https://www.uni-leipzig.de/newsdetail/artikel/mit-dem-forschungsflugzeug-halo-wolken-ueber-neuseeland-erforschen-2025-08-26

In Sachen Wolken ist die Region im äußersten Süden Neuseelands (Aotearoa) weltweit einzigartig: Es ist eine der unberührtesten, saubersten und dennoch zugänglichen Regionen der Welt. Ein internationales Konsortium mit Beteiligung des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS) und der Universität Leipzig wird deshalb die Wolken in dieser Region während der Kampagne „goSouth-2“ eineinhalb Jahre lang detailliert untersuchen. Eingebettet in goSouth-2 wird das von der Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Project ACADIA insbesondere den Einfluss von kleinen Änderungen in der Luftqualität auf die Wolkenbildung untersuchen. Das deutsche Forschungsflugzeug HALO wird aktuell an seiner Heimatbasis beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen für den Einsatz in Neuseeland vorbereitet.

Während der Mission „HALO-South“ wollen die Forschenden ab September das Zusammenspiel von Wolken, Aerosolen und Strahlung über dem Südlichen Ozean untersuchen. Dazu wird HALO fünf Wochen lang von Christchurch aus Messflüge über den Ozeanen der sauberen Südhemisphäre unternehmen. „Wir hoffen, dass wir mit der groß angelegten Messkampagne HALO-South einen wichtigen Beitrag liefern können, um diese Lücke zu schließen“, erklärt Kampagnenleiterin Prof. Mira Pöhlker vom TROPOS und der Universität Leipzig. „Wir sind sehr froh, dass wir sehr viele erfahrene Expertinnen und Experten an Bord haben, um zusammen Fragen zu klären wie: Welche Aerosole gibt es im Südlichen Ozean? Woher kommen sie? Wie verändern sie die Wolken?“, so Pöhlker. Von den Messungen erhoffen sich die Forschenden nicht nur wichtige Daten, um Wettervorhersagen und Klimamodelle im wenig erforschten Süden optimieren zu können, sondern auch ein besseres Grundlagenverständnis wie die Atmosphäre und die Wolken auf einen Rückgang der Emissionen in den kommenden Jahrzehnten reagieren werden. Die Flugzeugmessungen während „HALO-South“ werden hauptsächlich von der DFG finanziert, mit Beteiligungen vom Max-Planck-Institut für Chemie (MPIC) und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Sie sind der Auftakt zu intensiven Forschungskooperationen zwischen Deutschland und Neuseeland.

Saubere Luft des Südens als Herausforderung für Klimamodelle

Die Fernerkundungsbeobachtungen vom Boden aus sind eine wichtige Verbindung zwischen der Flugzeug-Mission „HALO-South“ des Forschungsflugzeugs HALO im September und Oktober 2025 sowie den für 2027/28 geplanten Expeditionen der deutschen Forschungsschiffe Sonne und Polarstern, die alle die Atmosphäre des Südlichen Ozeans am Rande der Antarktis untersuchen werden. Maßgeblich an den Projekten beteiligt sind auch der Wetterdienst MetService New Zealand und die University of Canterbury in Christchurch (Ōtautahi).

Die Wolken über der Südspitze der Südinsel Neuseelands sind hauptsächlich vom Meer beeinflusst, wenn die Luftmassen aus dem Süden von der Antarktis und dem Südlichen Ozean in Richtung Neuseeland ziehen. Große kontinentale Emissionsquellen wie Mineralstaub, Waldbrandrauch oder menschengemachte Beiträge aus Industrie und Verkehr existieren entlang dieser Zugbahn nicht. Andererseits gibt es aber auch Episoden mit staubhaltiger und durch Menschen verschmutzter Luft, wenn sich die Luftmassen über Australien nach Neuseeland bewegen oder in großen Höhen Waldbrandrauch aus Afrika oder gar aus Südamerika herantransportiert wird. Es sind vermutlich die großen Kontraste in der Luftbelastung, die Wetter- und Klimamodelle vor bisher ungelöste Herausforderungen stellen. Nach wie vor ist die Qualität der Bewölkungsvorhersagen über der Südhalbkugel der Erde schlechter als für die nördliche Hemisphäre. Im Verdacht steht die dort vorherrschende saubere Luft mit einem Mangel an Aerosolpartikeln, die als sogenannte Nukleationskeime für Wolkentropfen oder Eiskristalle benötigt werden. 

