In einem Brief kritisiert der Vater des Getöteten aus Esslingen die Behörden. Der Tod seines Sohnes wäre vermeidbar gewesen. Er fordert Aufklärung und Schutz für andere Betroffene.

Es ist ein emotionaler und doch sehr gefasster Brief, mit dem sich Rolf Seufferle, der Vater des Getöteten Luca, an die Staatsanwaltschaft Heilbronn wendet. Die hatte vor einigen Wochen entschieden, nicht weiter gegen Behörden in Esslingen zu ermitteln, die über die Morddrohungen zwar informiert gewesen seien, aber keine Maßnahmen dagegen ergriffen hätten. Der Vater reagiert darauf nun einem Schreiben und wünscht sich eine angemessene Aufklärung.

„Staatsanwaltschaft will das Versagen der Behörden verschleiern“

Im November 2024 hat ein 61-jähriger Mieter mutmaßlich seinen Sohn Luca erschossen. Der Mieter soll außerdem Feuer in dem Haus gelegt und sich dann selbst getötet haben. Die Verlobte seines Sohnes rettete sich durch einen Sprung aus dem Fenster, erlitt aber schwerste Verletzungen. Nach dem Vorfall hatte der Vater des Opfers der Polizei vorgeworfen, die Behörden hätten zuvor zu wenig getan, um die Tat zu verhindern. Daraufhin hat die Staatsanwaltschaft Heilbronn den Fall untersucht. Im Juli kam sie zu dem Schluss, dass es keine hinreichenden Anhaltspunkte für strafrechtlich relevante Versäumnisse gebe. Die Beteiligten hätten laut Staatsanwaltschaft zum Entscheidungszeitpunkt fachlich und rechtlich vertretbar gehandelt.

Der Esslinger Hausbesitzer Rolf Seufferle. Ein 61-jähriger Mieter seines Hauses soll Mitte November Seufferles Sohn erschossen und dann Feuer gelegt haben.

Rolf Seufferle, Hausbesitzer und Vater des Getöteten, sieht die Prüfungsarbeit der Staatswanwaltschaft als „mangelhaft“. Er glaubt, dass der Tod seines Sohnes hätte verhindert werden können. Er appelliert, sich den Schwächen im Justizsystem zu stellen.

Den Prüfungsbericht der Staatsanwaltschaft Heilbronn findet Seufferle mangelhaft. Der Bericht stütze sich demnach auf eine Vielzahl von Paragrafen, „die nichts anderes als das Versagen der ermittelnden Behörden verschleiern sollen“. Seufferle kritisiert vor allem, dass für die Überprüfung ausschließlich Behörden und nicht auch Zeugen und Betroffene befragt wurden. Auch wichtige Fakten zum Fall wurden demnach nicht erwähnt. Die Staatsanwaltschaft Heilbronn äußerte sich auf Anfrage des SWR bisher nicht zum Schreiben von Seufferle.

Mieter war der Polizei bekannt und bedrohte mehrere Menschen

Dass von dem 61-jährigen mutmaßlichen Täter eine massive Bedrohungslage ausging, habe nicht nur seine Familie erkannt, so Seufferle. Sowohl Nachbarn als auch ehemalige Vermieter hätten die Drohungen und Gewaltausbrüche des Mieters über Jahre hinweg mehrmals bei der Polizei gemeldet. Selbst der Rechtsanwalt des Mannes, der diesen zunächst wegen vorheriger Wohnungskündigungen verteidigt hatte, habe Morddrohungen bekommen, nachdem er sein Mandat niedergelegt hatte. All die Hinweise führten bei der Polizei laut Seufferle zu keiner Reaktion.

Auch als der mutmaßliche Täter kurz vor der Zwangsräumung einem Nachbarn ankündigte, den Sohn von Rolf Seufferle mit einer selbstgebauten Waffe zu töten, hätten die Polizei und Staatsanwaltschaft trotz Bitten der Betroffenen nichts unternommen. Für eine Hausdurchsuchung beim 61-Jährigen lagen laut Staatsanwaltschaft nicht ausreichend Gründe vor. „Ein Eingriff in die grundrechtlich geschützte Unverletzlichkeit der Wohnung ist nicht gegeben“, hieß es in der Begründung der Staatsanwaltschaft. „Wenn dieser Paragraf missbraucht wird, um gravierende Versäumnisse bei der Aufklärung einer Straftat zu verschleiern, (…) verliert er seinen Wert und wird zur hohlen Phrase“, so Seufferle in seinem Schreiben.

Wunsch nach Aufklärung und besserem Schutz der Bürger

Seufferle betont in seinem Brief, dass es ihm nicht darum gehe, einzelne Menschen oder gar Gruppen an den Pranger zu stellen. Auch Rache sei nicht sein Ziel. „Rachegedanken bringen mir das Wertvollste, mein Kind, meinen Luca, nicht mehr zurück“, sagt Seufferle. Eine Revision der Untersuchungsergebnisse seitens der Staatsanwaltschaft Heilbronn oder durch eine andere staatliche Behörde hält er für utopisch. Er möchte den Fall aufklären. Sein Wunsch sei, „dass dieses entsetzliche, letztlich vermeidbare Schicksal, das meine Familie getroffen hat, anderen Menschen erspart bleibt.“

Rachegedanken bringen mir das Wertvollste, mein Kind, meinen Luca, nicht mehr zurück.

Dazu müssten Behörden wie Polizei, Politik und die Justiz allerdings die Schwächen im System erkennt, um Bürgerinnen und Bürger bei drohender Gewalt besser zu schützen. Bürokratie und Paragraphen dürfen laut Seufferle nicht dem Verhindern von angedrohten Straftaten im Weg stehen. Der Tod seines Sohnes wäre für ihn vermeidbar gewesen, wenn Behörden rechtzeitig auf die Hilferufe reagiert hätten.