Wer soll die nächste Oberbürgermeisterin oder der nächste Oberbürgermeister von Düsseldorf werden? Im Maxhaus standen sich bei der Wahlarena Amtsinhaber Stephan Keller (CDU) seinen Herausforderern Clara Gerlach (Grüne) und Fabian Zachel (SPD) gegenüber. Sie lieferten sich im voll besetzten Saal einen engagierten Austausch, wobei sich Keller als routinierter und engagierter OB gab, Gerlach viel Angriffslust demonstrierte und Zachel viel Ausgewogenheit in seinen Argumenten unterbrachte. Die Diskussion war in drei Hauptthemen unterteilt.

Wohnen Emotional und strittig wurde es schon beim ersten Themenpunkt: Wohnraum in Düsseldorf. Die beiden Moderatoren, der Leitende Regionalredakteur Ludwig Krause und sein Stellvertreter Alexander Esch, hatten das Topthema gleich zu Beginn präsentiert. Alle waren sich einig, dass es mehr Wohnungsbau brauche, Keller verwies auf die Wohnbauoffensive mit 8000 Wohnungen bis 2030. Insbesondere unter den Herausforderern Gerlach und Zachel lief derweil eine Art Überbietungswettbewerb bei der Priorisierung dieses Themas ab. Ihre Forderungen: Die Stadt solle selbst mehr bauen und stärker als Akteur auf dem Wohnungsmarkt auftreten.

Zachel forderte, dass die städtische Wohnungsgesellschaft (SWD) 500 Wohnungen im Jahr bauen soll, der Fokus liege auf der Bezahlbarkeit. Denn einen Großteil der Neubauten könnten sich viele Bürgerinnen und Bürger nicht leisten. Um das zu leisten, müsse die Stadttochter Industrieterrains Düsseldorf Reisholz (IDR) „umgewandelt“ werden und zusammen mit der SWD den Wohnraum bauen. Gerlach will die SWD mit 100 Millionen Euro ausstatten, das sei „eine Frage der Prioritätensetzung“.

Wichtiger noch sei das „Instandsetzen von Vorkaufsrechten“, so Gerlach. Man müsse die rechtlichen Grundlagen schaffen für dieses Instrument. Dann könnte die SWD wieder Flächen für Neubauten ankaufen. Dafür wurde Gerlach von Keller und Zachel abgestraft. Die Novellierung stehe im Koalitionsvertrag, sagte Zachel, das könne kein OB umsetzen.

Eine hitzige Diskussion entbrannte über das Glashüttengelände. Keller wurde von seinen Konkurrenten vorgeworfen, nicht entschlossen und schnell genug gehandelt zu haben, um das Grundstück zu übernehmen. Es brauche eine „härtere Gangart“, sagte Gerlach auf dem Podium. Keller wartete mit einer Neuigkeit in dieser Sache auf: Die Stadt habe dem Immobilienunternehmen LEG ein Kaufangebot unterbreitet. Zur Höhe des Angebots könne er nichts sagen, nur so viel: Man orientiere sich am üblichen Verkehrswert. Die LEG habe Interesse gezeigt, es sollen weitere Gespräche folgen.

Mobilität Der Verkehr ist hinter dem Wohnen das Topthema im Wahlkampf. Zachel kritisierte Kellers Schlagwort vom staufreien Düsseldorf aus dem Wahlkampf 2020. Man müsse sich realistische Ziele setzen und nannte als Beispiel ein besseres Baustellenmanagement, etwa bei der Friedrichstraße. „Wir können den Verkehrsfluss besser organisieren“, sagte der SPD-OB-Kandidat und nannte zudem als Beispiel das Pendlerabkommen zwischen Hamburg und Lübeck. Der Krefelder OB biete Düsseldorf an, einen Parkplatz für Einpendler nach Düsseldorf zu bauen. Aber den müsse Düsseldorf bezahlen, ließ er anklingen.

Keller wiederholte das „Ambitionsniveau“ vom staufreien Düsseldorf. An dem Ziel müsse man festhalten. Die Stadt sei auf diesem Weg auch vorangekommen, 2013 seien 35 Prozent beim Verkehr auf die Autos entfallen, 2023 seien es nur noch 24 Prozent gewesen. Der Anteil der Fahrradfahrer und Fußgänger sei um sechs bis sieben Prozent gestiegen. Düsseldorf habe den Titel Stauhauptstadt umgehängt bekommen wegen Baustellen auf der A46 und A59, da habe man keinen Einfluss.

Gerlach konterte, alle seien unzufrieden mit dem Verkehr in Düsseldorf. Es dauere viel zu lange mit dem Radwegeausbau. Dass unter Schwarz-Grün im vorigen Jahr nur 0,9 Kilometer Radwege geschaffen wurden, empfand sie selbst als Katastrophe. Gerlach will eine bessere Umsetzung erreichen, wenn sie OB ist. Ihr Vorbild ist der Schulbau, wo die Stadttochter IPM führend ist und eine schnelle Umsetzung erreicht. Nach diesem Vorbild solle die Stadttochter Connected Mobility Düsseldorf (CMD) den Radwegeausbau vorantreiben. Davon hielt Keller gar nichts und teilte mit den Worten aus, dann könne auch die Bädergesellschaft die Theodor-Heuss-Brücke bauen.

