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  1. Seite 1Ihr Ziel: ganz Frankreich lahmlegen


  2. Seite 2Bayrous Plan könnte schnell scheitern

Diese politische Bewegung ist diffus und radikal zugleich. Ihr Ziel: Frankreich lahmlegen, um damit den harten Sparkurs der Regierung von François Bayrou zu stoppen. Auch der Tag X ist schon bestimmt. Am 10. September sollen Protestaktionen das ganze Land erfassen. „Bloquons tout“ – alles blockieren, lautet der Leitspruch der Kampagne, die seit Monaten in Frankreich viral geht und immer populärer wird. 

Es geht um Streiks, Straßenblockaden und auch um Boykottaufrufe. So soll ab dem 10. September niemand mehr in Geschäften und großen Supermarktketten einkaufen, die niedrige Sozialabgaben zahlen und ihre Mitarbeiter ausbeuten. Bankkunden werden aufgefordert, ihr Geld von Großbanken abzuziehen und auf Konten von Genossenschafts- oder sozial engagierter Banken zu überweisen. Zudem wollen Anhänger der Bewegung Rathäuser und Präfekturen friedlich besetzen. Andere Anhänger der Kampagne fordern auch Gerechtigkeit, also bessere Löhne und Arbeitsbedingungen, für „les essentiels“ – jene Arbeiter, die spätestens seit der Coronapandemie als unentbehrlich gelten, etwa Kassierer oder Pflegerinnen.

Angesichts der teils radikalen Forderungen mag es verwundern, doch fast die gesamte Opposition – von Kommunisten über Linke, Grüne bis hin zu Sozialdemokraten – ruft inzwischen zur Unterstützung der Bewegung auf. Nur der rechtsextreme Rassemblement National von Marine Le Pen hat sich nach anfänglicher Sympathie von der Kampagne distanziert. Zwar könnten ihre Wählerinnen und Wähler an den Aktionen teilnehmen, doch Mitglieder der Partei wollen sich von den Protesten fernhalten. Auch die mächtigen Gewerkschaften Frankreichs zögern, sich anzuschließen.

Wer hinter der Bewegung steckt, bleibt ungewiss

So bleibt die Bewegung und ihr tatsächlicher Zulauf schwer einzuschätzen. Unzählige Webseiten und Telegram-Gruppen verbreiten ihre Botschaften, ebenso diverse Kanäle auf sozialen Medien. Manche von ihnen nennen Kontaktadressen für Journalisten, die in die Leere führen. Andere lehnen die Presse grundsätzlich ab, werfen ihr vor, den Mächtigen zu dienen und Leben zu zerstören. Fragen würden nicht beantwortet. Einige Anhänger äußern sich in ihren Postings antieuropäisch und kämpfen für ein angeblich souveränes Frankreich, andere bezeichnen sich als apolitisch, links oder umweltbewegt. Es gibt weder Führungsfiguren noch Sprecherinnen. 

Die Bewegung ist schon seit Monaten aktiv. Das Interesse an ihr in Frankreich stieg aber sprunghaft an, nachdem Premierminister Bayrou seinen Haushaltsplan für 2026 präsentiert hat. Der Zentrumspolitiker schlug ein sogenanntes weißes Jahr vor, in dem die Ausgaben eingefroren und die Gehälter staatlicher Angestellter nicht gemäß der Inflation erhöht würden. Besonders empörte viele Französinnen und Franzosen sein Vorschlag, zwei Feiertage zu streichen – den Ostermontag und den 8. Mai, den Tag der Befreiung von der Nazidiktatur. Laut Umfragen lehnen mehr als 80 Prozent der Befragten dieses Vorhaben ab. Höhere Steuern für Vermögende befürwortet hingegen eine Mehrheit der Bevölkerung, aber Premier Bayrou lehnt diese ebenso ab wie Präsident Emmanuel Macron. 

© Lea Dohle

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Bemerkenswert ist, dass trotz der großen Resonanz unklar bleibt, wer hinter der Blockade-Bewegung steckt. Bislang hat lediglich die kommunistische Zeitung L’Humanité mit einem der Initiatoren sprechen können. Es soll sich um einen 37-jährigen Elektriker handeln. „Wir begrüßen alle Menschen bei uns“, sagte er in dem Gespräch mit Journalisten. Parteien spielten keine Rolle. Ziel sei es, Bayrous Kürzungspläne zu stoppen und eine neue Gemeinschaft zu schaffen.