Am 25. August bestellte das französische Außenministerium den milliardenschweren verurteilten Straftäter und US-Botschafter in Frankreich, Charles Kushner, ein, um gegen dessen Äußerungen zu protestieren. Er hatte die Unterstützungserklärung der französischen Regierung für die Schaffung eines unabhängigen palästinensischen Staats verurteilt und mit Antisemitismus in Verbindung gebracht.
Kushner, der Vater von US-Präsident Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, hatte sich in seiner Erklärung scharf gegen die angebliche Begünstigung von antisemitischer Gewalt gewendet. In einem Brief an den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, den das Wall Street Journal veröffentlichte, hatte Kushner geschrieben: „Öffentliche Stellungnahmen, die Israel kritisieren, und die Andeutung der Anerkennung eines Palästinenserstaats ermutigen Extremisten, schüren Gewalt und gefährden jüdisches Leben in Frankreich. In der heutigen Welt ist Antizionismus schlicht und einfach Antisemitismus.“
Kushners Kommentar entlarvt den reaktionären Inhalt des Versuchs, jede Opposition gegen Israels zionistisches Regime mit Antisemitismus gleichzusetzen. Er bedeutet, jede Opposition gegen Völkermord zu kriminalisieren und jede Unterstützungs- oder Sympathiebekundung für die palästinensischen Opfer des anhaltenden israelischen Völkermords in Gaza als antisemitisch zu brandmarken. Das gilt sogar für die völlig hohlen Erklärungen der französischen Regierung, eines engen Verbündeten des israelischen Regimes, der wie Washington während des Völkermords eine kriminelle Politik der Bewaffnung Israel verfolgte.
Kushners Kolumne ist beispielhaft für die semantische Umkehrung des Begriffs „Antisemitismus“, die von Unterstützern des israelischen Regimes betrieben wird. Nach der Ermordung der europäischen Juden im Holocaust der Nazis waren Aufrufe zum Widerstand gegen Antisemitismus eng mit dem Widerstand von Links gegen Nationalsozialismus, militärische Aggression, Rassenhass und Diktatur verbunden. Kushners Kolumne im Wall Street Journal hingegen war ein unverhohlener Aufruf an die französische Regierung, eine faschistische Diktatur zu errichten.
Kushner lobte als Beispiele Trumps illegale militärische Aggressionen im Nahen Osten, seine Angriffe auf die freie Meinungsäußerung und die Redefreiheit sowie seine Massenabschiebungen ausländischer Studierender, die sich gegen den Völkermord in Gaza eingesetzt hatten.
Kushner schrieb, Trump habe „strenge Überprüfungen angeordnet, um Ausländern, die antisemitischen Hass verbreiten, die Einreise zu verwehren. Er hat ausländischen Agitatoren die Visa entzogen, Hamas-Sympathisanten abgeschoben und Organisationen, die antisemitische Hetze betreiben, die Mittel gekürzt. Durch seine Zerstörung des iranischen Atomwaffenprogramms ist er direkt gegen den weltweit führenden staatlichen Sponsor von Antisemitismus und Terror vorgegangen und hat Millionen von Menschenleben gerettet. Diese Maßnahmen beweisen, dass Antisemitismus effektiv bekämpft werden kann, wenn die politischen Führer den Willen zum Handeln haben.“
An Macrons Adresse schrieb Kushner: „Herr Präsident, ich bitte Sie dringend, entschlossen zu handeln. (…) Als US-Botschafter in Frankreich bin ich bereit, mit Ihnen und den führenden Persönlichkeiten der französischen Gesellschaft zusammenzuarbeiten, um einen ernsthaften Plan zur Bekämpfung und Zerstörung der Wurzeln des Antisemitismus auszuarbeiten.“
Das französische Außenministerium hat Kushners Kolumne in einer Erklärung verurteilt. Es hat Kushner in seine Büros am Quai d’Orsay einbestellt, um ihm eine formelle diplomatische Protestnote zu übergeben. In der Erklärung des französischen Außenministeriums wird Kushners Kolumne als Vorwurf bezeichnet, es gebe „angeblich keine ausreichenden Maßnahmen der französischen Behörden zur Bekämpfung“ des Antisemitismus. Weiter hieß es:
Die Vorwürfe des Botschafters sind inakzeptabel. Sie verstoßen gegen das Völkerrecht, vor allem gegen die in der Wiener Konvention zur Regelung diplomatischer Beziehungen von 1961 festgelegten Verpflichtung, sich nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen. Zudem entsprechen sie nicht dem Qualitätsanspruch der transatlantischen Beziehung zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten oder dem daraus resultierenden Vertrauen zwischen Verbündeten.
