Schmerzmittel fördern die Resistenz von Bakterien
Die Experimente ergaben: In Gegenwart von Ibuprofen oder Paracetamol wuchsen die Bakterien trotz Antibiotikum unvermindert weiter. Der normalerweise hemmende Effekt blieb weitgehend aus. Im Test mit der vollen Dosis Ciprofloxacin konnte das Antibiotikum viele dieser Darmkeime dann nicht mehr abtöten. „Bedenklich ist zudem, dass die Bakterien hinterher nicht nur gegen Ciprofloxacin resistent waren, sondern auch gegen mehrere andere Antibiotika“, sagt Seniorautorin Henrietta Venter von der University of South Australia.
Noch deutlicher fiel dieser Effekt aus, wenn diese Schmerzmittel zusammen oder in Kombination mit anderen Arzneimitteln zu den Bakterienkulturen gegeben wurden. Die Tests zeigen beispielsweise eine 64-fache Erhöhung der Resistenz für die mit Kombination Ibuprofen und Diclofenac und eine 32-fache Erhöhung der Widerstandsfähigkeit nach Gabe von Ibuprofen mit Paracetamol oder Metformin.
Damit bestätigen die Ergebnisse, dass auch einige gängige Schmerzmittel Antibiotika-Resistenzen fördern können – obwohl diese Medikamente selbst nicht antibiotisch wirken. „Antibiotika-Resistenz beruht heute nicht mehr nur auf den Antibiotika selbst“, sagt Venter.
Mutationen machen bakterielle Zellpumpen überaktiv
Den Grund für diese Resistenz-fördernde Wirkung vor allem von Ibuprofen und Paracetamol entdeckte das Team, als es sich das Genom der Bakterien näher ansah: Die Präsenz der Schmerzmittel hatte die Mutationsrate von Escherichia coli deutlich erhöht. „Hatten die Bakterien zusätzlich zum Antibiotikum auch Kontakt mit Ibuprofen oder Paracetamol, entwickelten sie mehr genetische Veränderungen als nur mit dem Antibiotikum allein“, berichtet Venter. „Dies half ihnen dabei, schneller zu wachsen und hochgradig resistent zu werden.“
Konkret bewirkten die Mutationen dies, weil sie auch in den Genen entstehen, die die sogenannten Efflux-Pumpen der Bakterienzellen kontrollieren, wie das Team herausfand. Diese in der Zellwand sitzenden Pumpen können eingedrungene Antibiotika-Moleküle aktiv wieder aus der Zelle hinausbefördern. “Diese Pumpen agieren schnell und nichtspezifisch, das macht sie zu einer der ersten Verteidigungslinien der Erreger“, schreiben die Forschenden.
Die durch die Schmerzmittel geförderten Mutationen führen dazu, dass diese Pumpen überaktiv sind. Sie befördern die Antibiotika-Moleküle dadurch aus der Zelle, bevor diese ihre Wirkung entfalten können, wie Venter erklärt.
Relevant vor allem für Ältere und chronisch Kranke
Nach Ansicht des Forschungsteams ist dies eine alarmierende Erkenntnis. Denn gerade chronische kranke oder ältere Menschen müssen oft dauerhaft mehrere Medikamente gleichzeitig einnehmen. Kommt dann noch ein Antibiotikum dazu, kann dies das Risiko für Antibiotika-Resistenzen signifikant erhöhen. „Dies gilt besonders für Menschen in Pflegeheimen, die häufig zahlreiche Arzneimittel erhalten – das macht sie zur idealen Brutstätte für neue Antibiotika-Resistenzen“, sagt Venter.
Das bedeute nicht, dass man aufhören müsse, diese Arzneimittel zu verwenden. „Aber wir müssen mehr darauf achten, wie sie mit Antibiotika interagieren“, sagt Venter. Das Forschungsteam plädiert dafür, solche Medikamenten-Wechselwirkungen stärker zu erforschen – und auch genau zu prüfen, welche Arzneimittel grade bei älteren Menschen wirklich nötig seien. Tatsächlich haben andere Studien bereits gezeigt, dass viele Senioren mehr Mittel einnehmen als sie eigentlich bräuchten. (npj Antimicrobials and Resistance, 2025; doi: 10.1038/s44259-025-00144-w)
Quelle: University of South Australia
27. August 2025
– Nadja Podbregar