Sieben Jahre Vorbereitung für große Messkampagnen am Rande des Südlichen Ozeans

Seit 2018 laufen die Vorbereitungen für das große Atmosphärenforschungsprojekt, mit dem in den kommenden Monaten detaillierte Daten von Aerosolen, Wolken und Niederschlägen gesammelt werden, die die globale Klimamodellierungsgemeinschaft dringend benötigt. Die Kampagne trägt den Namen „goSouth-2“, weil es 2022 bereits eine erste Testkampagne „goSouth“ zusammen mit dem National Institute of Water and Atmospheric Research (NIWA) in Neuseeland gegeben hat. 

„Wir tasten mehrmals pro Minute die Verteilung und die Bewegung von Aerosol- und Wolkenpartikeln in der Atmosphäre über uns mit einer Genauigkeit von wenigen Metern ab. Dadurch können wir die verschiedenen Bestandteile wie Eiskristalle, Wolkentropfen oder die verschiedenen Aerosoltypen voneinander unterscheiden. Das bildet die Grundlage aller nachfolgenden Untersuchungen zu den Wechselwirkungen zwischen Aerosolen und Wolken“, erklärt Dr. Patric Seifert vom TROPOS. „Da die eingesetzten Radare auch Profile von Niederschlagspartikeln erfassen, lässt sich zudem der Einfluss der unterschiedlichen Luftmassen auf die Regenbildung untersuchen“, so Prof. Heike Kalesse-Los von der Universität Leipzig. 

Der Ort an der Südspitze der Südinsel ist ideal, um die ursprüngliche saubere Luft aus der Antarktis und vom südlichen Ozean zu charakterisieren. Trotzdem rechnen die Forschenden in etwa 25 Prozent der Zeit mit Luftmassen aus Australien, die stärker mit Aerosolpartikeln belastet sind. „Dieser Kontrast wird uns detaillierte Vergleiche erlauben wie bereits eine erste Analyse von Langzeit-Lidarmessungen aus Lauder, Neuseeland zeigen konnte“, erklärt Patric Seifert. Ziel von „goSouth-2“ ist eine detaillierte Kontraststudie der Wolkeneigenschaften in sauberer antarktischer Luft gegenüber Wolken in aerosolbelasteter australischer Luft. Eine derartige Untersuchung ist der Schlüssel zu einem besseren Verständnis der möglichen Variabilität von Wolken unter wechselnden Aerosolbedingungen. Dazu hat das Team um Patric Seifert und Heike Kalesse-Los von der Universität Leipzig eine Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für das Projekt „ACADIA“ erhalten.

Begleitende Bodenmessungen der Universität Leipzig 

Die Forschenden der Universität Leipzig werden neben der Zusammenarbeit im ACADIA-Projekt während der kommenden Monate die „HALO-South“-Flugkampagne mit zusätzlichen Messungen am Tāwhaki National Aerospace Centre auf der östlichen Seite der Südinsel von Neuseeland begleiten. Das Wolkenradar LIMRAD94 der Universität Leipzig wurde mit den TROPOS-Containern nach Neuseeland verschifft. Außerdem werden an jedem Flugtag von HALO mehrere Radiosonden (Wetterballons) von Tāwhaki aus gestartet. Die Bodenmessungen am Flughafen Invercargill (Waihōpai) und am Tāwhaki National Aerospace Centre sind zudem auch Teil des EU-Projekts CleanCloud, das die Wechselwirkungen zwischen Aerosolen und Wolken untersucht, um das Verständnis der Klimadynamik in einer sich ständig verändernden Welt zu verbessern.