Bei der Polizei im niedersächsischen Uelzen werden Männer einem Bericht zufolge bei Beurteilungen systematisch benachteiligt. Das Lüneburger Verwaltungsgericht muss 26 Beförderungen stoppen. Niedersachsens Innenministerin hält den Fall für „unbedeutsam“. Die CDU-Opposition spricht von einem „ungeheuerlichen Vorgang“.

Bei der Polizei im niedersächsischen Uelzen sind männliche Beamte nach internen Vorgaben offenbar systematisch benachteiligt worden. Das berichtet der „Spiegel“ unter Berufung auf dem Magazin vorliegende Dokumente.

Demnach heißt es darin, beim Aufstieg von Polizeioberkommissarinnen und -kommissaren zu Polizeihauptkommissarinnen und -kommissaren „müssen“ 69 Prozent der Beförderungen an Frauen gehen.

Man nannte die Bevorzugung von Frauen „Maßstabsüberziehung“. Was damit gemeint ist, steht in der Präsentation gleich dahinter: „indem mehr Frauen als Männer entsprechend beurteilt werden“. Die Folien wurden demnach im Wesentlichen von der übergeordneten Polizeidirektion Lüneburg erstellt, die für zwölf Kommissariate zuständig ist.

Das Verwaltungsgericht Lüneburg, vor dem betroffene Polizeioberkommissare klagten, stoppte im Sommer 26 Beförderungen in der Polizeiinspektion Lüneburg/Lüchow-Dannenberg/Uelzen. Von diesen wären 14 an Frauen und 12 an Männer gegangen. Das Gericht warf den Verantwortlichen einen Verstoß gegen Artikel 33 des Grundgesetzes vor, wonach jeder Deutsche „nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte“ habe.

Bei den betroffenen Klägern handelte es sich um drei Beamte im Alter zwischen 40 und 59 Jahren. Sie machten vor Gericht geltend, sie seien schlechter bewertet worden, weil sie Männer seien. Die Verfahren blieben im Januar 2024 erfolglos – die Richter kippten die Beurteilungen nicht. Gleichwohl stellte das Gericht klar, dass die Vorgaben aus der Präsentation grundgesetzwidrig seien.

„Anleitung zur Manipulation“

Jörn Memenga vom Bund Deutscher Kriminalbeamter sprach dem „Spiegel“ gegenüber mit Blick auf die Quotenregelung von einer „Anleitung zur Manipulation bei der Beurteilung von Beamtinnen und Beamten“ und von einer „Diskriminierung von Männern aufgrund ihres Geschlechts“.

Die Polizeidirektion ließ daraufhin alle 42 Beamtinnen und Beamten, die 2023 in Uelzen eine Bewertung erhalten hatten, erneut beurteilen. Nach Angaben Betroffener fielen einige Ergebnisse zwar besser aus, die Rangfolge änderte sich aber nicht wesentlich. Von den gestoppten 26 Beförderungen wurden inzwischen die meisten vollzogen. Drei Verfahren laufen noch, da Polizisten auch gegen ihre erneuten Bewertungen juristisch vorgehen.

Die Polizeipräsidentin der Direktion Lüneburg, Kathrin Schuol, nannte die Präsentation im „Spiegel“ „missverständlich“ und betonte: „Wir haben keine Kenntnisse von weiteren Kommissariaten mit einer solchen Präsentation.“

Die Quoten für die Beförderung von Frauen würden aus einem „Gleichstellungsplan“ stammen, den die Polizeidirektion Lüneburg verfasst hätte. Dieser habe nur „hypothetischen Charakter“ und dürfe nicht als Anleitung für konkrete Beurteilungen verstanden werden.

Die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens (SPD) erklärte, der Fall werde intern aufgearbeitet, er sei aber „im Rahmen des Beurteilungs- und Bewertungsverfahrens der Polizei Niedersachsen nicht bedeutsam“.

Die CDU-Opposition im Landtag forderte eine umfassende Aufklärung. Die Parlamentarische Geschäftsführerin Carina Hermann sprach von einem „ungeheuerlichen“ Vorgang und verlangte Klarheit, ob es ähnliche Vorgaben auch in anderen Polizeidienststellen gegeben habe.

rct