Braunschweig. Pokal-Wahnsinn in Braunschweig: Acht Tore, 20 Elfmeter, ein Trainer auf der Flucht – und ein VfB Stuttgart, der erst spät die Kurve kriegt. Torhüter Alexander Nübel wird zum Helden, Stürmer Ermedin Demirovic zeigt seine Klasse, und Trainer Sebastian Hoeneß erlebt ein Pokal-Abenteuer der Extraklasse. Eine Nacht, die den Titelverteidiger zusammenschweißt – und zugleich zeigt, woran dringend noch gearbeitet werden muss.
VfB StuttgartVfB-Pokalkrimi für die Ewigkeit: 20 Elfmeter, acht Tore, ein Wahnsinn (Podcast)
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Dieser Pokalkrimi verlangte dem VfB wirklich alles ab. Mitten in der Verlängerung, zwischen Flutlicht und tobender Braunschweiger Kurve, lief Sebastian Hoeneß plötzlich vom Spielfeldrand in den Kabinentrakt. „Ich wusste, dass ich das bis zum Schlusspfiff nicht mehr schaffe“, gestand der 43-Jährige später. Ein dringender, ganz banaler Grund: Er musste aufs Klo. Wer dachte, das sei die größte Herausforderung des Abends, sollte sich täuschen. Denn das, was auf dem Rasen passierte, war Pokalwahnsinn in Reinkultur: 3:3 nach 90 Minuten, 4:4 nach Verlängerung, 12 Tore, ständige Führungswechsel, Chancen, Emotionen – und schließlich ein 8:7-Sieg im Elfmeterschießen. „Sehr wilder Abend, sehr langer Abend, viele gemischte Gefühle“, brachte es VfB-Keeper Alexander Nübel auf den Punkt.
VfB-Keeper Alexander Nübel kämpft sich ins Spiel
Der 28-Jährige erlebte an diesem Abend alles auf einmal: Sorgenkind, Unsicherheitsfaktor, Pokalheld – und schließlich Spieler des Spiels. In der 8. Minute lenkte er einen 30-Meter-Schuss von Eintracht-Kapitän Sven Köhler unglücklich ins Tor. Später, beim 2:2 durch Fabio Di Michele Sanchez, ließ er erneut eine Ecke offen. Doch dann holte Nübel auf: Im Elfmeterschießen parierte er drei Versuche der Braunschweiger. „Alex hat sich in dieses Spiel hinein gefightet. Das spricht hundertprozentig für ihn“, lobte Hoeneß.
Die Situation war brisant: Nach einer Ellenbogenverletzung im Sommer hatte Nübel große Teile der Vorbereitung verpasst, das Supercup-Finale gegen Bayern (1:2) und den Bundesliga-Start bei Union Berlin (1:2) hinterließen Spuren. Jetzt gilt es, die gewonnene Sicherheit und die Spielpraxis mitzunehmen – sowohl für den VfB als auch für die mögliche WM-Teilnahme 2026.
Stürmer Ermedin Demirovic als Schlüsselfigur
Ebenfalls entscheidend war Ermedin Demirovic. Der Stoßstürmer erzielte zwei Tore in klassischer Mittelstürmer-Manier (11./60.) und erzwang durch Bedrängen von Sanoussy Ba das Eigentor zum 4:3 (92.). Im finalen Elfmeterschießen behielt er die Nerven. „Es war auch für mich persönlich wichtig. So ein Spiel tut gut, um ein Zeichen zu setzen“, sagte der 27-Jährige. „Aber vor allem ist es eine Nacht, die eine Mannschaft zusammenschweißt.“
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Doch die andere Seite der Medaille ist deutlich: 4:4 nach 120 Minuten gegen einen Zweitligisten ist alles andere als ein souveräner Auftritt. Fehlende Stabilität im eigenen Ballbesitz, nachlässige Chancenverwertung und Unsicherheiten in der Defensive machten den Titelverteidiger angreifbar. Fabian Wohlgemuth betonte: „Wir haben unser Spiel gegen die körperliche Intensität und extreme Zweikampfführung der Braunschweiger nicht immer durchsetzen können.“ Hoeneß fügte hinzu: „Wir müssen die Dinge analysieren und in vielen Situationen anders auftreten.“
Der VfB-Pokal-Wahnsinn als Lehrstück für die Mannschaft
Dieser Abend hat dem VfB aber auch gezeigt, dass Moral, Einsatzbereitschaft und Comeback-Qualitäten Spiele entscheiden können. Nick Woltemade rettete den VfB in der 89. Minute ins Elfmeterschießen, und letztlich war es Lorenz Assignon, der den entscheidenden 20. Elfmeter versenkte. Doch neben Freude über das Weiterkommen bleibt die klare Erkenntnis: Talent allein reicht nicht. Stabilität, Konsequenz und Präzision sind entscheidend, um solche Abenteuer zu überstehen, ohne sich selbst unnötig in Gefahr zu bringen.
Das sind die Lehren für die Bundesliga
Braunschweig war eine Nagelprobe. Die Defensive wirkte anfällig, gerade gegen aggressives Pressing und schnelle Umschaltmomente. Chancenverwertung und Passsicherheit blieben Baustellen. Trainer Hoeneß brachte es auf den Punkt: „Wir haben die Belastungsprobe bestanden, aber wir wissen genau, woran wir arbeiten müssen.“
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Für Spieler wie Demirovic oder Nübel gilt: Die Lektionen aus diesem Pokalabend müssen in den Liga-Alltag überführt werden. Stabilität, Konzentration und Konsequenz sind gefragt. Die Saison ist noch jung, doch das erste Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach wird bereits zeigen, ob die Erkenntnisse aus diesem Pokal-Wahnsinn Früchte tragen.