Dresden/Kirkenes – Die längste Strecke Europas: etwa 7800 Kilometer und 86.000 Höhenmeter, von der norwegisch-russischen Grenze bis zum portugiesischen Atlantik, 14 Länder in knapp sechs Wochen – und eine Vision!
Der Dresdner Markus Weinberg ist vor über einer Woche zu einer Radreise quer durch den Kontinent aufgebrochen, um zu erfahren (im wahrsten Sinne des Wortes), „was Europa auf dem Herzen liegt“. Der Ex-Radsportler und Filmemacher will vor allem „positive Geschichten aufsammeln“, so Weinberg über sein bisher größtes Europa-Erlebnis, bei dem er täglich etwa 160 Kilometer zurücklegen will.
Mehr geht nicht: Weinbergs Gepäck ist auf das Wesentlichste reduziert. Gerade genug, um u.a. in der Wildnis Skandinaviens zu campieren
Foto: Markus Weinberg
Werben für Europa
Die genaue Route hat der Outdoor-Abenteurer „European Connection Trail“ getauft. Die Idee für die Tour kam ihm, als er vor drei Jahren mit Gravel Bike und Zelt durch Kanada und die USA bis nach Mexiko fuhr. 2019 hatte der Brite Andy Cox einen „European Divide Trail“ durch neun Länder geprägt. Statt „Divide“ setzt Weinberg bewusst auf „Connection“ (aus dem Englischen: Verbindung).
Denn Weinberg will vor allem für die europäische Einheit werben, hat die Strecke dafür extra um weitere Länder erweitert, unter anderem auch um alle EU-Gründungsstaaten. „Wir sollten den europäischen Gemeinschaftsgedanken stärker in den Mittelpunkt rücken“, betont der Sportler. Zudem wolle er Menschen motivieren, den Kontinent selbst zu bereisen – und lädt dazu ein, ihn während seiner Europadurchquerung streckenweise mit dem Rad zu begleiten.
Straßenverkehr in Finnland: Ein Rentier kreuzt die Straße gen Süden
Foto: Markus Weinberg
Gegenüber BILD zieht Weinberg nach den ersten 1000 Kilometern ein erstes Fazit: „Ein großer Abschnitt liegt bereits hinter mir, einige Abläufe mussten sich erst einspielen und ich musste mich an die riesigen Distanzen gewöhnen – aber auch an die wenigen Orte, wo man Lebensmittel kaufen konnte, denn die Entfernungen sind meist enorm“.
In Nordeuropa ist Radfahren ein teils einsames Unterfangen – dafür Weite und Natur soweit das Auge reicht
Foto: Markus Weinberg
Weinberg will unterwegs viele Interviews führen
„Unterwegs möchte ich möglichst viele Menschen zu Europa befragen“, sagt Weinberg. In kurzen Interviews will er versuchen „herauszufinden, wie es hier um Europa bestellt ist. Und wie ist das Leben generell da, wo sie wohnen?“ Zum Schluss will er dann bis Portugal „ein schönes Kaleidoskop an Stimmen“ gesammelt haben.
Ein Interview, welches Weinberg bereits im Kasten hat, ist eines mit Ni Nolin, die mitten in einem finnischen Wald ein kleines Geschäft betreibt.
Der kleine Laden von Ni Nolin hält sich in einem schwedischen Waldstück über Wasser – in einer Region, in der immer weniger Menschen leben
Foto: Markus Weinberg
„Menschen fühlen sich ihrer Heimat verbunden“
„Man muss sagen, dass ich bereits in der ersten Woche mit Begegnungen reich beschenkt wurde. Ich habe mehrfach im Zelt geschlafen, aber auch schon viele Einladungen genießen dürfen. Zum Beispiel die von Ni, die mich mitten in der Nacht während eines Unwetters mitten im Wald zu sich in eines ihrer kleinen Häuser eingeladen hatte“.
Und weiter: „Allein ihre Geschichte ist unglaublich. Sie wohnt in einem Ort, in dem es schon lange keine Kinder mehr gibt“. Jetzt sei die Unternehmerin aber schwanger und wird ihrer Heimat nach 65 Jahren wieder ein erstes Kind schenken.
Ni Nolin schreibt unter anderem auch Kinderbücher, die in ihrer schwedischen Heimatregion spielen
Foto: Markus Weinberg
Weinberg nimmt während der ersten Begegnungen vor allen wahr, „dass sich die Menschen ihrer lokalen Region sehr verbunden fühlen“. Dabei würden die meisten Europa „kaum wahrnehmen“, aber das freie Reisen enorm schätzen.
In Kirkenes, in der norwegischen Grenzregion zu Russland (im Hintergrund ein sowjetisches Befreiungsdenkmal) ist auch der Krieg in der Ukraine präsent
Foto: Markus Weinberg
Zwei Zwischenstopps geplant: Nach einer Einladung ins Europäische Parlament will er am 9.9. Halt in Straßburg machen. Ein weiterer Halt ist beim Europäischen Mountainbike-Kongress am 17.9. im spanischen Boltaña geplant.
Hier gelangt man zum Livetracking der Tour, kann genau sehen, wo sich Weinberg befindet.