Richard Osman war eigentlich Moderator einer Quizshow beim britischen Sender BBC, bevor ihm nach dem Besuch einer luxuriösen Wohnanlage für Senior*innen die Idee zu einem Buch kam. Sein über einen Zeitraum von 18 Monaten zunächst geheim entwickeltes Manuskript rund um greise Kriminalist*innen war so heiß begehrt, dass im Frühjahr 2019 innerhalb kürzester Zeit zehn Verlage in einen erbitterten Bieterstreit eintraten. Das sorgte auch jenseits des Atlantiks für großes Aufsehen, weshalb sich Steven Spielbergs Produktionsfirma Amblin Entertainment noch vor der Veröffentlichung von „The Thursday Murder Club“ gegen ein Dutzend Konkurrenten die Verfilmungsrechte sicherte. Das im Herbst 2020 veröffentlichte Romandebüt schlug auf dem Buchmarkt dann auch ein wie eine Bombe: Zusammen mit den drei erschienen Fortsetzungen gingen bislang insgesamt mehr als zehn Millionen Exemplare über die Ladentheke.

Kaum verwunderlich als, dass die nun exklusiv auf Netflix startende Bestseller-Adaption auch in Sachen Budget aus dem Vollen schöpfen konnte und eine ganze Reihe hochkarätiger Alt-Stars jenseits der 70 im Cast versammelt. Unter der souveränen Regie von Chris Columbus („Harry Potter und der Stein der Weisen“) geben Helen Mirren („Golda“), Ben Kingsley („Schindlers Liste“), Ex-Bonddarsteller Pierce Brosnan und Celia Imrie („Bridget Jones: Verrückt nach ihm“) in der Krimikomödie ein wunderbar spleeniges Hobby-Kriminalist*innen-Quartett ab.

Bei der Besetzung hat Netflix offensichtlich keinerlei Kosten und Mühen gescheut!

Netflix

Bei der Besetzung hat Netflix offensichtlich keinerlei Kosten und Mühen gescheut!

Drei Hobbydetektiv*innen der luxuriösen Seniorenwohnanlage Coopers Chase treffen sich wöchentlich zum titelgebenden „Thursday Murder Club“. Aktuell ermitteln der Psychiater Ibrahim (Ben Kingsley), der ehemalige Gewerkschaftsführer Ron (Pierce Brosnan) und die pensionierte MI6-Agentin Elizabeth (Helen Mirren) in einem 50 Jahre zurückliegenden Cold Case um einen rätselhaften Mord, wobei sie schon bald Unterstützung von Neuzugang Joyce (Celia Imrie) erhalten.

Doch dann der Schock: Bei einer Versammlung verkündet Coopers-Chase-Miteigentümer Ian Ventham (David Tennant), dass auf dem Anwesen Luxus-Wohnungen geschaffen und die aktuellen Senior*innen vor dir Tür gesetzt werden sollen. Als kurze Zeit später Venthams Geschäftspartner Tony Curran (Geoff Bell) ermordet aufgefunden wird und die Polizei zunächst im Dunkeln tappt, schaltet sich das hartnäckige Rentner-Quartett in die Ermittlungen ein…

Ein Quartett zum Verlieben

Ganz im Stil eines Cosy-Krimis setzt „The Thursday Murder Club“ auf die sympathische Schrulligkeit und die spleenigen Eigenheiten seiner Protagonist*innen, die bei den leidlich spannenden, zwischenzeitlich sogar etwas in den Hintergrund tretenden Ermittlungen für zahlreiche Pointen sorgen. Pierce Brosnan ist sich als sportbegeisterte „Rampensau“-Figur auch für schräge Auftritte nicht zu schade, wenn er im karierten Retro-Hochzeitsanzug zur Verteidigung seines Sohns in der Polizeistation aufkreuzt oder einem einfältigen Polizisten bei einem Hausbesuch einen abgefuckten Alkoholiker mit Essensresten im Gesicht vorspielt. Ben Kingsley gibt mit vornehmer Zurückhaltung den distinguierten Seelendoktor mit Notizblock im Anschlag, der schon mal Carl Gustav Jung zitiert. Und Celia Imrie hat eine diebische Freude daran, als extrem häusliche Über-Mutti Informationen zu bekommen, indem sie die Polizei mit ihren zahlreichen Kuchen- und Tortenkreationen besticht.

Am meisten beweist jedoch die zum Zeitpunkt der Dreharbeiten im Sommer 2024 immerhin bereits 79-jährige Helen Mirren, dass sie noch längst nicht zum alten Eisen gehört. Als toughe und scharfzüngige Ex-Agentin, die entfernt an Agatha Christies Heldin Miss Marple erinnert, beeindruckt sie immer wieder mit messerscharfer Kombinationsgabe und keckem Understatement. Etwa wenn sie im schnittigen Fahrstil zusammen mit der ungläubigen Polizei Donna de Freitas (Naomi Ackie) mal eben zu einem frisch enttarnten Hauptverdächtigen durch die Stadt heizt. Stets mit akkurat gekämmter Frisur erhält Joyce auch von ihrem dementen Ehemann (Jonathan Pryce) ein durchaus augenzwinkerndes Kompliment, wenn er sie einmal mit der englischen Königin vergleicht (für deren Darstellung Helen Mirren in „Die Queen“ ja tatsächlich den Oscar gewann).

Oscargewinnerin Helen Mirren sticht aus dem durchweg gut aufgelegten Cast sogar noch einmal besonders heraus.

Netflix

Oscargewinnerin Helen Mirren sticht aus dem durchweg gut aufgelegten Cast sogar noch einmal besonders heraus.

Der mit vielen Wendungen angereicherte Plot kann zwar Genre-Primus „Knives Out – Mord ist Familiensache“ auch mangels Bissigkeit nicht ganz das Wasser reichen, doch dafür überzeugt neben den skurrilen Charakteren auch die Ausstattung. Die zahlreichen Zimmer in der weitläufigen Wohnanlage Coopers Case sind mit Blümchentapete, gerahmten Bildern, alten Schwarz-Weiß-Fotografien, Möbeln in Pastellfarben oder Nippes so detailreich, aber auch so individuell eingerichtet, sodass man sich darin schnell wie zu Hause fühlt. Wahrhaft cosy eben.

Fazit: Mit viel Witz und noch mehr Macken löst die hochkarätig besetzte Rentner*innen-Truppe um die toughe Helen Mirren durchweg vergnüglich ihren ersten Fall. Chris Columbus gelingt mit diesem Cosy-Krimi einmal mehr familienfreundliche Unterhaltung der besten Sorte.