DruckenTeilen
2019 und 2024 hat der Tierschutz im Milchviehbetrieb in Bad Grönebach massive Missstände aufgedeckt. Nun gibt es für den Chef erstmals Konsequenzen.
Bad Grönebach – „Es ist schön, dass er keine Tiere mehr halten darf“, sagt Friedrich Mülln in einer Pressemitteilung. Er ist Sprecher des SOKO Tierschutzes – Dieser Verein hat bereits 2019 als auch 2024 massive Missstände im Milchviehbetrieb in Bad Grönebach aufgedeckt. Die Fälle wurden als „Allgäuer Tierschutzskandale“ bekannt und erregten viel Aufmerksamkeit. Für den Chef des Unternehmens gibt es nun erstmals direkte Konsequenzen: ein Tierhalteverbot.
Videos zeigen, dass die Kühe auf dem Betrieb schlecht behandelt wurden. © Symbolbild / IMAGO/ Manuel Kamuf
Nach Angaben der Bayerischen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) wurde das Tierhaltungs- und Betreuungsverbot am Freitag (22. August) erlassen. Bedeutet: Der Mann darf künftig weder Tiere halten noch betreuen, er darf auch im Hintergrund keinen Einfluss mehr auf den Umgang mit den Rindern im Milchviehbetrieb ausüben und muss deshalb die Leitung des Betriebs an eine andere Person übergeben.
SOKO Tierschutz kritisiert langsames Handeln der Justiz: „Hätte verhindert werden können“
Das sei längst überfällig und ein wichtiger Schritt zur Gerechtigkeit, findet Mülln. „Es zeigt, dass nicht nur kleine Arbeiter mit Konsequenzen zu rechnen haben, sondern auch die reichen Chefs.“
(Übrigens: Unser Bayern-Newsletter informiert Sie täglich über alle wichtigen Geschichten aus Bayern. Jetzt nach einer kurzen Registrierung bei unserem Medien-Login USER.ID anmelden.)
Er kritisiert jedoch, dass der Prozess gegen die Hauptverantwortlichen nach sechs Jahren immer noch auf sich warten lässt: „Die schrecklichen Taten, die unser Undercover-Ermittler letztes Jahr dokumentierte, die Gewalt, Vernachlässigung, das Sterben, hätten verhindert werden können, wenn die Justiz sich nicht so viel Zeit ließe.“
Tierschützer schockiert über Gewalttat an vier JungbibernFotostrecke ansehen
Die KBLV ist nach eigenen Angaben überzeugt, dass der Mann als Betriebsleiter eines Milchviehhofes wiederholt und gravierend gegen Tierschutzvorschriften verstieß. Er soll unter anderem unerlaubt Elektrotreiber bei Kühen eingesetzt, sie unsachgemäß transportiert und ohne vorherige Betäubung medizinische Eingriffe selbst ausgeführt haben.
Es sei das zweite Verbot, das die Behörde in Zusammenhang mit erneuten Vorwürfen gegen einen Betrieb aus dem Landkreis Unterallgäu aussprach, sagte ein Sprecher. Vier Verfahren zu Tierhaltungs- und Betreuungsverboten liefen noch, unter anderem gegen den Betriebsinhaber des Hofes.
Videomaterial einer Tierrechtsorganisation
Eine Tierrechtsorganisation habe der Behörde im März Videomaterial übermittelt, das auf dem betroffenen Hof erstellt worden sei und zahlreiche Verstöße gegen das Tierschutzgesetz und andere Rechtsvorschriften enthalte. Ein Anwalt eines Verantwortlichen des Betriebs war nach der Durchsuchung im März für eine Stellungnahme zu den Vorwürfen zunächst nicht erreichbar.
Laut der Süddeutschen Zeitung hatte der Anwalt in einer früheren Stellungnahme mitgeteilt, die Familie distanziere sich „mit Nachdruck von den Vorwürfen.“ Weiter hieß es: „Ihre Tiere und der Tierschutz liegen unserer Mandantin sehr am Herzen.“ Der Betrieb im Landkreis Unterallgäu war schon 2019 im Zuge des sogenannten Tierschutzskandals im Allgäu in die Schlagzeilen geraten.
Auch Verfahren gegen verdeckten Ermittler – Verein ist fassungslos
Vor dem Landgericht in Memmingen waren in den vergangenen Jahren bereits Vorwürfe gegen andere Landwirte verhandelt worden. Teils endeten diese mit Verurteilungen, zuletzt wurde aber auch ein Verfahren eingestellt.
Gleichzeitig geht die Staatsanwaltschaft Memmingen nun gegen den Ermittler des Tierschutzes vor, der die Skandale aufgedeckt hatte. Darauf reagiert der Sprecher von SOKO Tierschutz, Friedrich Mülln, fassungslos: „So macht man Menschen, die gegen Tierquäler kämpfen, mundtot.“ (mit dpa)