Die Einberufung des französischen Botschafters, um ihm eine Protestnote zu überreichen, markiert eine beispiellose Krise in den amerikanisch-französischen Beziehungen. Tatsächlich hat Frankreich seit dem Ende der nationalsozialistischen Besatzung im Zweiten Weltkrieg niemals einen amerikanischen Botschafter einberufen, um Protest einzulegen. Zudem macht die verächtliche Reaktion der US-Regierung auf Kushners Einberufung den Zusammenbruch der amerikanisch-französischen Beziehungen umso deutlicher.
Washington veröffentlichte zunächst eine Erklärung, in der es sich mit Kushners Äußerungen solidarisierte und deutlich machte, dass sie der Politik der USA entsprechen. Der Sprecher des Außenministeriums, Tommy Pigott, erklärte: „Wir stehen zu seinen Äußerungen. Botschafter Kushner ist der Vertreter unserer US-Regierung in Frankreich und leistet in dieser Funktion hervorragende Arbeit bei der Förderung unserer nationalen Interessen.“
In einer seltenen Geste, die die Spannungen noch anheizt, weigerte sich Kushner dann, der französischen Vorladung zum Quai d’Orsay nachzukommen. Er schickte stattdessen eine Diplomatin niedrigeren Ranges, die Geschäftsträgerin der US-Botschaft in Paris, Karen Enstrom. Enstrom traf sich mit zwei französischen Diplomaten, von denen einer für Sicherheitsangelegenheiten der andere für Angelegenheiten Amerikas und der Karibik zuständig ist. Diese erklärten Berichten zufolge, Kushners Äußerung stelle eine inakzeptable Einmischung in die inneren Angelegenheiten Frankreichs dar.
Unabhängig davon, ob das französische Außenministerium letztlich beschließt, Kushner zur Persona non grata zu erklären, und ihn auf dieser Grundlage aus Frankreich auszuweisen, hat die Trump-Regierung es eindeutig darauf angelegt, einen diplomatischen Zwischenfall mit Frankreich zu provozieren und anzuheizen.
Dieser Vorfall ereignet sich vor dem Hintergrund eines Zusammenbruchs der wirtschaftlichen und diplomatischen Beziehungen zwischen den USA und den europäischen imperialistischen Mächten. Zuvor hatte Trump einseitig Handelskriegszölle auf alle Exporte aus der Europäischen Union in die USA verhängt. Gleichzeitig verschärfen sich die Spannungen zwischen Washington und Paris, da die Vereinigten Staaten Kriege gegen den Iran und China anstreben, während die europäischen Mächte den Nato-Krieg gegen Russland in der Ukraine fortsetzen wollen.
Trumps Entscheidung, einen Finanzkriminellen wie Kushner zum Botschafter in Frankreich zu ernennen, ist dabei nicht die geringste provokante Maßnahme. Kushner ist ein milliardenschwerer Immobilienmogul, der wegen illegaler Wahlkampfspenden, Steuerhinterziehung und Zeugenbeeinflussung verurteilt wurde und seine Zulassung als Anwalt verloren hat. Er hatte versucht, die Zusammenarbeit seines Schwagers William Schulder mit den gegen ihn ermittelnden staatlichen Behörden zu vereiteln, indem er eine Prostituierte anheuerte, um Schulder zu verführen. Dabei zeichnete er die Begegnung auf und schickte die Aufnahme an seine Schwester.
Von 2005 bis 2006 verbüßte Kushner 14 Monate einer zweijährigen Haftstrafe. Trump, dessen Tochter Ivanka Kushners Schwiegertochter ist, hat ihn am Ende seiner ersten Amtszeit am 23. Dezember 2020 vollständig begnadigt.
Wie kriminell auch immer die Politik der Trump-Regierung ist, Macron ist keinesfalls besser, und auch seine Politik gegenüber Israel und dem Gazastreifen ist nicht minder reaktionär. Alle europäischen Großmächte, einschließlich Frankreichs, Deutschlands, Großbritanniens, Italiens und Spaniens, versorgen Israel mit Waffen, damit es Zehntausende wehrloser palästinensischer Zivilisten bombardieren, ermorden und aushungern kann. Macron nutzt obendrein selbst die falsche Behauptung, Widerstand gegen das zionistische Regime in Israel sei per se antisemitisch, um gegen Gegner des Völkermords vorzugehen, sie zu verhaften und mit Geldstrafen zu belegen.
Um den Völkermord in Gaza und die eskalierende Spirale imperialistischer Kriege zu beenden, ist der Aufbau einer internationalen Bewegung der Arbeiterklasse gegen alle imperialistischen Regierungen in Amerika und Europa notwendig, die Israel bewaffnen und finanzieren. Die Streikwelle gegen Macrons Sozialkürzungen, die nächsten Monat beginnen soll, und der wachsende Widerstand der Arbeiterklasse gegen Austerität in ganz Europa sowie die massive soziale Wut in Amerika, die in den „No Kings“-Protesten gegen Trump Anfang des Jahres zum Ausdruck kam, müssen als Ausgangspunkt zum Aufbau einer solchen Bewegung dienen.