Keller führte aus, die IPM habe bereits die Bauherrenfunktion bei den Radleitrouten. Die ersten beiden Routen seien in Arbeit. Die Stadtverwaltung könne sich nun um die Knackpunkte im Radhauptnetz kümmern. Keller räumte Verzögerungen ein, aber man könne nicht Schneisen durch die Stadt schlagen. Es gebe viele Zielkonflikte, dabei müsse man die Menschen aber mitnehmen und auch Kompromisse suchen. Zachel kündigt 30 Kilometer neue Radwege pro Jahr an, so viel wie Schwarz-Grün in fünf Jahren. Der SPD-Kandidat plädierte dafür, den Menschen auch klar zu sagen, dass wenn man den Radwegebau wolle, auch Parkplätze wegfallen müssten.

Sicherheit und Sauberkeit Ein Themenpunkt, der das Publikum hörbar beschäftigte, ist Sicherheit und Sauberkeit in der Stadt. Der Blick fiel da zunächst auf den Hauptbahnhof und den Worringer Platz, an dem sich Obdachlosen- und Drogenszenen vornehmlich aufhalten. Zachel etwa sagte, die Stadt habe den Platz abgeräumt, ohne einen alternativen Sozialraum zu schaffen. Keller verteidigte das Vorgehen der Stadt, die Infrastruktur auf dem Worringer Platz abzureißen und erst danach den Innenhof der Drogenhilfe als Aufenthaltsort zu entwickeln.

„Das war nicht der zweite Schritt vor dem ersten“, sagte Keller. „Der Worringer Platz war so krass überfordert, dass wir nicht länger warten konnten.“ Dass sich die Szene dadurch nur verlagere, sei klar gewesen. Er verwies auf das Zürcher Modell, an dem sich die Stadt im Umgang mit der Drogenszene orientiert. Das aber setze voraus, dass der Drogenkonsum und auch der Handel in Kleinstmengen toleriert werde. Auch in Düsseldorf? „Ja, ich will das“, sagte Keller. Man müsse den Menschen ein Angebot schaffen, das sie auch annehmen. Dafür brauche es „eine Infrastruktur für Drogenkonsum und Drogenhandel“. Nur dann könne die Stadt ihnen Hilfsangebote machen. Schließlich seien die Abhängigen keine Kriminellen, sondern suchtkranke Menschen. Da sei sich die Stadt mit der Polizei einig.

Zachel betonte zudem die Dezentralisierung als wichtigen Punkt des Züricher Modells. Demnach brauche es drei solcher Orte, an denen Drogenhandel und -konsum erlaubt sind, um eine Verfestigung der Szene an einer Stelle zu verhindern. Gerlach nannte es „sträflich“, dass in der Stadtplanung Orte für Drogenabhängige und Obdachlose vergessen worden seien. Zudem drängte sie auf Streetwork für beide Seiten – für Abhängige und Nachbarn. „Wir müssen die Konflikte mit Anwohnenden lösen.“

Vor allem das Thema Sauberkeit bewegt offenbar viele Düsseldorferinnen und Düsseldorfer. Das hatte Keller zur Chefsache erklärt, die spürbaren Verbesserungen sind aber ausgeblieben, so der Eindruck. Zachel kritisierte, dass sich die bisherigen Maßnahmen zu oft auf die Innenstadt und die Altstadt beschränkten, die meisten Menschen aber lebten in den Stadtteilen. Dort müsse man ebenso viele Bemühungen zeigen, um die Straßen sauber zu halten.

Keller versicherte, dass der Ressourceneinsatz für Sauberkeit jedes Jahr erhöht worden sei, dennoch bleibe das Gefühl, dass es nicht besser werde. So habe die Stadt allein 20 Mülldetektive im Einsatz. Das sei zwar richtig, aber auch ein trauriger Befund. Die Menschen müssten mehr auf ihre Umgebung achten. Besserung sei aber dennoch in Sicht. Da die Stadt nun Miteigentümerin der Awista ist, würden in den kommenden Jahren Verbesserungen zu spüren sein. Im Mai seien bereits 1500 Schrotträder entfernt worden, Altpapiercontainer würden häufiger geleert und Altkleidercontainer sollen Sperren bekommen, damit die nicht mehr ausgeräumt werden können.

Warum wollen Sie in den kommenden fünf Jahren die Stadt führen?

Gerlach sagte, die Unterschiede zu ihren Konkurrenten seien deutlich geworden. Sie legte ihren Schwerpunkt in den abschließenden 90 Sekunden auf den Schutz von Mieterinnen und Mietern vor Entmietung und Verdrängung, dem Schaffen von bezahlbarem Wohnraum und der Bebauung brachliegender Flächen in der Stadt. Es brauche zudem bessere Bedingungen für Radfahrer und Fußgänger sowie einen besseren ÖPNV.

Keller sagte, er wolle die Stadt zukunftsfähig machen, die Wirtschaft stärken und die Infrastruktur in Ordnung bringen. Beispiele: Neubau der Theodor-Heuss-Brücke und der Oper, die Umgestaltung der Kö, die neue Mitte Heerdt mit Deckelung der B7 und der Mitte Hellerhof mit mehr Nahversorgung. Der OB möchte die Obdachlosigkeit beenden, die Kinderbetreuung verlässlich und die Stadt altersgerecht machen.

Zachel wählte spontan bewusst einen anderen Weg. Er brenne mit Herz und Seele für die Stadt und wolle jeden Tag für sie arbeiten. Er sei kein Top-Jurist, aber hier groß geworden, habe eine solide kaufmännische Ausbildung und zwei Studienabschlüsse. Er wisse, dass er nicht alles wisse. In seinem ersten Jahr wolle er mit den Bürgern eine Gesamtstrategie erarbeiten, deren Ziele bis zum Stadtjubiläum 2038 umgesetzt werden sollen.