Stadtkämmerin Birgit Strohbach und Finanzbürgermeister Ingo Rust müssen nun bei Ausgaben noch genauer hinschauen. Foto: Roberto Bulgrin
Rückläufige Gewerbesteuern zwingen die Stadt Esslingen zu einer unpopulären Maßnahme: Bis Jahresende sind nur noch absolut notwendige Ausgaben erlaubt. Doch was ist absolut notwendig?
Quer durch die Republik reagieren Städte und Gemeinden derzeit mit Haushaltssperren auf rückläufige Steuereinnahmen und galoppierende Ausgaben, die die kommunalen Haushalte in Schieflage zu bringen drohen. Nun hat sich auch der Esslinger Oberbürgermeister Matthias Klopfer zu diesem Schritt entschlossen. Gesperrt werden zunächst bis Jahresende Gelder für „Maßnahmen, die zum jetzigen Zeitpunkt und bis Ende des Jahres nicht absolut notwendig sind“.
Nicht betroffen sind alle städtischen Ausgaben, für die eine gesetzliche oder vertragliche Verpflichtung besteht oder die der Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs dienen. Nötig wird die nun verhängten Haushaltssperre, weil die Stadt ihren Planansatz für Gewerbesteuereinnahmen erneut nach unten korrigieren muss.
Dass Esslingen schwierigen Zeiten entgegengehen könnte, hatte sich zuletzt immer deutlicher abgezeichnet. Schon im Frühjahr hatte Stadtkämmerin Birgit Strohbach mit Blick auf den kommenden Doppelhaushalt für 2026/2027 prophezeit: „Die wirtschaftliche Lage ist schon länger nicht rosig. Das Ziel ist daher nicht ein ausgeglichener Haushalt, sondern ein genehmigungsfähiger Haushalt.“ Und in den folgenden Monaten haben sich die Aussichten kaum aufgehellt. „Wenn man sich die Entwicklungen in anderen Städten und Gemeinden anschaut, war das nur eine Frage der Zeit“, sagt OB Matthias Klopfer mit Blick auf die Haushaltssperre.
Schlechte Nachrichten vom Esslinger Finanzamt Die Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen bereitet Sorge. Foto: imago images/Steinach
Zuletzt hat sich die Finanzsituation der Stadt weiter verschlechtert. „Bislang ist das Jahr 2025 von vielen Anpassungen der Steuerbeträge durch das Finanzamt geprägt“, erklärt die Stadtverwaltung. Nach jüngsten Informationen des Finanzamtes sinken die Vorauszahlungen der Gewerbesteuer für das Jahr 2025 um weitere 12,3 Millionen Euro. Ursprünglich war man im Rathaus von Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 94,7 Millionen Euro ausgegangen. Nun muss die Stadt die für dieses Jahr erwarteten Gewerbesteuererträge auf 76,6 Millionen Euro nach unten korrigieren – eine Verschlechterung um 18,1 Millionen Euro gegenüber dem Planansatz.
„Grundsätzlich sind die Einnahmen aus der Gewerbesteuer von einer starken Schwankung betroffen“, betont die Verwaltung. Sie bewegten sich in Esslingen in den vergangenen Jahren zwischen 50 und 150 Millionen Euro. Bei den aktuellen Planungen für den Doppelhaushalts 2026/2027 geht man im Finanzdezernat nicht davon aus, dass die Gewerbesteuer die Rekordwerte der vergangenen Jahre erreichen wird. Daher plant die Stadt seit einiger Zeit immer mit dem Durchschnittsertrag der vergangenen zehn Jahre. Für Finanzbürgermeister Ingo Rust ist schon jetzt klar: „Der anstehende Doppelhaushalt ist eine große Herausforderung, die sicherlich auch bei uns wie in anderen Kommunen in der Region mit spürbaren Einsparungen einhergehen wird.“
Die Stadtverwaltung betont, dass eine Haushaltssperre ein gängiges Instrument des kommunalen Haushaltsrechts sei: „Sie sorgt dafür, dass in wirtschaftlich unsicheren Zeiten nur zwingend notwendige Ausgaben geleistet werden.“ Und Ingo Rust ergänzt: „Um angesichts unserer finanziellen Spielräume weiterhin handlungsfähig zu bleiben und gleichzeitig die notwendigen Aufwandsreduzierungen zu gewährleisten, benötigen wir nun dieses Instrument. Oberstes Ziel ist es, unsere städtischen Aufgaben weiterhin zu erfüllen.“
Ausgenommen von der Haushaltssperre sind Aufwendungen für Instandhaltungen im Hoch- und Tiefbau. „Damit wird verhindert, dass ein wachsender Sanierungsstau die finanziellen Belastungen in den Folgejahren vergrößert“, heißt es im Rathaus. Die Haushaltssperre gilt auch nicht für bereits laufende Investitionsprojekte wie Schulbaumaßnahmen oder Brücken- und Straßenbaustellen.
Esslingen braucht Spielräume für Investitionen Der Gemeinderat steht vor einigen Herausforderungen. Foto: Ines Rudel
OB Matthias Klopfer geht nicht davon aus, dass die aktuelle Haushaltssperre unmittelbare Wirkung bei den Bürgerinnen und Bürgern zeigen werde. Zunächst sei diese Maßnahme vor allem ein Signal innerhalb der Verwaltung, alle Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen. Veranstaltungen wie die Lesart, die für dieses Jahr bereits auf den Weg gebracht wurden, seien davon nicht betroffen.
Projekte wie die neue Stadtbücherei sieht Klopfer ebenfalls nicht gefährdet. Und für weiterreichende Pläne wie etwa ein mögliches Kulturquartier, das bei einem Auszug der Bibliothek im Bebenhäuser Pfleghof realisiert werden könnte, gehe es vorerst nur um die Planungskosten.
Notbremse für die Finanzen
Haushaltssperre
Die Stadt Esslingen muss nicht zum ersten Mal eine Haushaltssperre verhängen. Schon in früheren Jahren und Jahrzehnten hat die Finanzverwaltung mit diesem Instrument auf schwierige Phasen reagiert. Hatten sich die kommunalen Finanzen später wieder erholt, wurde die Haushaltssperre wieder aufgehoben.
Haushaltskonsolidierung
Um ihre Finanzen auf eine solidere Basis zu stellen, hat die Stadt Esslingen mit dem Nachtragshaushalt 2020 einen Prozess der Aufgabenkritik eingeläutet. Vertreter der Fraktionen haben mit dem OB, dem Finanzbürgermeister und der Stadtkämmerei die kommunalen Ausgaben nach Einsparpotenzialen durchforstet und dabei auch unpopuläre Entscheidungen wie die zeitweise Abschaffung des Stadttickets beschlossen.