Stand: 26.08.2025 13:57 Uhr

Deutschland fördert Unternehmen – laut dem wissenschaftlichen Beirat des Wirtschaftsministeriums aber nicht richtig. Zu viele Maßnahmen könnten dazu führen, dass die Industrie sich stärker an der Politik ausrichte und weniger am Markt.

Staatliche Förderung für Unternehmen, aber anders als bislang: Das empfiehlt der wissenschaftliche Beirat des Wirtschaftsministeriums. Subventionen dürften nicht ausufern, sondern sollten gezielter angelegt werden, sagen die Experten.

Durch zu viele Maßnahmen und Ziele bestehe die Gefahr, dass die Wirtschaftsförderung zu einem „Sammelsurium von Subventionen“ ohne Kompass verkomme, teilte der Beirat bei der Vorstellung eines neuen Gutachtens mit. Das könne schädliche Folgen haben, weil Unternehmen ihre Investitionen stärker an den Entwicklungen der Politik und weniger an Marktchancen ausrichteten.

Wirtschaftsbelebung an anderer Stelle vernachlässigt

Zudem bestehe die Gefahr, dass bei einer Fokussierung auf Fördermaßnahmen wesentliche Schritte zur Wirtschaftsbelebung an anderer Stelle vernachlässigt werden. Besser sei daher die „Rücknahme exzessiver Regulierung“ und eine „konsequente Entbürokratisierung“, sagte der Beirats-Vorsitzende Eckhard Janeba.

Es gebe aber auch gerechtfertigte Eingriffe, etwa wenn wichtige gesellschaftliche Ziele nicht über den Markt erreichbar seien, erläuterte der Experte Achim Wambach – zum Beispiel die neuen weltpolitischen Herausforderungen und der Wandel der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität.

Das Ziel sei Vollbeschäftigung

Die Experten empfehlen zudem, bei staatlichen Eingriffen für eine geringere Krisenanfälligkeit zu überprüfen, warum Firmen nicht eigenständig für Lieferkettensicherheit sorgen und wo konkrete Schutzlücken bestehen.

Der Beirat äußerte sich auch kritisch zum Argument einer europäischen Produktion für den Erhalt von Arbeitsplätzen: In einer sozialen Marktwirtschaft ziele die Wirtschaftspolitik auf Vollbeschäftigung ab, nicht auf den Erhalt von Beschäftigung in bestimmten Sektoren.

DIHK fordert mehr Reformen

Die Unternehmen selbst erwarten von der Bundesregierung mehr Tempo bei Reformen. „Dieser Herbst 2025 muss der Herbst der Reformen werden“, sagte die Hauptgeschäftsführerin der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Helena Melnikov. Die deutsche Wirtschaft stecke nach den zuletzt schwachen Konjunkturdaten „tiefer in der Krise, als viele wahrhaben wollen“.

Sinkende Investitionen, schrumpfende Exporte und die anhaltende Bauflaute hatten das Bruttoinlandsprodukt von April bis Juni um 0,3 Prozent zum Vorquartal schrumpfen lassen. Das ist deutlich mehr als zunächst erwartet worden war.

Aufwärmphase für Schwarz-Rot sei vorbei

Melnikov sagte, die schwarz-rote Bundesregierung sei mit großen Versprechen gestartet, entsprechend groß seien die Hoffnungen auf Reformen gewesen. Die Aufwärmphase sei nun vorbei. „Jetzt braucht es entschlossene Taten.“

Positiv seien die Investitionspakete sowie Impulse für Infrastruktur und Sicherheit. Doch das reiche nicht, so Melnikov. „Spätestens seit dem Stromsteuer-Debakel schwindet das Vertrauen vieler Unternehmen erneut.“ Die Abgabenlast müsse dringend sinken, die Verwaltung modernisiert und der Fachkräftemangel entschlossen angegangen werden.

Steuererhöhungen? Falsches Signal

„Entscheidend ist, dass Produktivität und Wirtschaftskraft schneller wachsen als die Sozialausgaben“, ergänzte Melnikov. Dies gelinge nicht mit Steuererhöhungen, sondern nur mit Strukturreformen.

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil hatte Steuererhöhungen ins Spiel gebracht, um die riesigen Löcher im Haushalt 2027 zu stopfen – für Melnikov das falsche Signal. „Schon die Diskussion darüber sorgt für einen erheblichen Vertrauensverlust in der Wirtschaft.“