Duisburg. Das Defizit der Stadt wird 2025 größer als erwartet. Das teilt Kämmerer Martin Murrack mit. Er nennt drei Hauptgründe – und reagiert mit einer Anordnung.

Im Kommunalwahlkampf hatte Dr. Sebastian Ritter, OB-Kandidat der Grünen, vor Tagen gewarnt: „Ich bekomme aus der Stadtverwaltung den Hinweis, dass jetzt schon wild Gelder hin und hergeschoben werden, um vor der Wahl ja nicht rauskommen zu lassen, dass wir in der Stadt Duisburg deutlich unterfinanziert sind.“ Zur verschlechterten Finanzlage war Ritter offenbar richtig informiert: Kämmerer Martin Murrack hat am Dienstag in einer Pressemitteilung bekanntgegeben, dass die Stadt am Jahresende mit einem deutlich größeren Defizit rechnet als bislang angenommen. Er hat eine „restriktivere Haushaltsführung“ angeordnet.

Der aktuelle Controlling-Bericht zum Stichtag 30. prognostiziere zum Jahresende einen Fehlbetrag von rund 147,42 Millionen Euro, teilt die Stadt mit. Dies entspreche einer Verschlechterung von 103,75 Millionen Euro gegenüber dem ursprünglich geplanten Defizit von 43,67 Millionen Euro, erläutert Stadtsprecher Falko Firlus in der Mitteilung.

Sozialausgaben, Sold, Gebag: Duisburg erwartet Defizit von 147,42 Millionen Euro

Der Hauptgrund seien die stark gestiegenen Sozialausgaben, die sich um rund 68 Millionen Euro erhöht hätten.

Hinzu kommen Mehrbelastungen bei den Personal- und Versorgungsaufwendungen für Beschäftigte der Stadt in Höhe von circa 53 Millionen Euro. Dazu geführt haben Tarifabschlüsse und Besoldungserhöhungen für 5700 Beschäftigte der Verwaltung im Jahr 2024 und die Besetzung freier Stellen.

Darüber hinaus wirke sich die Unterstützung der Wohnbaugesellschaft Gebag mit rund 40 Millionen Euro negativ auf die Bilanz aus. Der Rat hatte im Mai die Rettung der Gebag und ihrer Flächenentwicklungstochter beschlossen. Die Neuaufstellung der städtischen Baugesellschaft kostet die Stadt zunächst insgesamt 165 Millionen Euro (wir berichteten).

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Das alte Güterbahnhofsgelände in Duisburg südlich des Hauptbahnhofs. Hier plant die Gebag zwischen Autobahn A59 und Bahnstrecke das gemischte Quartier „Duisburger Dünen“. Luftbild: Gebag  

Stadt hofft auf Mehreinnahmen durch Gewerbesteuer

Erfreulich sei dagegen die Entwicklung bei den Einnahmen durch die Gewerbesteuer: Hier rechnet die Stadt mit mehr Einnahmen als zuvor kalkuliert. Genaue Angaben dazu machte sie zunächst nicht.

„Die aktualisierte und validierte Haushaltsprognose bestätigt die zuletzt in der Juni-Ratssitzung skizzierten Haushaltsverschlechterungen und macht deutlich, dass wir vor großen finanziellen Herausforderungen stehen“, zitiert die Stadt Kämmerer Murrack. „Insbesondere die, nicht nur in diesem Jahr, stark steigenden Soziallasten zeigen dabei, dass Bund und Land ihrer Verantwortung gegenüber den Kommunen nicht gerecht werden.“

Anordnung: Verwaltung darf kein Geld für freiwillige Leistungen mehr ausgeben

Murrack sehe sich wegen des Millionenlochs im Haushalt „gezwungen, dieser Entwicklung entgegenzutreten. Daher tritt ab sofort, ergänzend zur bestehenden Controllingpraxis, eine restriktivere Haushaltsführung in Kraft“, betont der Stadtdirektor und Stadtkämmerer. Durch die Verwaltung dürften darum „insbesondere nur noch solche Ausgaben geleistet werden, die wirtschaftlich sind oder zu denen sie rechtlich verpflichtet ist“. Tabu sind somit vorerst die „freiwilligen Leistungen“, etwa im Bereich Sport oder Kultur.

Aufsichtsrechtliche Maßnahmen gegenüber der Stadt Duisburg seien nicht zu erwarten, so Stadtsprecher Firlus. Der Grund dafür seien nicht zuletzt die positiven Jahresabschlüsse der Vorjahre: „Zudem zeigen die Jahresergebnisse der letzten Jahre, dass die Prognose zum 30. Juni selbst noch Schwankungen unterworfen ist.“ So lagen die positiven Abweichungen 2024 bei 57,53 Millionen Euro, 2023 bei 64,72 Millionen Euro und 2022 bei 197,40 Millionen Euro.

Für Duisburgs Haushalt 2024 war kein Haushaltssicherungskonzept mehr erforderlich. Die Stadt hatte 2022 zum ersten Mal seit 2010 die bilanzielle Überschuldung überwunden. Danach konnte die Verwaltung ein Eigenkapital in Höhe von 323,5 Millionen Euro aufbauen.

Murrack: Rücklage verhindert Rückfall in Haushaltssicherung

„Jetzt zeigt sich, wie wichtig es war, in den Vorjahren nicht den Fuß von der Sparbremse zu nehmen“, sagt Martin Murrack. „Deshalb war es möglich, eine Ausgleichsrücklage zu bilden, die uns jetzt vor einem Rückfall in die Haushaltssicherung bewahren wird, wenn die negativen Tendenzen wirklich eintreten.“

Nachdem Recherchen unserer Redaktion gezeigt hatten, dass das Duisburger Jugendamt erneut Rechnungen in Höhe von 39 Millionen Euro nicht bezahlt hatte, hatten die OB-Kandidaten Sebastian Ritter (Grüne) und Britta Söntgerath (Volt) Aufklärung zur Finanzlage der Stadt gefordert.

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Zur Haushaltslage hatte Kämmerer Martin Murrack bereits im Juni vor einer Verschlechterung gewarnt, weil die Stadt aufgrund ihrer besseren Kassenlage mit weniger Schlüsselzuweisungen aus Düsseldorf rechnen müsse. (pw)