroute folgen werden. Schließlich hat sich das deutsche Teamgefüge in den vergangenen Sommern so sehr verfestigt, dass jeder Spieler auch unter dem neuen Bundestrainer Alexa Mumbru genau weiß, welche Rolle er einnehmen soll.

Das gilt auch für Maodo Lo und Johannes Thiemann, die beiden anderen Akteure im besonderen Berliner Fokus. Anders als Franz Wagner wurden sie zwar nicht in jungen Jahren bei Alba ausgebildet, bildeten sich dort allerdings als Profis noch einmal entscheidend weiter.

Der gebürtige Berliner Lo, etablierte sein rhythmisches, mitunter fast tänzerisches Spiel auf allerhöchstem europäischem Niveau – er spielt mittlerweile in Kaunas. Thiemann wurde in seinen sechs Alba-Jahren zum Kapitän und einem europaweit gefürchteten Gegenspieler am Zonenrand, bevor er nach Japan wechselte. So steckt eben doch mehr als nur ein bisschen Berlin in der großen deutschen EM-Reisegruppe.

Sendung: rbb24 Inforadio, 27.08.2025, 16:15 Uhr

Rundfunk Berlin-Brandenburg