Yankhoba Soumaré verlässt seine Heimat Senegal, um in Lettland Fußball zu spielen. Die Weltpolitik lässt seinen Profi-Traum platzen, und er landet in Wiesbaden. Hier findet er eine Ausbildung, doch erstmal muss Soumaré Hessen wieder verlassen.
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01:24 Min.|hessenschau.de
So wurde Yanko vom Profifußballer zum Bäcker-Azubi
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Es ist nur ein relativ bedeutungsloses Testspiel, das Yankhoba Soumaré mit seinem Kopfballtreffer zum 1:0 für den Valmiera FC entscheidet. Aber welch ein Einstand für den jungen Senegalesen beim damaligen lettischen Erstligsten im Jahr 2022. Die Hoffnung auf weitere Erfolge ist groß, doch näher kommt der Abwehrspieler seinem Traum vom Leben als Fußball-Profi nicht.
Heute backt er kleinere Brötchen – als Bäcker-Azubi und beim FC Bierstadt in der Gruppenliga Wiesbaden. Ein Happy End hat seine Geschichte trotzdem.
Der Traum beginnt im Senegal
Der Traum vom Leben als Fußballer beginnt in Dakar (Senegal). Soumaré arbeitet als Bäcker und kickt nebenbei für eine Mannschaft aus dem Viertel, so schildert der heute 23-Jährige das Leben in seiner Heimat. Bei einem solchen Kick sei er entdeckt worden und habe 2021 ein Angebot aus Lettland bekommen, sagt Soumaré bei einem Treffen mit hessenschau.de.
Erstligist Valmiera FC ist nicht das oberste Regal im internationalen Fußball. Das gilt für den gesamten lettischen Fußball. Dazu kommen die ungewohnten Temperaturen. Die sind in Lettland so niedrig, dass anders als in den europäischen Top-Ligen die Saison in den Monaten März bis November gespielt wird, um dem kalten Winter und den vereisten Plätzen aus dem Weg zu gehen.
Aber für Soumaré und weitere Spieler aus Nigeria und dem Senegal soll der lettische Erstligist ein Sprungbrett in das Traumleben als Fußballer sein.
Als Innenverteidiger ist Soumaré eigentlich kein Torjäger. Doch Kopfbälle sind seine große Stärke, beschreibt sich der Abwehrspieler selbst. Und so kommt es zu dem Siegtreffer in dem bereits beschriebenen Testspiel. Eine weitere Partie als Profi kommt für Soumaré nicht dazu.
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04:43 Min.|25.08.25
Yankhoba Soumaré: Endlich Bäckerlehrling in Wiesbaden
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Mit dem Angriff auf die Ukraine ändert sich alles
Denn der Traum endet am 24. Februar 2022. Russland überfällt die Ukraine. Und für den Verein beginnen die Turbulenzen, wie es Soumaré schildert: weil der russische Club-Chef in seine Heimat zurückkehrt. Daraufhin habe Soumaré – wie die weiteren afrikanischen Mitspieler in Diensten des Clubs – seinen Vertrag aufgelöst.
Yankhoba Soumaré im Trikot des Valmiera FC
Bild © privat
Doch noch hat Soumaré ein gültiges Touristenvisum für die EU – und einen Plan: „Zurück in den Senegal wollte ich nicht.“ Er erinnert sich an einen Freund, der in Wiesbaden wohnt und kommt dort die ersten Monate unter. „Ich war komplett verloren“, denkt Soumaré an die Zeit zurück.
31 von 33 Fragen im Einbürgerungstest richtig
Wieder ist es der Fußball, der sein Leben verändert. Ein Kumpel nimmt ihn mit zum Kicken nach Schlangenbad (Rheingau-Taunus), dann zieht es ihn weiter zum Wiesbadener Stadtteil-Verein FC 34 Bierstadt. Soumaré komme bei allen im Verein toll an, sagt Heike Bernhardt, Spielausschussvorsitzende bei den Bierstädtern.
Nicht nur als sicherer und knallharter Abwehrspieler, der auch im Training nicht zimperlich sei, sondern auch als Jugendtrainer bei den 11- bis 13-Jährigen. „Die spielen vielleicht noch nicht so gut Fußball, sind aber ziemlich lustig“, sagt er.
Schnell lernt Soumaré Deutsch und besteht den Einbürgerungstest. 31 von 33 Fragen habe er richtig beantwortet. Und er macht ein Praktikum in der Wiesbadener Bäckerei Klein, die ihn direkt als Auszubildenden haben möchte. Doch da gibt es ein Problem.
Für den Antrag zurück in den Senegal
Mit einem Visum für Touristen darf Soumaré in Deutschland weder arbeiten noch eine Ausbildung machen. Und es kommt Anfang dieses Jahres noch eine weitere, größere Herausforderung auf Soumaré zu: Das notwendige Ausbildungsvisum kann er nicht in seiner neuen Heimat Wiesbaden beantragen, sondern nur in der deutschen Botschaft in Dakar. Lange Wartezeiten inklusive.
Warum Soumaré zurück in den Senegal muss, um einen Antrag auszufüllen, verstehen wohl nur wenige. Nicht seine Chefin in der Bäckerei, die einen Azubi weniger hat und auch nicht die Wiesbadener Integrationsdezernentin Milena Löbcke (Linke).
Innenministerium: Verfahren dient der Sicherheit
Es würden unnötige Kosten entstehen, teilt Löbcke auf hr-Anfrage mit. „Vor allem aber wissen die Betroffenen nicht sicher, ob eine Wiedereinreise klappt.“
Das hessische Innenministerium entgegnet auf Anfrage, das Verfahren sei „keine bloße Förmelei“, sondern diene der Sicherheit.
„Innerhalb weniger Minuten“, so Bernhardt, hätten die Bierstädter Fußballer beschlossen, etwas tun. „Alle waren traurig, als er wegmusste.“ Im Netz stellen seine Vereinsfreunde eine Crowdfunding-Kampagne auf die Beine, damit Soumaré Geld für den Rückflug hat. Über 2.300 Euro kommen zusammen.
Monatelang hat Yankhoba Soumaré auf einen Termin in der deutschen Botschaft in Dakar gewartet.
Bild © Imago Images
Vier lange Monate wartet Soumaré im Senegal auf einen Termin in der Botschaft. Währenddessen trainiert er, besucht Freunde und Familie und lässt sich per Whatsapp Hausaufgaben von seinem Deutsch-Lehrer schicken. Anstrengend sei die Zeit gewesen. „Ich hatte Angst, dass ich nicht mehr nach Wiesbaden zurückkomme“, erinnert sich Soumaré.
Ein weiterer Traum ist dazu gekommen
Erst vor wenigen Wochen ist es so weit, am 2. August kommt Soumaré wieder im Rhein-Main-Gebiet an. Am 4. August muss er bereits um 3 Uhr morgens aufstehen, um für seinen ersten Tag als Azubi rechtzeitig in der Backstube der Bäckerei Klein zu stehen.
Sein Traum vom Leben als Fußball-Profi ist noch nicht ausgeträumt – aber ein weiterer Traum sei dazugekommen, sagt Soumaré: „Ich möchte Bäcker-Meister werden.“
Sendung:
hr-fernsehen, maintower,
25.08.25, 18:00 Uhr
Quelle: hessenschau.de